Technische Universität Kaiserslautern / Array
Markus Gramer
Ausstellung und Lesung
26.10.10 bis 23.11.10
Markus Gramer
Markus Gramer: "o.T", Acryl auf Leinwand, 60 x 60 cm

Einführung von Dr. Minoti Paul

Biografisches

Der in Saarbrücken und Nürnberg lebende Maler und Grafiker Markus Gramer begann seine künstlerische Laufbahn 1983 mit einer Steinmetzlehre in Nürnberg. Es folgte das Studium der Malerei und Grafik an der École des Arts Décoratifs in Straßburg, das er 1992 mit dem Diplom in Lithographie und Radierung abschloss. Werke des freischaffenden Künstlers wurden u.a. vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg und dem Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft des Saarlandes angekauft. Darüber hinaus hatte er zahlreiche regionale und überregionale Ausstellungen, u.a. in München, Karlsruhe und Straßburg. In der Ehrenhalle des Rathauses Nürnberg im Jahr 2000 und in der Toskanischen Säulenhalle in Augsburg 2006 absolvierte er erfolgreiche Einzelausstellungen. Gramer stellte auch regelmäßig in verschiedenen Galerien des Saarlandes aus, zuletzt 2008 im Museum Haus Ludwig in Saarlouis.

Besonders hervorzuheben sind natürlich die Ausstellungen, die zusammen mit Lesungen der Gedichte von Johannes Kühn veranstaltet wurden, wie beispielsweise im Brechthaus in Augsburg. Eine solche Gelegenheit, die wortgewaltige Lyrik Johannes Kühns und die temperamentvolle Bildsprache Markus Gramers zu erleben, bietet sich uns heute wieder.


Die Gedichte von Johannes Kühn und die GRafiken Markus Gramers im Dialog

Aus dem grafischen Werk von Markus Gramer können Sie heute die Mappe mit Lithographien bewundern, aus der exemplarisch die "Sonnenblumen" gezeigt wird. Gramer stellte 12 Gedichte Kühns zu einer selbstgewählten Folge zusammen, die einen Zyklus von Jahres- und Tagesablauf bilden. Übergreifende Themen sowohl bei Kühn als auch bei Gramer sind die Natur und die Vergänglichkeit. Die wort- und bildgewaltige "Sprache" Kühns, die den Zuhörer einnimmt, setzt Gramer in seiner persönlichen Bildsprache und mit dem Mittel der Lithographie um: bereits im Entstehungsprozess spiegelt sich der handwerkliche Umgang mit dem Material Stein wider. Das Schleifen, Zeichnen, Ätzen und Drucken sind mit Bewegung und Dynamik verbundene Vorgänge, die im Bild anschaulich werden.
In der hier gezeigten Lithographie "Sonnenblumen" ist diese Bewegungsdynamik im Duktus der Zeichnung offensichtlich und wird durch Hell-Dunkelkontraste dramatisch gesteigert. Der herabstürzende Rabe als zentrale Figur bringt dabei eine "aggressiv wirkende Diagonalbewegung herein, die im breiten schwungvollen Bogen aufgehalten wird. Der Rabe ist gefangen in seiner Bewegung. Es existiert," wie Christof Trepesch im Katalog "Bildprozesse" aus dem Jahr 2001 formuliert, "eine gemeinsame Bildsprache von Johannes Kühn und Markus Gramer", die dieNaturgewalten und die Vergänglichkeit versinnbildlichen


Die Malerei - Natur- und Landschaften

Die Gemälde des Künstlers greifen die Themen Natur und Landschaft auf. Gramer gestaltet diese "Naturbilder" aus seiner persönlichen Sichtweise. Er setzt sich mit dem Wasser in seinen vielfältigen Zuständen (Meer, Fluß, Wasserfall), mit dem Himmel (Wolken, Sturm) und den damit verbundenen Lichterscheinungen auseinander. Die Architektur, meist in Form von Gerüsten, Türmen, brückenartigen Konstruktionen oder Toren, lässt der Künstler undefiniert. Sie erscheinen vielmehr als bloße Kulissenbauten. Damit tritt auch der Mensch, der diese Bauten schuf, in den Hintergrund. Die Bilder wirken oft wie nach einem gewaltigen Sturm: Der Himmel klärt sich auf; die Natur beruhigt sich; von den Bauten bleiben nur verfallende "Skelette" oder Ruinen übrig. Die Acrylgemälde sind im wahrsten Sinne des Wortes vielschichtig. Das betrifft die Arbeitsweise des vielschichtigen Auftragens und Wegkratzens, des Verwischens der Farbe. Dies drückt sich auch in dem schnellen, oft diagonal geführten Pinselduktus aus, der alle Ebenen des Bildes durchzieht.

In der Wahl der Farben spiegelt sich die Vielfalt wider. Intensive Rotbrauntöne, leuchtend ockerfarbene Erdtöne werden neben unterschiedlichste Hell- und Dunkelabstufungen von Blautönen gesetzt, die Wasser oder Himmel symbolisieren. Durch graurosa oder weiße Wolkenberge, durch leuchtendes Hellblau macht er das "Aufreißen" des Himmels nach einem Gewittersturm anschaulich Gewitterwolken überwölben eine italienisch oder antik anmutende Tempelarchitektur, die jedoch nie die Architektur erdrücken, sondern durch hellgelb leuchtende Farbflecke und einen lasierenden Farbauftrag einen zarten leichten Nebel ins Bild bringen; die Schwere wird aufgehoben.

Spannungsgeladene Bilder, Bewegung und Dynamik treten, wie schon in den Grafiken deutlich hervor. Man merkt dem Künstler den Willen zum Experimentieren an. Die Themen Natur, Wasser Himmel, die Farbschichten und Kombinationen, pastose und lasierende Flächen werden kombiniert, ausgereizt. Die Landschaften zeigen eine intensive Helligkeit, Leuchtkraft. Die unendliche Weite und Tiefe, die Gramer in seinen Bildern erarbeitet, reichen über die meist als Hochformate gestalteten Bilder hinaus, sprengen ihren Rahmen. Er versteht es, Kontraste der Farben, des Farbauftrags und Pinselduktus (pastos, lasierend), der Komposition und der Stimmungen ("Ruhe" und "Vulkanausbruch") zu vereinen. Das Schöne und das Beunruhigende sind in einem Bild immanent.

Dabei sieht Gramer vor Beginn des Malens keineswegs ein fertiges Bild vor Augen. Die Ideen und Inhalte entwickeln sich erst während des vielschichtigen Entstehungsprozesses. Dieser Prozess ist nie abgeschlossen; denn Gramer lässt seine Bilder bewußt unvollendet. Diese Aspekte werden auch für den Betrachter offensichtlich, dem Markus Gramer viel
Raum für Deutungsmöglichkeiten lässt.




[zurück]
Markus Gramer
Markus Gramer: "o.T", Acryl auf Leinwand, 60 x 60 cm