Stadt Ludwigshafen / Wilhelm-Hack-Museum
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Welten in der Schachtel: Mary Bauermeister und die experimentelle Kunst der 1960er Jahre
Objekt, Installation
02.10.10 bis 16.01.11
Mary Bauermeister
Porträt Mary Bauermeister, ca. 1964, Foto: Hans Namuth

30 bedeutende Hauptwerke Bauermeisters sind im Wilhelm-Hack-Museum zu sehen, sowohl Linsenkästen als auch wichtige Arbeiten aus dem malerischen Frühwerk. Ergänzt wird die Auswahl von 70 Werken bedeutender Zeitgenossen wie Heinz Mack, Adolf Luther, Joseph Beuys, Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Wolf Vostell, George Brecht, Ben Vautier und George Maciunas. Auch auf historische Dokumente aus der Kölner wie New Yorker Kunstszene der 1960er Jahre wird nicht verzichtet.

Inmitten einer von Männern dominierten Kunstszene stellt die 1934 in Frankfurt geborene Mary Bauermeister zu Beginn der 1960er Jahre eine Ausnahmeerscheinung dar. Nach ihrer Studienzeit an der Hochschule für Gestaltung in Ulm bei Max Bill und der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken bezog sie 1959 ein Atelier in der Kölner Lintgasse, wo sie zur Initiatorin einer Musik und Kunst zusammenführenden avantgardistischen Bewegung wurde, die unter dem Schlag-wort Fluxus das Jahrzehnt maßgeblich künstlerisch prägen sollte. Auf ihre Einladung hin veranstalteten Künstler wie John Cage, Nam June Paik, George Brecht und Ben Patterson Konzerte, Lesungen, Happenings und Ausstellungen.

1962, nach ihrer ersten Einzelausstellung im Amsterdamer Stedelijk Museum, siedelte sie nach New York über, wo sie mit ihren Linsenkästen den Durchbruch auf dem New Yorker Kunstmarkt feierte. Alle großen New Yorker Museen (MoMA, Whitney, Guggenheim, Brooklyn Museum) und das Hirshhorn Museum in Washington erwarben diese Werke.

Das Wilhelm-Hack-Museum zeigt die bedeutenden Linsenkästen aus den amerikanischen Museen zum ersten Mal in einer umfangreichen Zusammenschau und versucht eine Einordnung von Bauermeisters Oeuvre in den Kunstkontext der 1960er Jahre. Dafür bietet die Sammlung Heinz Beck, die 1988 in den Besitz des Museums kam, ideale Anknüpfungspunkte. Viele Künstler, mit denen Bauermeister während ihrer Zeit in Köln zu tun hatte und die sie später in New York wieder traf, sind mit Arbeiten in der Sammlung Heinz Beck vertreten und beleuchten so das Umfeld, in dem sich die Künstlerin bewegt hat.

Das Werk Mary Bauermeisters wird damit im Kontext der großen Strömungen der 1960er Jahre - Fluxus, Zero, Pop Art, Op Art, Nouveau Réalisme - gezeigt. Da sich die Präsentation auf die Linsenkästen Bauermeisters - ihr Alleinstellungsmerkmal - konzentriert, liegt die Frage nach der Box oder Schachtel als neues Bildmedium dieser Zeit nahe. Warum haben ausgerechnet in den 1960er Jahren so viele Künstler ihre Ideen in Boxen, Kästchen und Schachteln zum Ausdruck gebracht und welches Weltbild wollen sie damit vermitteln? Diese Frage lässt sich natürlich nicht ohne die Väter dieser Gattung - Marcel Duchamp in Europa und Joseph Cornell in Amerika - beantworten.
Mit ihren Linsenkästen greift Bauermeister einerseits eine Debatte auf, die in den 1960er Jahren intensiv von vielen Künstlern geführt wurde: Der sogenannte Ausstieg aus dem Bild, die Erweiterung der Darstellung in den Betrachterraum hinein. Andererseits gibt Bauermeister die Malerei nie ganz auf und lässt ihre Boxen durch das Anbringen großer bemalter Rahmen zwischen Bild und Objekt oszillieren.

Besonders innovativ ist auch die Gestaltungsweise des Inneren der Kästen: Die einzelnen Elemente (Kugeln, Lupen, Prismen, Zeichnungen etc.) werden auf hintereinander angeordneten Glasscheiben in einer Art "all-over" angeordnet. Es gibt keine Hierarchie innerhalb der Komposition mehr. Alle Elemente, alle Materialien stehen gleichberechtigt nebeneinander. Die Enthierarchisierung der Gestaltungselemente spiegelt auf der ästhetischen Ebene die politischen Bestrebungen der 1960er Jahre wider.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Kerber Verlag.

Das Ausstellungsprojekt wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.


Begleitprogramm


28.10.10 | 19.00 Uhr
Wolfgang Sautermeister: "Roaring Silence"
Performance. 30-köpfige Blaskapelle und ein Performer.
Eintritt: 10 EUR (inkl. Ausstellung)

31.10.10 und 12.12.10 | 14.00 bis 18.00 Uhr
Offenes Familienprogramm
Groß und Klein sind bei Kunst-Rallye, Führung und kreativem Arbeiten im Museumsatelier den Werken Mary Bauermeisters auf der Spur.
Familienkarte: 15 EUR

06.11.10 | 18.00 Uhr
Chronosphères
Konzert. Raum-Klang-Musik-Projekt mit dem JugendEnsembleNeueMusik Rheinland-Pfalz/Saar, gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes "Netzwerk Neue Musik", Spectrum Villa Musica.
Freier Eintritt.

18.11.10 | 18.00 bis 19.30 Uhr
Ein Abend für Singles
Dr. Kerstin Skrobanek und Theresia Kiefer, M.A. führen durch den Abend.
Eintritt: 10 EUR

25.11.10 und 02.12.10 | 18.00 Uhr
"Kunst - Kinder - Karriere: Mary Bauermeister zwischen Köln und New York 1964"
Sonderführung mit Dr. Kerstin Skrobanek, Kuratorin der Ausstellung
Kosten: 3 EUR

13.01.10 | 18.30 Uhr
Ben Patterson: "A few souvenirs from these last 49 years, 5 months and 28 days"
Performance
Eintritt: 10 EUR (inkl. Ausstellung)





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Mary Bauermeister
Porträt Mary Bauermeister, ca. 1964, Foto: Hans Namuth