Stadt Rockenhausen / Array
Hannelore Hilgert
Rauminstallation, Plastiken, Zeichnungen
22.03.09 bis 10.05.09
Hannelore Hilgert
Hannelore Hilgert

Nach längerer Zeit haben Mitglieder vom Arbeitskreis Kahnweilerhaus wieder einmal einen Atelierbesuch gemacht, um sich vor Ort einen Eindruck vom Schaffen und von den Werken der Künstlerin zu machen, die als erste nach der Winterpause im Kahnweilerhaus ausstellen wird. "raum-installation-plastiken-bilder" lautet das Thema ihrer Ausstellung, in die Ingrid Uhland einführen wird.

Hannelore Hilgert lebt und arbeitet in Horrweiler bei Gensingen. Der supermoderne Brennofen, den sie ihren Gästen als erstes erklärt, steht außerhalb des Ateliers und ist auch an diesem Sonntagnachmittag in Betrieb. Köpfe auf Stelen, Torsi auf Podesten und fantastische Symbiosen aus Holz und Ton empfangen die Besucher in dem geräumigen Atelier. Die Künstlerin ist bei der Wahl ihres Materials im wahrsten Sinne des Wortes auf der Erde geblieben: Sie arbeitet hauptsächlich mit Ton. Sie findet die Struktur und die Brüchigkeit des irdenen Stoffes reizvoll: "Ich mag die Erde halt," sagt sie uns und verweist auf den Kreislauf des Lebens. Aus Erde sind die Menschen geschaffen und zur Erde sollen sie wieder werden, sagt schon die Bibel. Sie ringt dem Material Oberflächen mit einer subtilen Kleinstruktur ab. Zunehmend kombiniert sie ihre erdfarbenen Körper mit Holz, oft Lesefunden von langen Spaziergängen am Rhein, aber auch mit Plastik und Metall.

"Es ist diese morbide Brüchigkeit, die mich fasziniert," sagt die Künstlerin, die früher noch viel mehr mit Holz gearbeitet hat. In einer ihrer Werkgruppen hat Hannelore Hilgert Torso und Kopf in Einzelteile zerlegt, diese wiederum unterschiedlich lang im Ofen gebrannt und dann mit konventionellen Kabelbindern aus weißem Kunststoff "die Wunden gekittet." "Dies steht für die Einschnitte, die wir im Leben erfahren," erklärt sie ihren Besuchern. Gerade der Materialkontrast zwischen brauner, körniger Tonerde und glattem, funktionellem Kunststoff soll aber auch die Bindung zwischen Altem und Neuem, zwischen Ursprünglichkeit und High Tech symbolisieren. Das Denkzentrum des Menschen, der Kopf, wird oft von ihr thematisiert. Ein überdimensionales männliches Profil beherrscht den vorderen Teil des Ateliers.
Daneben begegnen uns weitere monumentale Köpfe, die alle eine markante Silhouette mit quadratischer Kopfform, rechtwinkliger Nase und einem leicht geöffneten, kleinen Mund zeigen. In der Frontalansicht wirken sie dann plötzlich flach und scheibenförmig. Feine Risse und Löcher an den Köpfen und Torsi schmiert Hannelore Hilgert nicht zu, sondern betont diese Einbrüche in die Oberfläche noch.

Ihre "zeitkritischen Objektkästen" zu Themen wie "Freiheit", "Angst", "Friedensgespräch" oder "Seilschaft" nehmen eine Sonderstellung unter ihren Arbeiten ein. Sie sind Notizen zu aktuellen Fragen und tagespolitischen Themen, die alle Menschen beschäftigen. Andere schreiben Tagebuch, sie greift zum Ton. Die Künstlerin ist ein durchaus politischer Mensch. Ihr Engagement im Gemeinderat, bei den Landfrauen und in den Künstlerverbänden sind andere Formen gesellschaftspolitischer Betätigung.
Hannelore Hilgert kam spät zur Kunst. Gemalt hat sie zwar schon immer, doch erst 1983-1991 bildete sie sich bei der Mainzer Bildhauerin Inge Blum in plastischem Gestalten aus, besuchte später die Europäische Akademie für Bildende Kunst in Trier und die Akademie für Bildende Kunst Vulkaneifel. Neben der Bildhauerei arbeitet sie grafisch, vor allem mit Tusche. Außerdem gestaltet sie gelegentlich Weinetiketten für das Weingut, das ihr Sohn führt. Sie hat auch schon Schmuck aus Bronze und Terracotta entworfen. Seit 2008 ist Hannelore Hilgert Vorsitzende der Künstlergruppe Nahe e.V.


