Kunstverein Germersheim / Zeughaus Germersheim
Hans Michael Franke, Werner Pokorny und Erich Reiling
Skulptur, Malerei
15.09.07 bis 14.10.07

Hans Michael Franke

Spezifische Eigenschaften wie Massigkeit und Schwere, der natürliche Charakter der meist bruchrau belassenen Oberfläche und die unregelmäßige Färbung sind die Ausgangspunkte der künstlerischen Gestaltung. Zentrales Anliegen von Hans Michael Franke ist die Beschäftigung mit dem Inneren des Steins. Die glatten Schnittflächen bilden dabei einen starken Kontrast zu der ansonsten unbearbeiteten Oberfläche. Formal erscheinen die Steine wie archaisch wirkende Sitze.

Hans Michael Franke, der eine Lehre als Steinmetz absolviert und sich während seines Akademiestudiums ausschließlich mit dem Material Stein beschäftigt hat, bearbeitet vorwiegend Sedimentgesteine wie Muschelkalk. Diese geschichteten Steine können meist, entsprechend ihrer Lagerung in den horizontalen Schichten der Steinbank, ohne deutliche Bearbeitungsspuren, ohne Bohrungen oder Sprenglöcher aus der Wand des Bruches herausgelöst werden. Für die Umsetzung seiner Ideen wählt Franke hauptsächlich kubische Blöcke oder Steine aus, die mit annähernd paralleler Ober- und Unterseite eine mehr oder weniger flachliegende Plattenform bilden. Hans Michael durchbricht den Stein und öffnet ihn. Über die Reduzierung komplexer Raumvorstellungen gelangt Franke zur Kiste als der eindeutigsten Raumform: der kubische Block ist vollständig ausgehöhlt und damit das Innere des Steines direkt einsehbar. Durch Bohrungen erscheinen gewonnene äußere Schalenformen wie Architekturteile, erinnernd an Kanneluren der griechischen Säulentrommeln.

(Christine Lutz, in: Hans Michael Franke - Gitter/Höhlen/Kisten, Räume in Stein, 2000)


Werner Pokorny "schwarze Skulpturen"

Der Künstler Werner Pokorny, der national und international sehr erfolgreich ist, zeigt im Kunstverein 15 Holzskulpturen. Es sind variierte, fast immer massive, stehende Vasenformen, wobei der obere Abschluss ein relativ kleines, draufgesetztes Haus bildet.

"Lässt man die anthropomorphe Deutung der Vase als metaphorische Menschengestalt zu, ist sie in Form des Hauses "gekrönt" oder mit einem "Kopf" versehen. Die strenge formale Konzeption und der massive Körper der Plastiken liefern die Fläche für die schwarze Patinierung der Holzskulpturen, hergestellt mittels der Hitze des Schweißbrenners. So wird das Holz nicht teilweise verbrannt, (...) sondern es entsteht durch Oxidation eine schwarze Außenhaut, vergleichbar der braunroten Rostpatina, die der Erscheinung der Cortenstahlplastiken des Künstlers Farbigkeit und schützende Außenhaut geben. Diese schwarze Oberfläche oder Haut ist immer noch transparent genug, um das dem Künstler nach wie vor wesentliche Material Holz und die Spuren der Bearbeitung durchscheinen zu lassen. Gleichzeitig nimmt die schwarze Patina den Materialcharakter zurück und betont die metaphysische Einheit des Kunstwerks. (...)

Werner Pokorny begreift das Gefäß als Potential, vorstellbar als Vase, als Urne, auch als Figur. (...) Das "Haus" kann metaphorisch zu tun haben mit "Kopf". Die Kombination ist in gewisser Weise irreal, ohne Vorbild oder Funktion und doch kann man von "Gestalt", "Haltung", "Figur" sprechen und direkt den menschlichen Körper meinen. Die Schwärzung legt dies alles nahe, weil sie eine Form der Abstraktion darstellt. Und damit erzeugt sie zugleich Distanz, bezeichnet nicht ein Abbild, sondern die Möglichkeit des Denkens (Wahrnehmen, Erkennen, Imagination). Schwarz beinhaltet die Poesie des Existentiellen. Es negiert die Stofflichkeit, markiert in seiner alles Licht absorbierenden oder auch licht schimmernden Anmutung den Übergang in eine andere Dimension. In der erhabenen Stille, in dem Schweigen der Skulpturen, in der schwarz patinierten Haut, wo Licht auf Dunkelheit stößt, nahezu ganz absorbiert wird, da manifestiert sich das Geheimnis der Skulptur."

(Werner Meyer, in: Pokorny "Gefäß Haus", 2003/04, 2005)


Erich Reiling

Die Zeichnungen und Malereien Erich Reilings nehmen in der süddeutschen Kunstszene seit Jahren "mit souveräner Selbstverständlichkeit einen hervorragenden Platz ein" (Prof. Klaus Schrenk) und mittlerweile ist er auch international erfolgreich.

Die großformatigen Bilder konzentrieren sich auf schwarze, graue und weiße Valeurs. "Die 70er Jahre voll unermüdlicher Lust an der Linie, die auf unzähligen Papieren erduldet wird. Viele, mehrere Quadratmeter große Papierarbeiten gehen den Leinwänden voraus. Der Akt des Malens ersetzt nicht zuletzt kontemplative Fragestellungen genauso von selbst, wie theoretisch quälende Gewissensbisse um das letzte, mögliche Bild. Es erfüllt die tagtägliche Anforderung an eine Aufgabe, die zwar selbst gestellt, der man aber nicht weniger packend ausgeliefert sein kann." Die alltägliche Malerei erscheint kraftvoll und eine zur Einfachheit reduzierte Klarheit.

"Die Malerei ist so alltäglich wie die Gegenstände, die ihr 'als Zeichen' dienen. Die Zeichnung erobert sich als gestaltgebende Form die Bildfläche, umspannt sie, beschreibt sie und öffnet sie und misst sie nach allen Seiten aus, sei es in Form einer gezackten Linie, die an eine Krone oder an ein Gebirge erinnert, letztlich jedoch nur Dreiecke neben- und ineinander stellt. Die Bilder können als Ausdruck einer Suche nach einer 'reinen' Malerei gelten. Erich Reiling geht mit direkter Information zu seinem Werk sparsam um. Die Zeichnung erobert sich als gestaltgebende Form die Bildfläche indem sie in sie 'hineinsieht' - doch verratet sie von sich selbst aus nicht, was genau. Auch 'Hinweise' finden sich nur spärlich. Übergroß sind die doch so skizzenhaften Zeichnungen, die z.T. in den Grund hineingekratzt werden, ins Bild gesetzt. Nahsicht wird suggeriert und dennoch wird dem Betrachter große Distanz zur Wahrnehmung der abgebildeten Wirklichkeit abverlangt."

(Daniela Maier, Birgit Möckel, in: Erich Reiling painting black, 2000)



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