Kunstverein Villa Streccius Landau / Villa Streccius Landau
aa_no_sponsor
"Hautsache Kunst"
Künstlersonderbund und Gäste
10.12.11 bis 22.01.12
Kunstverein Landau
Dietmar Gross: "Vogelfrau", 2009, Öl auf Leinwand, 110 x 130 cm

22.01.12 | 15.00 Uhr | Finissage
Dr. Barbara Clemens, Kuratorin der aktuellen Ausstellung führt durch die erfolgreiche Haut-Schau
Haut ist in unserem Leben allgegenwärtig. Sie bestimmt das ästhetische Erscheinungsbild des Menschen. Daher begegnen wir unserem größten Organ selbstverständlich auch als einem herausragenden Motiv in den bildenden Künsten. Die Kunsthistorikerin Dr. Barbara Clemens gibt uns zur Finissage am Beispiel von elf zeitgenössischen künstlerischen Positionen Einblicke in eines der großen Themen der abendländischen Kunstgeschichte. Alle interessierten Kunstfreunde sind herzlich eingeladen.


Zur Ausstellung

Mitglieder des Künstlersonderbundes - Dietmar Gross, Johannes Grützke, Karoline Koeppel, Ingo Lehnhof, Eberhard Linke, Lars Möller, Nänzi, Christine Reinckens, Philipp H. Steiner sowie die Gäste Horst Egon Kalinowski und Anja Luithle - geben faszinierende Einblicke in ihren jeweils sehr persönlich geprägten, nuancenreichen Umgang mit Körper-Haut-Materie.


Die Wiedergabe von Haut als "Leibfarbe" oder "Fleischfarbe" gehört zu den großen und faszinierenden Aufgaben in der abendländischen Kunstgeschichte. In alten Malereitraktaten lesen wir von Rezepturen, die angeben, auf welche Art und Weise die Körperoberfläche von Frauen, Männern und auch Toten zu gestalten sind. Die Darstellung von Haut galt als so bedeutend, dass sie auch bei Werkstattarbeiten stets vom Meister eigenhändig ausgeführt wurde.

Das Ausstellungsprojekt Hautsache Kunst - Künstlersonderbund und Gäste im Kunstverein Villa Streccius präsentiert am Beispiel des faszinierenden Themas Haut-Kunst elf spannende künstlerische Positionen. In Hautsache Kunst liegt das zentrale Augenmerk direkt auf der Haut. Die Darstellung von Haut ist bei Akt, mehrfigurigem Bild oder Portrait von entscheidender Bedeutung, denn die individuelle künstlerische Körperauffassung ist unmittelbar gekoppelt mit der Wiedergabe der Körperoberfläche. Und hieraus ergibt sich die spannende Frage: Wie gestalten heutige KünstlerInnen diese große Aufgabe in ihrer eigenen und unverwechselbaren Bildsprache?
In seiner Winterausstellung zeigt der Kunstvereins Villa Streccius e.V. an ausgewählten Beispielen von Mitgliedern des Künstlersonderbundes eine aufregende Vielfalt an Möglichkeiten zeitgenössischer Haut-Kunst. Die aktuelle Hautmalerei ist vertreten durch Bilder von Menschen verschiedenen Alters, männliche und weibliche Akte, figürliche Szenen sowie die Wiedergabe eines Leichnams. Körperoberfläche wie Körperhaltung sind hierbei voller ästhetisch-optischer, wie inhaltlicher Informationen. Wir erleben subtile Feinmalerei sowie ausdrucksstark-freie Farbsetzungen.

Bilder von nackter, mit Photoshop geschönter Haut überfluten uns heute in Werbung und Medien. Hingegen gibt uns Hautsache Kunst Anregung für einen neuen und sensiblen Blick auf unser größtes abgrenzend uns schützendes und zugleich so schmerzempfindliches Körperorgan. Der Malerei werden dabei dreidimensionale Arbeiten aus dem Bereich des Plastischen sowie der Objektkunst gegenübergestellt. Einen ganz eigenen Haut-Zugang hat der international renommierte Künstler Horst Egon Kalinowski. Er wurde als Gast die Villa Streccius eingeladen. Kalinowskis Hautbezug ist sehr konkret: In seinen Stelen, Wand- und Bodenarbeiten verwendet er Leder als greifbar-sinnliches Arbeitsmaterial, das Aussehen und Wirkung seiner Kunstwerke ganz wesentlich bestimmt. Anja Luithle, ebenfalls Gast des Kunstvereins Landau, zeigt kinetische Objekte, in denen sie das Thema "Haut" aus weiblicher Sicht geistreich-ironisch kommentiert.

