Werkkonzept

Die Intension
Was mich fasziniert ist die Verletzlichkeit des Individuums in seinen Realitäten.
Es sind die unendlich verschiedenen parallelen Realitäten, ihre Ebenen und ihre Interaktionen.
Jede ist wichtig, jede ist fragil und eine Betrachtung wert.
Mich interessiert ihre Transparenz, ihre Vermischbarkeit, ihre Vereinzelung.

Die Farbe
Schwerpunkt meiner Malerei ist die Auseinandersetzung mit der Farbe, insbesondere mit der Farbe Rot.
Rot ist für mich die wichtigste Farbe, die erste Farbe, der Menschen einen Namen gaben.
Schwarz ist verletzend, schwarz schützt. schwarz ist unvermeidlich in der täglichen Absurdität.

Das Projekt
Meine Arbeiten sehe ich als Projekte, in denen ein zu Grunde gelegtes Thema oft über einen längeren Zeitraum unter verschiedenen Aspekten betrachtet wird. So entstehen individuelle Varianten als Serie innerhalb eines Projektes.
Ich arbeite bevorzugt mit quadratischen Formaten. Davon ausgehend, dass meine Arbeiten Fragmente einer Realität zeigen, ist für mich das Quadrat die vollkommenste Form, um einen Ausschnitt des Ganzen wiederzugeben. Bei mehrteiligen Bildern, die sich entweder aus oder zu Quadraten zusammensetzen, arbeite ich Flächen übergreifend. Ich versuche, meinen Fragmenten größtmöglichen Raum und somit maximale Ausdehnung zu geben.

Der Prozess
Die Idee eines Bildes entsteht mit einer vagen Skizze und ist Ausdruck des unmittelbaren Augenblicks, jedoch zeitlich getrennt von der eigentlichen künstlerischen Umsetzung.
Der Prozess des Werdens beginnt mit dem Aufbau Struktur gebender Materialschichten. Es folgen unregelmäßig Farb- und Materialschichten. Während dieser Phase gilt es, den Spuren entstehender Strukturen zu folgen oder sie zu verwischen, Vermutungen nachzugehen, Formen zu ergänzen und durch das Spiel mit leichten Andeutungen das Bild entstehen zu lassen. Jede Schicht in ihrer Materialität ist dabei wertvoll, darf sichtbar sein und bleiben, ist werkimmanent.
Die Schichten werden wieder und wieder übermalt, aufgebrochen, geschnitten, geritzt.

Die Gestaltungselemente
Meine Gestaltungselemente sind zum einen Farbflächen. Ich setze Farbe in meinen Bildern bewusst reduziert. Expressive Farbkonstellationen dominieren. Ich vertraue dabei auf die Raum bildende Kraft der Farben in enger Verbindung mit Materialien.
Zum anderen arbeite ich mit spielerisch gesetzten Linien. Linien, ausgeprägt oder auch nur angedeutet und mit unregelmäßigen Ausformungen. Linen und Akzente brüchig mit Kreide, zart mit Graphitstift oder als gekratzte Spuren. Und so dürfen diese Linien manchmal zu fast deutbaren Bildgegenständen avancieren, wobei sie dennoch keinen anekdotischen Charakter aufweisen. Die Farbe ist wesentlich und nicht gebunden an Gegenstände. Ich arbeite mit Details, die die Flächen teilen, sie zusammenfügen, Kraftfelder sichtbar werden lassen, die gegeneinander wirken. Durch das Zusammenspiel von Farbe und Linie in der Fläche manifestieren sich in den Bildern Energie und Kraft und gleichzeitig Zerbrechlichkeit und Zartheit.

Das Ganze
Es entstehen elementare Gefüge, offene Kompositionen, die zutiefst authentisch sind. So entstehen Räume der Stille und Räume voller Dynamik, ausgefüllt vom Kräftespiel der Farben und Linien. Sie stehen in Beziehung zueinander und stehen von Beginn des Arbeitsprozesses an im Dialog miteinander.
Das Ende des Prozesses ist nicht absehbar. Ein Bild ist erst fertig, wenn seine Kräfteverhältnisse stimmen. Das heißt, wenn die Kraftfelder ausgeglichen sind und der Dialog fortdauert.
Der Betrachter hat Teil an diesem Dialog, am Spiel von Wirklichkeit und Unwirklichkeit, auf das er sich einlässt, in dem er seine eigene Wirklichkeit assoziiert und den Dialog mit seiner eigenen Imagination ergänzt.

Annette Marx