Hannelore Hilgert

Einzelausstellungen (Auswahl):

2003
  • Kunstverein Eisenturm, MVB Galerie, Mainz
  • Kapuzinerkloster, Cochem/Mosel
2006
  • Ehem. Synagoge, Sprendlingen
2008
  • Historisches Rathaus, Meisenheim


Gemeinschaftsprojekte:

2007/08
  • "Gruppe Objekte 71" im Keramikmuseum, Höhr-Grenzhausen
2008
  • Wald-Installationen "NaturKultur" im Rahmen des Kultursommers Südhessen in Niederroden
  • "Unter freiem Himmel" im Blumenhof (beim Museum Ludwig), Koblenz, Galerie Handwerk


Besprechung von Maria Janta
Öffentlicher Anzeiger Bad Kreuzmach vom 04.04.09

Ausstellung "raum-installation-plastiken-bilder" im Kahnweilerhaus eröffnet

"Im reizvollen Spiel mit Realität und Abstraktion hat sich die Künstlerin Hannelore Hilgert ihre Authentizität bewahrt als Bildnerin von Skulpturen oder Fragmenten aus Terrakotta und anderen Materialien, als Schöpferin von Installationen und u.a. auch als Malerin mit Erde und Naturmaterialien. Hannelore Hilgerts Aussagekraft begründet sich in dem uralten Material der formbaren, gebrannten Erde, der Thematik "Welt-Erde-Mensch-Körper" in aller Verletzlichkeit und Einmaligkeit, sowie der kritischen Auseinandersetzung mit Gesellschaft, Zeitgeschehen und Politik," sagte Ingrid Uhland bei der Einführung in die Ausstellung mit Werken der in Horrweiler lebenden Künstlerin.
"Die auf das Wesentliche reduzierten, meist männlichen Köpfe aus dem Zyklus "Profile" erscheinen als flache, silhouetthafte z. T. monumentale Kopfformen mit markanter Stirn, scharf geschnittener Nase, angedeuteten Ohren, winzigen Augen und kleinem Mund. Sie strahlen Stille aus, Nachdenklichkeit, in sich hineinhören, wirken aber auch kritisch, aufmerksam. Die Plastiken korrespondieren mit den Bildern der "Charakterköpfe", die mit strenger Miene und ernstem Blick vielleicht über die Weltklimakonferenz diskutieren, wie sie Hannelore Hilgert und Charly Pyka bei der Kunst im Grünen in der "Alten Welt" rund um die Wasserburg in Reipoltskirchen als Landschaftsbild geplant haben," sagte die Referentin im Hinblick auf die im mittleren Raum des Kahnweilerhauses ausgestellten Plastiken.

Fragmente menschlicher Körper, Köpfe und Torsi, geborgen in schreinartigen Acrylkästen, finden wir in einem anderen Raum. Die Körperform wird als brüchige Schale dargestellt, die zwischen Vollendung und Zerfall bereits geborsten ist und zugleich als wertvoll wie auch als vergänglich gezeigt wird. Die Installation erscheint als ein ambivalentes Spiel von Öffnen und Verbergen, von Werden und Vergehen, Leben und Tod, von einer Verknüpfung von Ursprünglichem und Hochmodernem. Formbarer Ton, stumpf und rissig, kontrastiert hier mit kantigem, hartem, durchsichtigem Kunststoff.

Über die Künstlerin selbst berichtete Ingrid Uhland: "Eines kann man mit Gewissheit sagen: So klar, aussagekräftig und facettenreich wie die Werkschau ist auch die Person Hannelore Hilgert. Aufgeschlossen für das Gestalterische begann sie mit dem ältesten bildsamen Material Ton, Terrakotta zu experi-mentieren. Es gelang ihr, mit wachsender Fachkompetenz Großartiges zu schaffen und ihre ureigene Handschrift zu entwickeln. Auch wenn sich die Formen und Aussagen immer wieder ändern, nähert sich Frau Hilgert einem Thema und seiner Umsetzung in Zyklen, oft über einen mehrjährigen Zeitraum, an."
Dass die Eröffnung der Ausstellung "raum-installation-plastiken-bilder" im Kahnweilerhaus in der ganzen Region auf großes Interesse gestoßen ist, konnte man schon allein daran erkennen, wenn man auf die Autonummern der Besucherinnen und Besucher schaute. So konnte Luise Busch im Namen des "Arbeitskreises Kahnweilerhaus" ca. 50-60 Kunstinteressierte an diesem Vormittag zur Vernissage begrüßen und Willkommen heißen. Sie lud dabei auch zum Besuch des Museums Pachen ein, das im Anschluss an die Ausstellungseröffnung ebenfalls geöffnet war.



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