Sigurd Otto Mächnich
Um Mythen und Symbole, ja um ungelöste, archaische Archetypen geht es auf den Rollenbildern von Sigurd Mächnich. Hier werden klein-in-klein, aber auf Riesenformaten Geschichten aus dem Unterbewusstsein erzählt, die weniger kalligraphische Exkursionen präsentieren als vielmehr codiertes Stenogramm der Seele, eine höchst komplexe Mischung aus Schrift und bildhafter Symbolik, die nur der Künstler versteht.

Für den Betrachter bleiben Titelverweise wie "Umtriebe der Angst" oder "Dem Tod gewidmet", signalisiert ein in lateinischen Lettern geschriebener, aber in einer Kunstsprache verfasster Text um eine "Angstratte" gruppiert eine Art psychischen Veittanz, der sich unter der auf den ersten Blick so ordentlich wirkenden, akribisch durchgeführte Federzeichnung vollzieht. Und erst beim zweiten Schauen entdeckt man dann die Dämonen, die überall lauern, die Fratzen, die sich in den so säuberlich festgehaltenen Strukturen eines „Heiligen Steins der Stille“ festkrallen.

Ungewöhnlich kleinteilig arbeitet Sigurd Mächnich auf seinen Riesenrollen, aber da er Geschichten erzählt, die aus dem Irgendwo-Nirgendwo kommen, kann er sich auf kleinere Formate wohl nicht einlassen, die deren Ende nur allzu schnell programmieren würde. Man muss sich also von den Linien und Schraffuren führen lassen, um die fremden Gefühlskontinente zu erkunden, die sich vor einem auftürmen wie ungelöste Rätsel der Vergangenheit. Erfolg wird nicht garantiert beim Dekodieren dieser geheimnisvollen Bilder, aber jede Menge Seh-Abenteuer.
 
Gabriele Weingartner, "Psychologischer Veittanz" in Die Rheinpfalz, 01.03.1997 (Ausschnitt)