Kunstverein Germersheim / Zeughaus Germersheim
000_blank
Ulrich Wagner: "Übertritt"
Licht- und Rauminstallation
01.06.13 bis 18.08.13
Kunstverein Germersheim
Ulrich Wagner: "Spiegelung", Licht-Installationsraum (21 m Länge), Foto: Alistair Overbruck

Vernissage am 01.06.13 um 17.00 Uhr
Begrüßung: Marita Mattheck, Vors. des Kunstvereins Germersheim; Marcus Schaile, Bürgermeister der Stadt Germersheim und Andreas Krennerich, künstlerischer Leiter des Kultursommers
Einführung: Dr. Petra Wilhelmy
Lesung: Feridun Zaimoglu, Deutsch-türkischer Schriftsteller, Journalist, Drehbuchautor
Musik: Murat Coskun, Perkussionist

Ausstellung im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz 2013 "Eurovisionen"

[Einführung von Dr. Petra Wilhelmy als PDF]


Konstruktive Systemkritik. Politische Aspekte in den Arbeiten Ulrich Wagners
Text von Joachim Geil

Ulrich Wagners Arbeiten verbinden Formen konstruktiver und konkreter Kunst mit einem Arsenal an eigenen Formen. Wagner hat sie aus architektonischen Funktionsrastern und Einzelzeichen entwickelt, die nun die rein konstruktiven Formationen aufbrechen und unterminieren. Daraus entsteht ein subversives Spannungsfeld. Geht man von konstruktiver Kunst als einem von Regeln und Formgesetzen geprägten ästhetischen System aus, so ist Wagners Ansatz in zweifacher Hinsicht von einem überraschenden politischen Impuls geprägt. Politisch nicht im agitatorischen Sinne, politisch im Sinne einer kritischen Position zu geschlossenen Systemen. Und diese geschlossenen Systeme werden bei Wagner nicht nur in der Anordnung und Struktur seiner Arbeiten sichtbar. Der Künstler verbindet sie auch mit Themen systemischer Architektur, die sich als vielschichtig politisch erweisen: Bei seinen Planrastern werden nicht nur städtebauliche Fragen aufgeworfen, sondern allgemeine Fragen nach dem geplanten Zusammenleben der Spezies Mensch im urbanen Kontext. Ein Thema, das bis in die griechische Antike zurückgeht, wo Aristoteles dafür den Begriff des Zoon Politikon prägte. Gemeint war der Mensch als Wesen, das in einer bestimmten Form der Gemeinschaft lebte, in der Athener Polisgemeinschaft.

Wagners Arbeiten setzen bei Orten an, die sowohl topographisch als auch semantisch einen tiefen Konflikt in sich bergen, der dort aufbricht, wo die unbelastete Form des Planungszeichens mit dem historischen und damit politischen Kontext seiner funktionalen Umsetzung konfrontiert wird. Aus den konstruktiv-geometrischen Rastern und Einzelzeichen werden Städte wie Manhattan und Mexico City, ebenso auf dem Reißbrett der Neuzeit entstanden wie in der Antike das römische Militärlager und die zivile Stadt mit dem zentralen Forum. Doch ebenso mischen sich Einzelformen ein, wie eine
T-Form, die in der Konfrontation mit ihrer historischen Umsetzung als Gebäudeform einen weiteren Themenkomplex eröffnet, mit dem sich Wagner immer wieder intensiv auseinandergesetzt hat. Die T-Form ist der Gebäudeumriss der "Sauna", der Entwesung im Konzentrationslager Auschwitz II Birkenau. Neben ihr erscheint auch das dortige Gebäude für Gaskammer und Krematorium 3 in seinem noch nicht belegten und damit einem System eingeschriebenen, geometrischen Umriss. In zahlreichen Buchprojekten hat der Künstler in den 1990er Jahren die Lagepläne verschiedener Konzentrationslager als aufklappbare Leporelli verarbeitet. In zeichenhafter Reduktion ist hier neben dem Planleben der Stadtpläne ein Plansterben der Lagerpläne visualisiert worden, das einen zentralen Aspekt in den Arbeiten Ulrich Wagners darstellt.

Ulrich Wagner dokumentiert und visualisiert auch, daß nur die Kunst in der Lage ist, die belasteten Zeichen wieder von der ansonsten unauslöschlichen Zuordnung von Bedeutung zu reinigen. So ist hierin ein zentraler politischer Akzent zu finden, der eine künstlerisch überzeugende Verbindung von semantischer Analyse und Veränderung schafft. Wagner geht dabei von den Strukturrastern scheinbar hermetischer Funktionssysteme aus und bezieht eine künstlerische Position der Systemkritik, die er dem ästhetischen System des Konstruktiven - seiner künstlerischen Herkunft - durch Hinterfragung und Aufbrechung geschlossener und teils verkrusteter, ja totalitärer Strukturen entgegenbringt.


Begleitprogramm


08.06.13 und 09.06.13 | 12.00 bis 18.00 Uhr
Festungsfest

14.07.13 | 15.00 bis 18.00 Uhr
KunstCafé 

18.08.13 | 17.00 Uhr
Finissage mit Künstlergesprächen



Ulrich Wagner
[www.ulrichwagner-art.de]

1959
  • geb. in Köln

  • Fachhochschule für Kunst und Design, Köln bei Eduardo Paolozzi

1984-1987
  • Meisterschüler von Eduardo Paolozzi

1983
  • Assistent an der Sommerakademie Salzburg

1984-1989
  • Assistent von Eduardo Paolozzi u.a. bei der Realisierung des Brunnenprojektes Museum Ludwig, Köln und des Katastrophenbrunnens auf der Bundesgartenschau, Berlin

1989
  • Stipendium der Günther-Peill-Stiftung
  • Preis des Verbandes Deutscher Papierfabriken

1995
  • Lehrauftrag an der National college of art and design, Bergen/Norwegen

2008
  • Leo Breuer Förderpreis, LVR , Bonn

2009
  • Kritikerpreis 2009 für Bildende Kunst, Verband der deutschen Kritiker, Berlin

2011
  • Übernahme des Lichtraums "Ortsgedächtnis-Gedächtnis der Orte" in den Bereich  "Kunst und Macht im 20. Jahrhundert" des LVR-LandesMuseum Bonn



Öffnungszeiten:
01.06.13 bis 07.07.13
Sa. von 15.00 bis 18.00 Uhr
So. von 14.00 bis 18.00 Uhr

14.07.13 bis 18.08.13
So. von 14.00 bis 18.00 Uhr



[zurück]
Kunstverein Germersheim
Ulrich Wagner: "Spiegelung", Licht-Installationsraum (21 m Länge), Foto: Alistair Overbruck