Kulturbüro der Ortsgemeinde Herxheim / Kunstschule Villa Wieser
Wieslaw Stefan Pietron: "Rückblick"
Retrospektive
20.01.08 bis 10.02.08
Wieslaw Stefan Pietron
Wieslaw Stefan Pietron

"…versuche nicht, die Kunst zu verstehen - liebe sie - genieße das Schöne, die Ausstrahlung - folge deinen Gefühlen - erfasse das Besondere - die Poesie", so beschreibt der Plastiker und Bildhauer Wieslaw Stefan Pietron die Beziehung zur Kunst. In der Ausstellung "Rückblick" in der Villa Wieser in Herxheim sind Bilder und Plastiken des polnischen Malers und Bildhauers zu sehen.

In Gdingen/Polen geboren hat Wieslaw Pietron über die Theaterwissenschaft zum Studium an der staatlichen Hochschule für Bildende Kunst in Danzig gefunden, das er mit Diplom und Magister beendete. Er war Preisträger "Allgemeine polnische Bildhauerei", hatte mehrere Kunststipendien (u.a. des Ministeriums für Kultur und Kunst) inne und hat an internationalen Bildhauersymposien in Dänemark, Polen, Deutschland und Finnland teilgenommen.

Wieslaw Pietron war mehrfacher Preisträger bei Wettbewerben für Skulpturen und Denkmäler. Seine Arbeiten befinden sich im öffentlichen Raum, in Museen und Privatsammlungen. In der Pfalz sind Arbeiten u.a. in Minfeld, Hochstadt, Venningen, Germersheim, Erlenbach, Böchingen, Bornheim zu sehen. Die Gründung der Kunstschule Villa Wieser in Herxheim hat Wieslaw Pietron als Dozent für Bildhauerei mitbegleitet. Bis zu seinem Tode im Jahre 2001 lebte und arbeitete Wieslaw Pietron in seinem Atelier im Dreihof in Bornheim.

Einführung von Dr. Matthias Brück

Besser und sinnvoller hätte man Sie im Foyer gar nicht empfangen können, als mit den Akrobaten von Wieslav Pietron. Deuten sie einmal die Leidenschaftlichkeit an, mit der dieser Künstler seine Figuren als eine Art von Lebensform immer wieder geschaffen hat - demonstrieren sie andererseits stets den ständigen Balanceakt, den jeder Kunstschaffende damals wie heute zu bewältigen hat:

Dieser Künstler hat stets sein Gleichgewicht gehalten, ließ sich weder durch Zeitgeist, Trends oder den Verlockungen des Marktes korrumpieren. Gemäß seinem Credo, das er mit Helga Sauvageot teilte: "Wahre Kunst entsteht intuitiv - ist klar, konsequent, entschlossen und nie angepasst. Mit eigenen Händen gestalten - Formausdrücke zu finden - Volumen, Umriss, Raum - Lebenskraft und Harmonie mit dem ausgewählten Material, um die Poesie des Ganzen zu schaffen - das hat für uns primäre Bedeutung".
Und weiter: "Figurativ oder abstrakt - wir akzeptieren jede Art von Kunst, die wahre Kunst ist, denn die Bausteine, die die wahre Kunst bilden, sind gleich". Die Bestätigung dieses Statements finden Sie hier in dieser Ausstellung überzeugend dokumentiert…
Mit diesem Bekenntnis war und wäre dieser Künstler heute höchst "unzeitgemäß". Denn Idealismus dürfte heute kaum noch sonderlich gefragt sein - er verträgt sich so schlecht mit Mode und Profit-Denken! So dürfte Wieslav Pietron zu einer fast ausgestorbenen Spezies von Künstler gehören, die das Vollkommene, das Schöne schlechthin überhaupt noch erlebt und es in nahezu poetischer Weise umgesetzt haben.

