Die Videoarbeiten, Fotografien und digitalen Collagen von Rebecca Ann Tess entstehen in einer intensiven Auseinandersetzung mit der Geschichte, welche sich in der Regel als Herrschaftsgeschichte präsentiert. Tess versteht Geschichte nicht als lineare Abfolge von Ereignissen, sondern als Aufforderung sie immer wieder neu zu verhandeln und dabei um- bzw. weiter zuschreiben. Eine wichtige Arbeit ist diesbezüglich die Trilogie bestehend aus den Videos Dad Dracula is Dead (2009), A Crime must be Committed (2010) und Home Time Show Time (2012). Die Reihe beschäftigt sich mit der europäischen und US-amerikanischen Film- und Fernsehgeschichte. Die Ausgangsfrage war, ob die Filmindustrie das Leben der Menschen kopiert oder umgekehrt die Zuschauer versuchen die filmischen Repräsentationen zu imitieren. Dabei interessiert nicht die Möglich- bzw. Unmöglichkeit des Authentischen, sondern vielmehr die Entstehung der Norm, welche wiederholt werden muss, damit sie es werden kann.
Ein wichtiger Bestandteil in Tess' Praxis hat das Sammeln und Archivieren von Fotografien, Videosequenzen und Textzitaten, welche mit Hilfe der Montage Teil neuer Arbeiten werden. Durch das Schichten mehrerer Ebenen, werden verschiedene Zeiten und Perspektiven miteinander konfrontiert. Die Beschäftigung mit Gesellschaftskonzepten und Lebensentwürfen ist dabei ein wiederkehrendes Thema. Im Video "Orchids" (2008) wird die persönliche Geschichte der Protagonistin mit Found Footage Bildern neu getaktet und gleichzeitig auf Allgemeingültigkeit hinterfragt. In einer Reihe von Arbeiten steht die normative Zuweisung von Geschlecht und Machtverhältnissen zur Verhandlung - zum Teil explizit wie in Arbeiten der "Missing Image"-Serie (2010) oder "Die Rivalin" (2009) - in anderen wird eine Unterwanderung der Heteronormativität subtil vorgenommen. Durch das Einbeziehen politischer Inhalte in die künstlerische Arbeit, wird der Versuch unternommen, Kontexte zu verschieben und neue Sichtweisen hervorzurufen.