Dr. Barbara Clemens

Wir danken der Galerie Tilo Ruppert in Landau in der Pfalz (Horst Egon Kalinowski) sowie der Galerie KK Klaus Kiefer in Essen (Johannes Grützke) für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.

Der Künstlersonderbund

Der Künstlersonderbund bezieht in der heutigen globalisierten Kunstwelt eine eigenständige Position: In unserer Welt der Bilderflut ist Realismus für die Mitglieder ein zentrales Kennzeichen der "Ehrfurcht vor dem Lebendigen, der erfahrbaren Wirklichkeit". Von Berlin ausgehend, möchte man in Ausstellungen und Diskussionsforen den Dialog über die Aktualität und Vielfalt von aktuellen realistischen Positionen in Malerei und Plastik im gesamten Bundesgebiet intensivieren.


Begleitprogramm


15.12.11 | 19.30 Uhr
Hautfarben
Lesung mit Dr. Sieglinde Eberhart

18.12.11 | 11.00 Uhr
Führung
Mit Dr. Barbara Clemens

08.01.12 | 11.00 Uhr | Landauer Matinee
Das Material Farbe und seine Bedeutung für die Kunst
Vortrag von Wolfgang Blanke

22.01.12 | 15.00 Uhr
Finissage
Führung mit Dr. Barbara Clemens: "Hautkunst"


Beteiligte Mitglieder des Künstlersonderbundes - Malerei

Dietmar Gross (Dienheim), 1957 Bexbach, Studium der Bildenden Kunst an der Universität Mainz, Freischaffender Maler, 1983 Förderstipendium für Malerei und Zeichnung der Universität Mainz,1984 Kahnweiler-Preis für Malerei, 1985 Stipendium Künstlerbahnhof Ebernburg,1986 Erster Preis der Landeskunstausstellung Rheinland-Pfalz, 1987 Kunstpreis der Stadt Neunkirchen, 2002-2004 Lehrauftrag für künstlerische Grafik an der Fachhochschule Wiesbaden, 2004 / 05 Gastprofessur an der Fachhochschule für Gestaltung, Mainz, 2006 Gründung der Sommerakademie für Bildende Kunst in Oppenheim.

Dietmar Gross malt Hybrid-Menschen, d.h. Mischwesen aus Tier und Mensch, wobei er mittels Tiefenschichten die Farbhaut zum Leuchten bringt.

Johannes Grützke (Berlin, Paris), 1937 Berlin, Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin bei Hans Orlowski und Peter Janssen, 1973 Mitbegründer der Schule der neuen Prächtigkeit, langjährige Zusammenarbeit mit Peter Zadek am Schauspielhaus Hamburg, 1976 / 77 Gastdozent an der Kunsthochschule in Hamburg, 1990 Gründungsmitglied des Künstlersonderbundes. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen.

Zu seinen bekanntesten Arbeiten gehört das große Wandbild in der Paulskirche in Frankfurt, Main.Johannes Grützkes bildlichen Inszenierungen sind oft ironisch überzeichnet, die Menschendarstellungen ungeschönt und gleichwohl außerordentlich treffend, der Kopf zerdehnt, Nasen und Ohren in der Größe verfremdet.

Karoline Koeppel (Berlin), 1962 Berlin, 1981 bis 1988 Studium Hochschule der Künste Berlin bei Klaus Fußmann, 1985 Studium an der Escuela Nacional de Belles Artes in Peru bei Quadros, 1989 bis 1990 Studium an der Gesamthochschule Kassel bei Martin Bluth, 1990 Meisterschülerin an der Hochschule der Künste in Berlin, 2006 Benninghauspreis des Vereins Berliner Künstler.