Was Wunder, wenn die bevorzugten Formen dieses Künstlers sich als Kreise, Scheiben und Kugeln präsentieren, die sich variationsreich interpretieren lassen: Einmal sind es vegetative Gestaltungen, die sich wie eine Knospe zu öffnen scheinen, dann erscheinen sie als zwei Teile, die spannungsvoll im Begriff sein mögen, sich zu vereinigen. Dann wiederum wird die Kugel stellvertretend zu einem Welt-artigen Gebilde, das eine Vielzahl winziger Menschen zuerst feierlich erwartet, dann anhält, um es im nächsten Akt zu fliehen, da unmittelbare Vernichtung droht. Eine apokalyptische Interpretation des Zukünftigen, wie man sie nur selten im Werk dieses Künstlers findet. Denn immer wieder schöpft er seine Inspirationen aus der Natur. Nicht nur aus dem vegetativen Bereich, sondern ebenso kühn und phantasievoll aus den so genannten "Weiten des Alls": Da entwickeln sich beispielsweise aus der ursprünglichen Kugel "Sphären" oder "Spiralgalaxien", die noch im Entstehen begriffen sind.

Einmal mehr dokumentiert sich hier direkt-indirekt die innere Bewegung, das Prozeßhafte dieser Skulpturen oder mit Albert Camus formuliert: "Die Kunst ist eine in Form gebrachte Forderung nach Unmöglichem".

Nicht umsonst spielt deshalb auch das Thema "Ikarus" bei Wieslav Pietron immer wieder eine existentielle Rolle. Jedoch spiegelt es nicht vordergründig das Scheitern, vielmehr den abstrahierten Aufschwung, ein Nach-Oben-Streben, bei dem die Sonne nur Metapher bleibt. Das kleine Bronze-Schiff mag zum Symbol für das gesamte Schaffen dieses Künstlers werden: Seine Takelage, seine Segel sind so konstruiert, dass sie jeglichen Wind sofort nutzen können, gleich aus welcher Richtung er bläst… Natürlich benötigt man dazu den richtigen Steuermann, einen wie Wieslav Pietron, der spontan aus dem Augenblick heraus zu reagieren versteht. Zahlreiche Skizzen hier beweisen dieses Vermögen!

Nun, dass man aus gewöhnlichem Arbeitsmaterial wie den kreisförmigen Schleifscheiben-Blättern auch ungewöhnliche Arrangements installieren kann, zeigt dieser Künstler, wenn er seinem Exponat leicht ironisch den Titel "Arbeit" verpasst. Wird nun aus "Arbeit" "Kunst", setzt "Kunst" "Arbeit" voraus oder ist es eine Hommage an das vermeintlich primitive Material, in dem für Wieslav Pietron stets ein künstlerisches Potential erhalten war? Man kann es hier nur andeuten…

War eben noch im Spiel der Akrobaten, in den mannigfaltigen Interpretationsmöglichkeiten der Kugel-Skulpturen oft eine gewisse Leichtigkeit und Unbeschwertheit des Dargestellten mitzuerleben - unabhängig von der Schwere des Materials - führen die Portraits, ob Stein oder Bild, in ganz andere Erfahrungsräume. Zeigten sich eben noch die Clowns in ihrem traditionellen Stimmungswechsel zwischen froh und traurig, verblüffen einige Frauen- und Männerbildnisse durch ihre herbe, hart- geschnitzt scheinende, ausdrucksarme Physiognomie. Vielleicht eine listige Mélange aus "arte povera" und Karikatur? Vielleicht die Lust, einmal gänzlich vom möglichen Vorbild abzugehen? Und wer ist "Pompon"? Handelt es sich um den französischen Bildhauer Pompon oder nur um das französische Prädikat für einen, der gerne den Prächtigen spielt? Ungelöste Fragen, aber möglicherweise finden Sie ja die Antworten selbst zu Hause vor einer dieser Arbeiten. Denn die Exponate sind verkäuflich…





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Wieslaw Stefan Pietron
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