Kulturbüro der Ortsgemeinde Herxheim / Kunstschule Villa Wieser
Gabriele Martin
Malerei
08.02.04 bis 29.02.04
Gabriele Martin
Gabriele Martin: "rote Behauptung vor blauem Raum" (2002), Acryl auf Leinwand, 80 x 80 cm

Einführung von Dr. Matthias Brück:

Sie wissen es längst alle: den Deutschen geht es schlecht: Pisa lässt grüßen, die Arbeitslosigkeit kann nur noch statistisch reduziert werden, der FC Bayern hat abgebaut …

Kurzum, es sieht trostlos aus. Nur in einem Fach - so hat man im weltweiten Vergleich festgestellt - sind wir nach wie vor weltmeisterlich: im Klagen, im souverän zur Schau getragenen Pessimismus!

Und in dieser misslichen Situation begegnet Ihnen mit Gabriele Martin eine Künstlerin, die schon in ihrer Farbintensität, in ihrem Begreifen von Malerei signalisiert: es geht auch anders!

Doch, um Missverständnissen gleich vorzubeugen: diese Künstlerin offeriert Ihnen keinen platten, reklamefähigen Optimismus, vielmehr Formen des sinnvollen Bejahens von Mensch und Welt, ohne deshalb ins Verlogen-Paradiesische abzugleiten.

So, als wollte Sie den ironischen Einwurf von Stanislaw Lem unterstreichen: "Wer den Himmel auf Erden sucht, hat im Geographie-Unterricht geschlafen".

Deshalb sucht Gabriele Martin dort, wo eigentlich jeder von uns beginnen müsste: bei sich selbst … in ihrem Erleben und Fühlen, das sie harmonisch-dialogisch in Farben und Formen umzusetzen weiß.

Ganz im Gegensatz zur überwiegenden Darstellung des Menschen, besonders der Frau heute in den Bildenden Künsten wie der Photographie, deren Praxis sich im Vorzeigen bis hin zum Degradieren der Person als Objekt dokumentiert, wählt diese Künstlerin einen gänzlich anderen Weg!

Sie verzichtet auf eine portraithaft-abbildende Darstellung, vermeidet ein realistisch-individuelles Wiedergeben, um mit ihrer speziellen malerischen Methode - der "expressiven Malerei" - zum Wesenhaften vorzudringen.

Nicht die Oberfläche, das für jeden Sichtbare, interessiert diese Künstlerin, vielmehr das Spiegeln von Welten, von Innen-Welten.

Das gelingt ihr - eben nicht auf realistisch-naturalistische Weise, sondern in einer Weise von fortschreitender Abstraktion, in der das Gestalthafte in Farbkombinationen, in einem regelrechten Farbfühlen aufgeht.

Formal ereignet sich das häufig durch einen breiten, vehementen Pinselstrich mit beinahe haptischen Qualitäten. Schichten können sich überlagern, werden lokal überraschend transparent.

Gerade durch diese Art des Komponierens gewinnen diese Exponate eine direkt-indirekte Bewegung, eine zum Teil faszinierende Tiefe - gerade weil eine oft dominant scheinende Flächigkeit immer wieder durch lichte Partien relativiert werden kann.

Diese Bewegung nun äußert sich darüber hinaus ebenso als innere Spannung: Farbkontraste wie das klassische Rot-Blau als symbolische Setzung für Wärme, Geborgenheit, Weiblichkeit und Gefühl einerseits und das als männlich vermutete Gegenstück kühler Rationalität, Distanz und Geistigkeit, werden nicht zu einem "feministischen Aufruf".

Im Gegenteil: so wie Yin und Yang seit Ewigkeiten in der chinesischen Philosophie das Sowohl-als-auch der Gegensätze im einzelnen Menschen formulierten, fügt Gabriele Martin diese Farbsymbolik ihrer Exponate zu offenen Synthesen.

Sie können dieses künstlerische Konzept in Arbeiten wie "zweiseitig", "apfelartig" oder auch "stabile Hocklage" nachvollziehen. Stets werden sogenannte Widersprüche erhellt, bleiben jedoch nie in einer starren Gegensätzlichkeit stehen, sondern verwandeln sich in übergreifende Harmonien.

Ausdruck einer positiven Weltsicht, die bekanntlich heute fast schon Seltenheitswert genießen dürfte.

In einigen Exponaten wie "Rote Behauptung vor blauem Raum" scheinen die Farben personifiziert zu werden, interpretieren nicht länger eine spezielle, menschliche Befindlichkeit, sondern transzendieren sie spielerisch in den abstrakten Raum.

Unabhängig davon dürften sie - ob kleines oder gewichtiges Format - leicht spüren, dass in jedem dieser Exponate eine ungebrochene Energie, eine Vitalität Bild geworden ist, die man schlicht als heitere Zuversicht, als Lebensfreude eben erfahren darf.

Nun meine Damen und Herren, teilen Sie doch dieses Bejahen mit Gabriele Martin, nehmen Sie sich ein Werk mit nach Hause - gewissermaßen vorbeugend bis zur nächsten Reform.



[zurück]
Gabriele Martin
Gabriele Martin: "rote Behauptung vor blauem Raum" (2002), Acryl auf Leinwand, 80 x 80 cm
Gabriele Martin
Gabriele Martin: "zweiseitig" (1992), Acryl auf Leinwand, 135 x 135 cm
Gabriele Martin
Gabriele Martin: "apfelartig" (2002), Acryl auf Leinwand, 40 x 40 cm