Verein Feuerbachhaus Speyer / Museum Geburtshaus Anselm Feuerbach
Sieglinde Enders: "gesehen und festgehalten"
Malerei, Skulptur
17.09.09 bis 01.11.09

"Ich verfolge das Ziel, wie durch einen zusätzlichen Sinn, mit meiner Malerei die Welt wahrzunehmen und neu zu interpretieren. Darum wähle ich mir zum Gegenstand meines künstlerischen Schaffens etwas, das man durch die herkömmlichen fünf Sinne alleine nicht ausreichend erfassen und begreifen kann: ich befasse mich mit dem unerschöpflichen Thema Mensch."

Sieglinde Enders wurde 1941 in Neuwerbaß geboren und wohnt seit 1960 in Landau. Sie hat sich auf handwerkliche Weise der Malerei genähert und danach an der Universität Landau (Radierung bei Günther Berlejung und Porträt bei Prof. Werner Scheel) sowie an der Sommerakademie Salzburg bei den Professoren Shan Zuo Zhou und Da Huang Zhou (Zhou Brothers, Chicago und Peking) studiert. Studienreisen nach Südeuropa und Afrika haben deutliche Spuren in ihrem Werk hinterlassen.

Sieglinde Enders, seit 1991 im Gilderat der Südpfälzischen Kunstgilde tätig, wurde 1994 zur stellvertretenden Gildemeisterin gewählt. Seit 2006 hat sie die Funktion einer Gildemeisterin inne. Seit 1991 leitet die Künstlerin eine von ihr gegründete Aktmalgruppe, die von 1999 bis 2006 mit dem Institut für Kunstwissenschaft und Bildende Kunst der Universität Landau kooperierte. Sie ist Mitglied im BBK, dem Berufsverband Bildender Künstler in Rheinland-Pfalz. Seit 1981 präsentiert die Künstlerin ihre Werke in Einzelausstellungen und beteiligt sich an diversen Gemeinschaftsprojekten im In- und Ausland wie beispielsweise Berlin, Bonn, Kaiserslautern, Laboe, Landau-Pfalz, Mainz, München und Regensburg sowie in Toulouse, Bordeaux und Marseille (Frankreich), Hallein und Wien (Österreich) und Bled (Slowenien). Auf Einladung beteiligte sich Sieglinde Enders im Mai 2006 am "1. Art Champiomship, der ersten Internationalen Deutschen Meisterschaft im Fach Malerei" und belegte dabei den 3. Platz.


Einführung von Dr. Matthias Brück

Es ist längst eine traurige Wahrheit geworden, dass unsere Wahrnehmung, unsere Aneignung der Wahrnehmung, kaum noch Möglichkeiten zulässt, das Gesehene in seiner tatsächlichen Bedeutung zu erfassen. Zu schnell, zu unverbindlich rauscht Tag für Tag eine nur schwer zu kontrollierende Bilderschwemme an uns vorbei - natürlich mediengerecht aufbereitet. Da wundert es fast, wenn eine Künstlerin wie Sieglinde Enders sich diesem Sog des Unverbindlichen konsequent entzieht - und ihm ihr Motto "gesehen und festgehalten" entgegen zu setzen scheint! Dabei fertigt sie vor Ort nicht nur eine Vielzahl von Skizzen an, sondern setzt das Erfasste gleich ohne Zögern um; so als könne das Unmittelbare, das Authentische für immer verloren gehen. Das geht soweit, dass beim Aquarellieren im Englischen Garten schon einmal ein kühles Blondes das fehlende Wasser ersetzen muss!

Ob Mensch oder Landschaft, Sieglinde Enders versteht es, ihre Motive in einem konkreten Augenblick anzuhalten, ohne ihnen den lebendigen Ausdruck zu nehmen. Schon ihre pfälzischen Landschaften dokumentieren das mit wild-bewegten Strukturen, die weit entfernt bleiben von jeder Weinberg-Verniedlichung. Im Gegenteil: immer wieder sucht sie das Wesentliche in ihren Naturstücken, transformiert sie in eine andere, lebendige Vitalität und Wirklichkeit. Das gilt auch für die "Impressionen aus Venedig", die sich bei ihr nicht zur gewohnten pathetischen Hymne entwickeln. Also kein touristisches "Gondoli-Gondola", vielmehr eine fast stille, subtile Interpretation der bekannten Orte dieser quirligen Lagunenstadt.

Immer wieder nähert sich Sieglinde Enders in ihrem Schaffen dem Phänomen "Mensch". Sie reduziert ihn bzw. seinen Körper, lässt ihn gewissermaßen verschwinden oder suggeriert das Gegenteil: ein geheimnisvolles, schemenhaftes Auftauchen aus einem amorphen Hintergrund. Das zeigt sich gerade bei den Akten, die zwar nur selten zur individualisierten Form hin tendieren, aber dennoch den möglichen anonymen Charakter durch eine nur schwer zu definierende, innere Vitalität überwinden.

Da wechselt - je nach Ansatz - eine impulsiv-gestische Acrylmalerei mit dezent-zarter Skizzenhaftigkeit. Durch diese Weise des Interpretierens, die auf jedes platte Abpinseln und banale Vorzeigen des menschlichen Körpers als quasi Lustobjekt verzichtet, gelingt ein stetiges Annähern, ein Suchen nach dem Menschen mit Hilfe des Mediums "Körper". Auf eine dennoch spürbare erotische Dimension braucht man eigentlich nicht extra hinzuweisen.

Ebenso können die Flamenco-Tänzerin und die wilde Stierjagd in Pamplona nur die dynamische Gestaltungskraft auf andere Weise bestätigen, wenn sich Form und Bewegung in unterschiedlichster Weise bündeln. Eleganz und Chaos…

Wie sehr sich diese Künstlerin durch das Leid in der Welt und eine Hoffnung auf Transzendenz prägen lässt und stets beeindrucken ließ, dokumentieren die Arbeiten "Armut" oder "Auf der Flucht": leidvolle Momente einer Reise nach Namibia. Vielleicht könnte man dagegen das "Altarbild", den Gekreuzigten, als mögliche Chance auf Veränderung deuten, wenn der Mensch seine selbst verschuldete Unmündigkeit wie Immanuel Kant es zeitlos gefordert hat, endlich überwindet! Dem könnte wohl auch der selige Guiyuan-Mönch uneingeschränkt zustimmen. Und das in Ton gebrannte "Liebespaar" dürfte seine zärtliche Zugewandtheit noch unbeschwerter genießen.

"Die Dinge sind nie so, wie sie sind. Sie sind immer das, was man aus ihnen macht!" - Und ich denke, Sieglinde Enders ist in dieser Beziehung eine gelehrige Schülerin von Jean Anouilh.

Sie sehen, mit dieser Künstlerin können Sie sich auf eine spannende Entdeckungsreise in die Sphäre menschlicher Existenz begeben - und Sie dürfen, wenn Sie wollen das für Sie passende Exponat problemlos auswählen. Gewiss eine lustvollere Wahl als die am 27. September!




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