Rhein-Pfalz-Kreis / Schloss Kleinniedesheim
Rolf Barth: "Ein neuer Blick"
05.09.10 bis 03.10.10
Ein neuer Blick
Rolf Barth

Einführung von Paul Platz

Was bedeutet Ihnen eine Kanne, ein Topf, eine Schale? Versehen mit mehr oder weniger deutlichen Gebrauchsspuren? Vermutlich nichts oder nicht viel, wenn man von der praktischen Verwendung einmal absieht oder alte Emaille-Gefäße sammelt. Bei Rolf Barth stellt sich das etwas anders dar.
Der in Stuttgart geborene Künstler ist Mitglied des Berufsverbands Bildender Künstler RLP und der Südpfälzischen Kunstgilde. 1987 erhielt er den Heinrich von Zügel-Kunstpreis der Stadt Wörth, 2000 dann den Kunstpreis Malerei der Kulturstiftung der Sparkasse Karlsruhe und schließlich den WeldeKunstpreis für Malerei in 2006.

Frei von nostalgischen Erinnerungen und mit fast altmeisterlicher Technik (Acryl, Kreide, Pastell), geht er mit einem plastisch wirkenden Erfassen des Gegenstandes weit über das reine Abbilden der Gegenstände hinaus. Denn es gelingt ihm, in überraschender Weise, einen Kontext-Wechsel vorzunehmen, der die genannten Objekte völlig aus dem Umfeld ihrer gewohnten Funktionalität befreit - ein neuer Blick also.

Nicht der Gebrauch der Kanne, der Flasche oder der Schale bestimmt die künstlerische Wahrnehmung, nicht das "Um zu" deren Existenz, vielmehr das aller Interpretation und Vor-Urteilen entkleidete Sehen und Erkennen des einzelnen Gegenstandes. Um dieses Loslösen zu steigern, findet Rolf Barth ein anderes Ordnungsgefüge für seine Objekte. Er stellt sie in eine neue Ordnung, wechselt die Blickperspektive, lässt ein anders Licht auf sie fallen, dreht sie oder verfügt einen wechselnden Schatten. Die Hintergründe seiner Sequenzen bleiben zumeist konsequent monochrom. Und in den neuesten Arbeiten aus der Werkgruppe "Transformation" scheint sich ein Wechsel des realen Objektes zu einer Stilisierung, als ein Spiel von Farbe und Form zu vollziehen.

Die Darstellungen von gegenständlichen Beziehungen und Bedeutungen sind in allen Kulturen der Welt bekannt. Im Mittelmeerraum tauchten auf den späteren Stillleben ähnliche Motive, meist in dekorativen Zusammenhängen, in der altägyptischen, der hellenistischen und der römischen Kunst auf als Wandbilder, Mosaiken oder Reliefs. In den pompejanischen Wandbildern sind Beispiele erhalten, die in verschiedenen Anordnungen gruppierte Esswaren, Kultgefäße oder kleine Dinge, wie zum Beispiel Schreibgerät oder Münzen, zeigen. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit schränkte der transzendentale Zusammenhang der künstlerischen Darstellungen die Gegenstände ein auf ihren symbolischen Zeichencharakter, der in den sich säkularisierenden Künsten des 17. Jahrhunderts, insbesondere in den Niederlanden, eine eigene Bildgattung hervorbrachte, in denen sich die Kompositionen der Gegenstände lesen und deuten ließen.

Die seither etablierte Form, Gegenstände zu gruppieren und als in sich abgeschlossene Kompositionen zu gestalten und mit Bedeutung aufzuladen, bildete bis in die Moderne eine Tradition für Künstler, sowohl in der Fotografie als auch in den nicht mehr den klassischen künstlerischen Gattungen zuzuordnenden Gestaltungen, wie zum Beispiel der Objektkunst oder dem Environment in der Kunst des 20. Jahrhunderts.

"Ich bin Realist" - das würden die Meisten von uns auf Anfrage mit Stolz behaupten. Nur das besagt eigentlich gar nichts. Denn jeder sieht seine Umgebung, die Welt bekanntlich anders, deutet sie anders. Denn der Kunstschaffende, wie hier Rolf Barth, hat in der Weite realistischer Deutungen in der Tat, wie oben beschrieben, immer eigene Wege gefunden, Aspekte, der Wirklichkeit zu begegnen, ohne stets die eigene Deutung zu verabsolutieren - mehr als nur ein anderer Blickwinkel, in der Tat ein neuer Blick.



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