Landkreis Südliche Weinstraße / Kreisverwaltung Südliche Weinstraße
Ilse Müller und Martin Eckrich: "Der Menschheit höchste Natur"
Malerei, Plastik, Installation
06.05.07 bis 01.06.07
Martin Eckrich
Martin Eckrich: "Des Sehens klare Macht"

Ilse Müller lebt und arbeitet in Hockenheim. Sie studierte von 1978 bis 1980 Malerei an der Abendakademie Mannheim. Von 1986 bis 1989 entstanden Kunst am Bau, Bleiverglasungsfenster, sowie 1990 bis 1993 Kupferplastik "Die Schüler" an der Hubert-Sternberg-Schule, Wiesloch. Seit 1994 hat sie an zahlreichen Einzel- bzw. Gruppenausstellungen, wie z.B. in Mannheim, Speyer, Hockenheim, Heidelberg und Wörth/Schaidt, teilgenommen.

Ihre Objekte und Malerei setzen auf zarte und aufdringliche Farbtöne. Ihre Exponate tangieren Vergänglichkeit, Bedrohtsein, aber auch die Allgegenwart der Natur, zu der die Künstlerin ein engagiertes Verhältnis ohne falsches Pathos aufzubauen weiss.

Martin Eckrich, in Kaiserslautern geboren, lebt und arbeitet in Schifferstadt/Pfalz. Er besuchte von 1982 bis 1983 die freie Kunstschule (Rödelschule) in Mannheim. 1983 folgt ein Studium an der Akademie für Bildenden Künste sowie von 1983 bis 1989 ein Stipendium der Bayern-Pfalz-Stiftung in München. Seit 1983 erste Performances in der Akademie, häufig im Zusammenhang mit Rauminstallationen. Seither ist dies fester Bestandteil seiner künstlerischen Aktionen, die den Charakter kultischer Handlungen haben. Seit 1988 hatte er zahlreiche Einzel- bzw. Gruppenausstellungen in München, Köln, Mainz, Speyer, Landau, Thüringen, Ludwigshafen und Karlsruhe.

Mit seiner Kunst entzieht sich Martin Eckrich der gewohnten künstlerischen Ästhetik. Schönheit entsteht in seinem Werk nicht mit bekannten traditionellen Mitteln. Seine Arbeiten (Malerei, Objekte, Installationen, Performace) sind von tiefer Menschlichkeit geprägt, die fast alle Aspekte unserer Existenz berühren.


Besprechung von Gabriele Weingartner, Die Rheinpfalz vom 10.05.07

"Täuschend echte Szenen aus dem Innenleben der Bäume"

"Der Menschheit höchste Natur" nennt sich die derzeitige Ausstellung mit Arbeiten von Martin Eckrich und Ilse Müller in der Kreisverwaltung der Südlichen Weinstraße. Es scheint, sie will ein bisschen schocken mit unorthodoxer Kunstpräsentation. In Wirklichkeit aber ist diese Art der Bildaufbereitung nichts Neues, weil es nämlich nicht Neues mehr gibt in der Bildenden Kunst.

Auch in der Provinz nicht, sofern man die Südliche Weinstraße, an deren Route viele Künstler und Künstlerinnen wohnen, zu einer Kunst-Provinz erklären will. Martin Eckrich und Ilse Müller sind in Speyer und Kaiserslautern geboren, das ist jedenfalls nicht weit weg davon. Müller hat ihr Atelier in der Nähe von Hockenheim, Eckrich lebt in Schifferstadt. Zumindest aber in der unkonventionellen Auffassung ihrer Kunst-Darbietungen haben sie sich sozusagen in der Mitte getroffen.

Ilse Müllers "Wiese, Himmel, Erde"-Projekt, bestehend aus bemalten Sperrholzblatten, hängt in der Luft, lässt sich vom Betrachter umkreisen, wenn er dies will, und ist teilweise mit einer Vor- und Rückseite ausgestattet. Lindgrüne, luftig leichte Impressionen sind es, genauer gesagt, die vom Himmel - der Decke der Kreisverwaltung - herunterfallen und in ihrer vermeintlichen Absichtslosigkeit den harmlosen Betrachter ganz plötzlich mit scheinbar reiner Natur konfrontieren, vor allem mit einer unglaublichen Palette von sanften Grüntönen, die ihn gleichsam mitten in eine Wiese versetzt. Szenen aus dem Innenleben der Bäume ("Alles Baum", "Einschnitte, lasst uns leben") begegnen einem dann an den Wänden: jeweils mehrteilige, beziehungsweise eigenwillig voneinander getrennte Wandobjekte aus übermaltem Holz, deren Strukturen man sich ruhig aus nächster Nähe ansehen sollte und die gleichfalls mit täuschend echten "Naturerscheinungen" spielen.

Hauptsächlich aus Übermalungen besteht dagegen Martin Eckrichs Anteil an der Ausstellung. Ohne Rahmen an die Wand gehängt, blähen und wölben sich die wohl bewusst nicht sachgerecht getrockneten, roh und unbeschnitten belassenen und mit Artikeln und Abbildungen aus Kunstbüchern, Kunstkalendern und sonstigen Publikationen beklebten Blätter, auf denen man buchstäblich alles und nichts entdecken kann. Kühe und Kamele, das Gesicht des "Frühlings" von Botticelli, geschnitzte Madonnen, kitschige Heiligenfiguren, Pharaonen und archaische griechische Köpfe, kombiniert mit gekritzelten, meist unleserlichen Kommentaren. Alles scheint eins in diesem wilden Kosmos der Belanglosigkeit, beziehungsweise gleichgemacht und gleichermaßen wild mit Farbe traktiert oder buchstäblich ausgestrichen.

Erkennbar sind einzig die runden roten Stempel, mit denen die Arbeiten an ihren Rändern akribisch versehen sind: "Wanderung durchs Vergängliche", scheint es da - ironisch-bürokratisch - zu raunen, oder "Berührung über die Zeit hinaus". Was aber womit und wodurch berührt werden soll, mit dieser eigentlich längst in die Jahre gekommenen, so altmodisch anmutenden "Art brut", die nicht schön sein will, sondern nur rabiat und unverstellt, so selbstverliebt mit ihren "armen" Materialien umgeht und lieber anarchisch-spontan bleibt als konzeptuell-stringent, das wird nicht klar.

Martin Eckrich jedenfalls erinnert ein bisschen an Jonathan Meese, den Messie unter den bildenden Künstlern, an einen, der gerade dabei ist, seine chaotische, letztlich so kindlich naive und im Grunde ja auch liebenswürdige und immer unaggressive Kreavitität in klingende Münze zu verwandeln. Mal sehen, wie lange es bei Eckrich noch dauert. Chaos freilich bleibt immer gewöhnungsbedürftig, da es mit unserem Bedürfnis nach Schönheit kollidiert. Dass es zu unserem Leben gehört, ist eine ganz andere Geschichte.




[zurück]
Martin Eckrich
Martin Eckrich: "Des Sehens klare Macht"
Ilse Müller
Ilse Müller: "Serie I, Der Hof"