Die sensitive Menschenmalerin wählt ihre Motive aus der aktuellen Wirklichkeit, indem sie aus einzelnen realen Elementen fiktive Situationen zusammenbaut.

Ingo Lehnhof (Braunschweig), 1960 Hannover, Studium an der Hochschule der Bildenden Künste in Braunschweig bei Peter Sorge, M.M. Munsky und Peter Voigt, 1996 Mitglied im BBK Braunschweig, 2000 Mitglied Illustratoren Organisation, 2007 Förder-Stipendium des Freundeskreises Bildender Künstler in Braunschweig.

Ingo Lehnhof malt den nackten Menschen in schonungsloser Offenheit, wobei er die Grenzen des figürlich Darstellbaren erreicht. Meisterlich ist dabei sein Umgang mit Licht und Schatten, Farbe und Strukturen des Körperlichen.

Lars Möller (Hamburg), 1968 Hamburg, 1992 bis 1997 Studium von Malerei und Design FH Hamburg bei E. Göttlicher, seit 1997 freischaffend,1998 Mitglied Künstlergruppe Norddeutsche Realisten, 2009 Lehrbeauftragter für Farbe und Form an der HAW.

Seine in ungewöhnlichen Perspektiven wiedergegebenen Akte sind von eindringlicher Suggestivität und Hintergründigkeit. In subtiler Farbigkeit malt er weibliche und männliche Körper und ist einer der seltenen Künstler, die sich auch der Darstellung von nackten Babys zuwenden.

Christine Reinckens (Kassel), 1962 Hannover, 1982 bis 1990 Studium an der Kunsthochschule Kassel, 1994 Deutscher Kunstpreis der Volks-und Raiffeisenbanken, 2002 bis 2004 Lehrauftrag für Zeichnen an der Kunsthochschule Kassel, 2007 Wilke-Atelierstipendium, 2009 UPK Kunstforum Kunstpreis.

Für die einfühlsame Malerin ist Aktdarstellung weit mehr als die Abwesenheit der Kleidung. In ihren Portraits, Akten und figürlichen Kompositionen gestaltet sie Haut nicht nur als Körperoberfläche, sondern sucht die darunter verborgenen Wesenheiten zu ergründen.  

Philipp H. Steiner (Mainz), 1953 Ludwigshafen, 1974 bis 1981 Studium an der Akademie der Bildenden Künste Universität Mainz, Begabtenstipendium im Fach Zeichnen, Mitglied im BBK Rheinland-Pfalz, 2002 Mitglied der Münchner Sezession, 2005 Preis für Malerei Lions Club München.

Philipp H. Steiner geht es in seinen Menschendarstellungen weniger um sichtbare Wirklichkeiten, sondern vielmehr um Momentaufnahmen, die einen großen Spielraum an Assoziationsmöglichkeiten bieten.

Beteiligte Mitglieder des Künstlersonderbund - Dreidimensionale Arbeiten

Nänzi (Berlin), 1962 Boxberg an der Umpfer, 1990 bibs 1996 Studium an der Hochschule der Künste in Berlin, Meisterschülerin bei Joachim Schmettau, 1999 bis 2000 Bühnenbild und Kostümassistenz Theater Saalbau, Berlin Neukölln, 2001 Deutsch - Russisches Bildhauersymposium St. Petersburg, 2005 Stipendium Notgemeinschaft
Bildender Kunst, 2007 Kunstpreis und Publikumspreis Schwarzenberg, Erzgebirge.

In ihren eigenwilligen,farbigen Plastiken formt Nänzi dezidiert weibliche Körper und betont ihr spezifisch weibliches Formgefühl für den Frauenkörper.

Eberhard Linke (Flonheim und Saulheim), 1937 Lauban (Schlesien), 1959 bis 1964 Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Otto Baum, 1965 bis 1972 Wissenschaftlicher Angestellter TU Braunschweig, 1972 Dozent und 1974 bis 2002 Professor an der Fachhochschule Mainz, Mitglied in der Darmstädter Sezession, Vorsitzender der Pfälzischen Sezession, Kunstpreis der Südlichen Weinstraße, Staatspreis für Kunst und Architektur Rheinland - Pfalz, Sickingen - Preis des Kreises Kaiserslautern.

