Kunstverein Speyer / Kulturhof Flachsgasse
Manfred Weihe: "Christ&Kind"
Plastik, Objekt, Fotografie
23.01.11 bis 13.02.11

Vernissage am 23.01.11 um 11.00 Uhr
Begrüßung: Franz Dudenhöffer, Vorsitzender
Grußwort: Monika Kabs, Bürgermeisterin
Einführung: Andrea Nisters, Kunsthistorikerin

"Christ & Kind", also Christkind? Nein, Weihnachten ist vorbei. Und das Naheliegende viel zu kurz gedacht, als dass es träfe, worum es Manfred Weihe geht. Wer die Plastik-Spielfiguren in Korrespondenz zum vom Kreuz genommenen Christus als trivial oder gar blasphemisch liest, schaut nicht genau genug.

Man sollte den Sammler Manfred Weihe kennen, die Paraden von Waschbrettern, Quirlen und Kochlöffeln im steingefliesten Flur des Purrmann-Arbeitshauses, seinem Zuhause.
Hier sammelt einer Geschichte. Seine Geschichte, enthalten wiederum in den Geschichten, die jede Alltagsgerätschaft aufladen, Geschichten von Not, Armut, schwerer wie auch schöner Zeit. Von einer Zeit, als es eben noch Usus war, dass Jesus am Kreuz hängt im Gotteswinkel der Stube, überm Kinderbett, zum Schutze. Heute liegt der Gekreuzigte auf dem Flohmarkt in billigen Pappkartons neben schreiend bunten Figürchen, um derentwillen vor Jahren, mitunter Jahrzehnten existentiell anmutende "Ich will aber"-Gefechte zwischen Kindern und Eltern geführt wurden. Teletubbies, Barbies, martialische Supermänner, Mickey und Goofy. Abgehalftert allesamt, ausrangiert, nebst Jesus.

Sich nicht damit abfinden, sondern aus den Überbleibseln dessen, was christlichen Familien und ihren Kindern einmal was bedeutete, eine ganz neue Korrespondenz zu formen und diese neu zu weihen, ist Antrieb des Künstlers in der Serie "freigestellt". Dazu verlädt er die Figuren auf raumschiffhaft anmutende Betonkörper. Auch diese ausgegossenen Styropor-Negativformen wiederum sind Wohlstandsmüll, Behältnisse zum Warentransport. Wer den Blickachsen und Bezügen zwischen den einzelnen Figuren und dem Christus-Korpus intensive Aufmerksamkeit schenkt, wird einige Überraschungen erleben. Das ist zeitgemäße Glaubensinterpretation.

Die Marter Jesu interpretiert der Künstler auf ganz eigene Weise. In eine Eisenschraubzwinge eingepfercht, in einen Schraubschlüssel gepresst, erinnern die Arbeiten der Serie "ora et labora" an Zeiten, in denen der Umgang mit dem Kruzifix beim Leben und Arbeiten noch gegeben war.
Wie gläubig auch immer der Mensch war und ist - vor Verblendung schützt das nicht. Opfer ist nicht nur der Gekreuzigte, Opfer werden viele. "Helden", vermeintlich, Kämpfer im 1. Weltkrieg, deren Abbilder heute auf Ebay zu ersteigern sind. Aus ihren Antlitzen formt Weihe das Kreuz, von dem er Jesu Körper zuvor genommen hat.

Manfred Weihe lässt das, was als sprachliches Volksgut gilt, auf ebenso simple wie gewitzte Weise bildhaft werden. "Unser täglich Brot gib uns heute" war geläufige Inschrift auf geschnitzten Holztellern. Beim Arbeiter und Bauern blieb kein Krümel übrig, der feine Bürger indes fegte die Brösel mittels kleinen Tischkehrschaufeln vom Damast. In der Serie von Wandobjekten bietet sich der Flohmarkt-Jesus nun quasi selber dar, als Krume vom Blech. Das kann man für Gotteslästerung halten. Oder eben als Auseinandersetzung mit ehemals Geläufigem, heute im Verschwinden Begriffenem verstehen.

Dass Manfred Weihe nicht nur ein formender Plastiker ist, sondern auch ein schauender, beobachtender, machen die Fotoarbeiten "Kinderwinter" deutlich. Im weißgrauen Schneelicht werden die Spielgeräte nachgerade skulptural und verfremden sich, obgleich man sie doch gut zu kennen glaubt.

Eine Reihe von Plastiken, Wandobjekten und Bodenarbeiten, aus früheren Ausstellungen bekannt, vervollständigen die Werkschau zu Manfred Weihes 70. Geburtstag. Es lohnt sich, auch hier die Korrespondenzen zu "Christ & Kind" zu suchen.


Begleitprogramm

30.01.11 | 11.00 Uhr
Rundgang mit dem Künstler "Fragen und Antworten"

13.02.11 | ab 16.30 Uhr
Finissage





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