Landkreis Südliche Weinstraße / Kreisverwaltung Südliche Weinstraße
Helmut Dudenhöffer: "Trunken im Rebenmeer"
31.01.10 bis 26.02.10

Gedanken zur Fotoausstellung "Trunken im Rebenmeer" von Helmut Dudenhöffer:

Für viele von uns hier sind die Fotos eine Zeitreise, Erinnerungen kommen beim Betrachten hoch, wir begeben uns zurück in einen schönen Spätsommer auf dem Geilweiler Hof. Seit vielen Jahren darf ich das Chawwerusch Theater fotografisch begleiten - was für ein Glück für mich. Beim Fotografieren muss ich mich selbst in das Stück begeben, ich lasse mich hineinführen in die einzelnen Szenen, erst dann, wenn ich selbst ein Teil des Stückes bin, kann ich auch die richtigen Bilder machen. Und wenn es gelingt, in einem Foto das Ganze, zumindest eine Ahnung vom Ganzen, festzuhalten, wenn aus dem unaufhaltsamen Fluss des Theatergeschehens, Augenblicke, Standbilder ausgewählt werden, die uns das Ganze erschließen könnten, dann wäre das viel.

Bevor man die Aufnahme macht, nimmt man sie wahr. Man nimmt ein Bild geistig auf und fertigt unbewusst eine latente Aufnahme im Kopf an. Durch Beobachtung entwickelt sich ein Feingefühl für Details, der Blick für das rechte Licht und Gespür für den richtigen Moment. Die Theaterleute bringen den Kreativbeitrag. Die Gestaltungsmöglichkeiten des Fotografen gehen darüber hinaus. Welche Bewegung, welche Geste, von welchem erlaubten Standpunkt aus? Mit welchem Objektiv? Wie nah ran, wie weit weg? 1000-mal habe ich auf den Auslöser gedrückt, 40 Abbildungen sind hier ausgestellt.

Während das menschliche Auge die Umgebung in mehreren Schritten abtastet und dem Gehirn ein vollständiges Bild übermittelt, sieht die Kamera immer nur einen Ausschnitt und wenn dieser Ausschnitt nicht mit Bedacht gewählt wurde, kann auch die Aufnahme nichts werden. Der Kopf, das Auge und das Herz müssen beim Fotografieren auf eine Linie gebracht werden. Und solches Fotografieren erfordert Energie, Zähigkeit, Geistesgegenwart, Gewandtheit, Auffassungsgabe, List, Phantasie, Initiative und persönlichen Mut. Fotografie heißt: Den Atem anhalten, wenn im Augenblick der flüchtigen Wirklichkeit, im Bruchteil einer Sekunde, die Vision der Welt zum Ausdruck gebracht werden soll. Durch Konzentration des Motivs, durch gezielten Einsatz von Licht und Schatten, erscheint uns Vertrautes manchmal fremd. Keine Tricks und gekünstelte Unschärfen, keine Experimente mit dutzendfachen Linsen, die die Wirklichkeit verzerren und entstellen, keine Vorspiegelung von Bildern, die nicht auch das natürliche Auge wahrnehmen könnte. Aber Vertrautes eben inszeniert und gezielt betrachtet, damit es fremd gemacht, uns in Erinnerung bleibt, und wir nicht verfremdet die Wirklichkeit sehen, sondern neu und wesentlich.





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