Stadt Landau in der Pfalz / Stadtbibliothek Landau
Christian Frick und Oliver Kugler: "Wie die Gondel nach Venedig kam"
Ausstellung im Rahmen der 20. Landauer Büchertage
08.10.04 bis 06.11.04
Christian Frick und Oliver Kugler
Christian Frick und Oliver Kugler: "Wie die Gondel nach Venedig kam" - Der Luftsegler

Eine fantastische Geschichte handelt von einem korfiotischen Fischer, der die Geheimnisse eines über Generationen vererbten "Traums vom Fliegen" Wirklichkeit werden lässt.
Die Auswertung historischer Forschungen und die der eigenen Recherchen führten zu unglaublichen Entdeckungen, von kryptoarchäologischen Fundstücken bis hin zur Rekonstruktion der Flugroute des "Luftseglers" nach Venedig. Ein "aeronautisches Abenteuer", erzählt in Bildern, Grafiken, Objekten und Schmuckstücken.


Erster Luftsegler lichtet den Anker - Von der Arbeit zweier Wahlpfälzer an einer Luftschiff-Rekonstruktion

Der Countdown zum "Take Off" läuft für die beiden Künstler nach eigenem Bekunden schon im Zeitraffer. "Es läuft alles nach Plan. Notfalls wird ein neuer Plan gemacht." Christian Frick, Maler und Grafiker und der Schmuckdesigner Oliver Kugler entschieden sich eher emotional für die Umsetzung ihrer eigenen Idee von einer epochalen Erfindung und suchen so das Abenteuer in Form von immer wieder auftretenden Problemen und Widerständen. In den meisten Fällen erging es ja den "wahren" Flug-Pionieren nicht anders. So sicherlich auch dem Luftschiffpionier Spiros Parabolidis (1728-?). Der, wie zahlreich zusammengetragene Zeitzeugnisse belegen, Mitte des 18. Jahrhunderts das Kunststück vollbrachte, mit einer eigenen Konstruktion von Korfu nach Venedig zu fliegen. Der legendäre Luftsegler war eine zweckmäßige, funktionelle Symbiose aus Segelschiff und Luftschiff, und war seiner Zeit weit voraus. Nicht zuletzt, weil man die berechtigte Annahme hegt, er sei sogar mit Wasserstoff befüllt gewesen und nicht nur mittels Wind und "heißer Luft" zum Fliegen gebracht worden...

Fantastisch! Bald war der Gedanke gefasst, dieses Luftgefährt, in Form einer Rekonstruktion im Maßstab 1:3 nachzubauen. Konnten sie anfänglich nur erahnen, welche Anstrengungen von Nöten sind, um dieses Projekt zu verwirklichen, wurde mit der Entscheidung, nur die recherchierten Original-Materialien zu verwenden, das Projekt noch weiter erschwert. Ebenso der von den Künstlern betriebene Aufwand, um mit detaillierten Beschreibungen oder mit historischen Andeutungen, nicht ohne Augenzwinkern, auch eine "wahre Geschichte" entstehen zu lassen. Dennoch kein vorschneller Entschluss, denn nur auf diese Art spürt man die Momente der Freude und eine Ahnung von Leid, all der Entdecker und Erfinder. Ein echtes Abenteuer und mit etwas Fantasie, wird man Zeuge der Geburt einer Legende.

Peter Welke


Besprechung von Gabriele Weingartner, Die Rheinpfalz vom 11.10.04

Fröhliche und fantasievolle (Kunst)Wissenschaft

Einige Kunstliebhaber erinnern sich vielleicht: In der Herxheimer Villa Wieser schlugen die beiden Künstler Christian Frick und Oliver Kugler mit ihrer Ausstellung "Schwebstoffe. Spuren gestresster Fossilien" zum ersten Mal zu. Jetzt aber, in ihrer neuen Schau in der Landauer Stadtbibliothek, haben sie ihre durch mancherlei Artefakte gegenständlich gewordene (Pseudo-)Wissenschaft zur absoluten Perfektion getrieben. "Wie die Gondel nach Venedig kam", nennen sie das vielfältige Gesamtkunstwerk, das aus Schmuckstücken von Oliver Kugler und Grafiken und Illustrationen von Christian Frick sowie aus Plastiken von beiden besteht. Und der Gipfelpunkt ist zweifellos ein seltsam längliches Luftgefährt mit einem gondelförmigen Korbgeflecht darunter, das der Bücherfreund oder auch der sich gezielt der Desinformation hingebende Besucher im Foyer der Bücherei, ganz oben unter der Decke, erspähen kann. Mit diesem Luftschiff, so geht die Legende, die die beiden Künstler sozusagen frei-flottierend in die Welt gesetzt haben, soll ein Fischer aus Korfu seine Heimat verlassen haben und ausgerechnet in der Serenissima gelandet sein. Mit welchen Folgen allerdings!

Venedig-Lieberhaber können leicht erraten, dass aus dem so typischen Gefährt just jene Gondel wurde, die noch heute dem Vernehmen nach nicht nur japanische, sondern auch deutsche Touristen durch die Kanäle fährt. Letztlich aber entstand das "Produktdesign" jedoch nicht nur in Venedig oder gar Korfu, so suggerieren es die beiden Schlitzohren ungeniert, sondern in der Pfalz. Welch ungeheure Koinzidenz hat sich da in der Kulturgeschichte ereignet. Genau darauf legen sie es freilich auch an: sie rechnen mit Betrachtern, die damit umgehen können, dass vorgegaukelte Realität häufig in höchst wissenschaftlichem Gewand daher kommt.

Unmut aber soll damit nicht erregt werden, sondern eher die Freude an Findigkeit, Fantasie und handwerklichem Können. So haben Frick und Kugler ihren "Ur-Zepp", einen imaginären Vorläufer des Zeppelin also, auch teilweise in Friedrichshafen, dort, wo dieser ursprünglich konstruiert wurde, bauen dürfen. Was eine Ehre ist.

Und beide besitzen zweifellos auch eine solide Ausbildung als Voraussetzung für ihr so ernsthaft betriebenes spielerisches Tun. Frick hat Grafik und Illustration studiert und Kugler ist gelernter Goldschmied, was seine witzigen, sehr avantgardistisch scheinenden Schmuckstücke, die ja gleichzeitig Fundstücke sein sollen, unschwer beweisen. Mindestens ebenso gelungen übrigens wie die Säule aus Gips, die in Landau steht - Neocolumn procausterectus nennt sich die und ist mit echtem Saharasand getauft - sind jedenfalls die Kohle-Zeichnungen, die von den Exkursionen eines gewissen Professor Schneyder erzählen und dessen "kryptoarchäologischen Nachforschungen". Ein bisschen sehen die so aus wie die Lagepläne, die Wissenschaftler - mangels Fotoapparat - früher machen mussten, wenn sie ihre historischen Schätze ausbuddelten.

Der Ausstellung ist jedenfalls zu wünschen, dass sie auf viele fantasievolle Besucher trifft, die den kauzigen Humor des jungen "Forscherteams" zu schätzen wissen. Da es sich in der Stadtbibliothek hauptsächlich um Leser handeln dürfte, ist die Wahrscheinlichkeit groß.




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Christian Frick und Oliver Kugler: "Wie die Gondel nach Venedig kam" - Der Luftsegler