Eberhard Linke gestaltet Männer- und Frauenfiguren von elementarer Kraft und plastischer Präsenz. Ihre schrundig aufgebrochenen oder auch fein bearbeiteten Körperoberflächen berühren unmittelbar unsere taktilen Sensorien. Ihre Formen sind teils offen und zerbrechlich oder kompakt - geschlossen, von großer Ruhe oder auch kräftiger Bewegtheit

Gäste - Objektkunst und installative Arbeiten

Horst Egon Kalinowski (Düsseldorf, Paris), 1924 Düsseldorf, 1945 bis 1948 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf, 1950 bis 1952 Studium an der Académie de la Grande Chaumiere bei Jean Dewasne, 1972 bis 1989 Professor an der Kunstakademie Karlsruhe, 1962 bis 1992 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, 1983 Ehrengast Villa Massimo, Rom, 2011 Kunstpreis der Künstler, Düsseldorf, International vertreten in zahlreichen Museen und Ausstellungen.

Horst Egon Kalinowski arbeitet als Objektkünstler und Grafiker. Er gestaltet mit Leder - d.h. Tierhaut - bespannte Holzkonstruktionen, Stelen und Reliefs, wobei er die Strukturen und spezifischen Eigenheiten des Materials in den Vordergrund stellt. Leder ist sein elementarer künstlerischer Werkstoff, den er immer wieder in neuen und überraschenden Kombinationen einsetzt.

Anja Luithle (Wendlingen), 1968 Offenbach, Main, 1988 bis 1995 Studium an der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart bei Dieter Groß, Sotirios Michou und Joseph Kosuth, 1990 Gaststudium in Barcelona an der Facultad des Bellas Artes bei Pijuan, 1993 Preis der Kunstakademie Stuttgart, Otto-Rombach-Preis von Bietigheim-Bissingen, 1996 DAAD Stipendium Wien, 2010 Atelierstipendium der Stadt Nürtingen.

Anja Luithle baut ihre kinetischen Objekte und Installationen voller Ironie und Sinnlichkeit. Die zweite Haut dient dabei als körperadäquate Metapher des Frauseins. Die Künstlerin gestaltet "Portraits typischer Figuren" mittels bekleidender Hüllen, die teils aus kostbar schimmernden Stoffen gefertigt sind.

Dr. Barbara Clemens



[zurück]
Kunstverein Landau
Dietmar Gross: "Vogelfrau", 2009, Öl auf Leinwand, 110 x 130 cm
Kunstverein Landau
Johannes Grützke: "Selbst mit entblößtem Oberkörper", 2001, Öl auf Leinwand, 100 x 100 cm. Courtesy Galerie KK Klaus Kiefer, Essen
Kunstverein Landau
Horst Egon Kalinowsky: "Les collines vierges (Jungfrauenhügel)", 1980, WVZ 941, Caisson, Holz, Leder, dunkel- bis hellgrün und gepolstert, Farbspuren, 62 x 82 x 12/36 cm. Courtesy Galerie Tilo Ruppert, Landau in der Pfalz
Kunstverein Landau
Karoline Koeppel: "Gepflastert", 2011, Öl auf Leinwand, 70 x80 cm
Kunstverein Landau
Ingo Lehnhof: "Erscheinung", 2011, Öl auf Leinwand, 40 x 50 cm
Kunstverein Landau
Eberhard Linke: "Der Eingriff", 1974, Terrakotta, I / Max. V, 23 x 73 x 35 cm
Kunstverein Landau
Anja Luithle: "neck and crop", 2011, Material: GFK, Watte, Changeantsamt, Fuchsstola, Stahl, Motor, 165 x 70 cm. VG Bild Anja Luithle
Kunstverein Landau
Lars Möller: "Toni 2", 2008, Öl auf Leinwand, 30 x 30 cm
Kunstverein Landau
Nänzi: "Odaliske", 2004/2010, Alabastergips, 60 x 40 x 30 cm
Kunstverein Landau
Christine Reinckens: "Rosis Ring", 2007, Acryl auf Holz, 80 x 120 cm
Kunstverein Landau
Philipp H. Steiner: "Ein Schneiderlein", 2011, Öl auf Leinwand/Holz, 50 x 50 cm