Stadt Ludwigshafen / Wilhelm-Hack-Museum
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"I love ALDI"
Die Ausstellung
26.11.11 bis 04.03.12
Wilhelm Hack Museum
I love Aldi - Die Ausstellung Foto: WHM

Finissage am 04.03.12 von 14.00 bis 20.00 Uhr

14.00 Uhr | 15.00 Uhr
Öffentliche Führungen

16.00 Uhr
Verkauf direkt aus der Ausstellung
Werke von Sebastian Freytag, Hötsch Höhle, Alice Musiol und Konstantin Voit direkt aus der Ausstellung verkauft

14.00 bis 18.00 Uhr
WHM-Factory
WHM-Factory für Kinder und Erwachsene

18.00 Uhr 
Musik
Rudi Maier alias MC Orgelmüller gibt Firmenhymnen zum Besten.

Kurator: Reinhard Spieler mit Judith Elisabeth Weiss, Miriam Oesterreich und Kerstin Skrobanek

Das Ludwigshafener Wilhelm-Hack-Museum greift eines der aktuellen gesellschaftspolitischen Themen unserer Zeit in einer großen Ausstellung auf: "I love ALDI" beschäftigt sich mit Fragen der industriellen Lebensmittelproduktion, der Billigware und des postmodernen Konsumverhaltens und seinen Folgen quer durch alle Bevölkerungsgruppen. "Discount" und "billig" als Schlagworte der "aldisierten" Gesellschaft werden umfassend beleuchtet. 38 Künstlerinnen und Künstler präsentieren dazu ihre Positionen in fünf Kapiteln: Verpackung, Konsum, Inhalt, Kunst und Gesellschaft.
Im Begleitprogramm zur Ausstellung befassen sich unter anderem drei hochkarätig besetzte Podiumsgespräche mit der Thematik der Ausstellung.

Ergänzt wird die Schau im Wilhelm-Hack-Museum durch Kunstwerke im öffentlichen Raum: Sebastian Freytag tapeziert den leerstehenden Kaufhof in der Bismarckstraße mit einem konstruktivistischen Motiv in Variation des Gemäldes "Klostergarten Expl.III" von Günter Fruhtrunk. In der WHM factory kann jede Besucherin und jeder Besucher für 15 Minuten selbst Künstlerin oder Künstler sein. Ein Atelier in der Ausstellung steht Schulen, Kindergärten und Besuchern offen für Workshops und anschließende Ausstellung der produzierten Werke.

Die Ausstellung wird am Freitag, 25.11.11, 19.00 Uhr eröffnet. Bereits um 18.00 Uhr Uhr startet im Rathaus-Center eine von Stephanie Senge initiierte Kunstdemonstration, die zum Wilhelm-Hack-Museum führt.


Das Prinzip ALDI

Das Prinzip ALDI ist eines der erfolgreichsten Geschäftsmodelle in Deutschland. "Hohe Qualität, niedriger Preis" lautet das Versprechen. Eingelöst werden kann es nur über ein konsequentes Verfolgen des Discount-Prinzips: Masse beziehungsweise Menge (im Ein- und Verkauf) gilt als oberstes Gebot; danach ist das wichtigste Prinzip Verzicht: Verzicht auf Zwischenhändler, auf aufwendige Markenwerbung, auf schillernde Wareninszenierungen, auf großes Sortiment.

Besonders im Bereich der Lebensmittelproduktion wird die Ambivalenz dieses Vorgehens offenbar. Einerseits werden für niedrige Einkommensgruppen Produkte zugänglich, die zuvor unerreichbar waren und damit auch Qualitätsstandards neu gesetzt - auch im Billigpreissegment kann Qualität erwartet werden. Andererseits werden die Produzenten im Preis gedrückt, was sich wiederum doch negativ auf die Qualität der Produktion auswirken kann und zudem Folgen im Sinne einer Industrialisierung der Lebensmittelproduktion mit ihren Negativaspekten Massentierhaltung, (Lebensmittel) Chemie bis hin zu Bio- und Gentechnologie haben kann.
Längst ist das Phänomen ALDI ein gesellschaftliches Thema geworden. Es geht dabei nicht um die Marke ALDI, sondern um das System, das in dieser Marke Kultstatus erreicht hat. Nicht nur in einer Arbeiterstadt wie Ludwigshafen steht für einen großen Bevölkerungsanteil das Prinzip "billig" an oberster Stelle. Als Gegenmodell zum Luxus-Markenfetischismus hat die "Aldisierung" alle Einkommens- und Bildungsschichten erreicht und mit dem Billig-Virus infiziert.

Knapp zehn Jahre nach der großen "Shopping"-Ausstellung in der Frankfurter Schirn-Kunsthalle widmet sich das Ludwigshafener Wilhelm-Hack-Museum nun erstmals konsequent dem Thema "Discount" und "billig". Das Thema ist nicht nur in der Stadt omnipräsent, sondern findet sich auch vielfach im Konvolut der "Pop-Sammlung Beck" im WHM mit ihren Fluxus- und Pop Art Objekten, in denen sich die Ebenen von Alltags, Waren- und Kunstwelt vielfach vermischen.

Unter dem Titel "I love ALDI" reflektieren 38 Künstlerinnen und Künstler teils unmittelbar, teils im weiteren Sinne Aspekte der industriellen Lebensmittelproduktion, der Billigware und des postmodernen Konsumverhaltens. Es geht dabei ebenso um inhaltliche wie auch um ästhetische Fragen. In fünf Kapiteln entfaltet sich ein Ausstellungs-Parcours, der zum Teil kritisch, zum Teil aber auch humorvoll und ohne moralisierende Tendenz durch verschiedene Aspekte des Themenkreises führt.

Verpackung
Das System "Discount" tritt nach außen durch eine spezifische Ästhetik in Erscheinung, die sich in der uniformen scheunenartigen Architektur der Filialen ebenso manifestiert wie in der schnörkellos-simplen Warenpräsentation, dem Verpackungsdesign der Billigware und nicht zuletzt auch im Marken-Logo, das bei ALDI, Lidl, Penny oder auch bei Ikea aus dem Formenvokabular der konkreten Kunst aus den 70er Jahren stammt. Die berühmte ALDI-Nord-Tüte, die bis heute produziert wird, entwarf Günter Fruhtrunk 1970; Torben Giehler, Joachim Grommek und Sebastian Freytag beziehen sich auf diese Bildsprache,
Konstantin Voit und Guido Münch arbeiten mit Marken-Logos. Angelika Schröder, Ina Weber und Gabriele Langendorf machen die Architektur der Discounter zum Thema, Tatjana Doll und Stefanie Schneider die Einkaufswagen.

Inhalt
Das Kapitel "Inhalt" konzentriert sich weitgehend auf die Auseinandersetzung mit dem Angebot, dem Konsum und der Produktion von Lebensmitteln als Massenware – ein für uns alle existenzielles Thema, das immer mehr in den Fokus gerät und heftige Debatten hervorruft.

Thomas Rentmeisters Wurst-Skulptur wie auch seine Zucker-Installation zeugen von der Überflussgesellschaft ebenso wie von absurden Konservierungsmöglichkeiten. Francisco Sierra thematisiert die Schattenseiten der Massentierhaltung und der Fleischproduktion, Piero Steinle hat erschütternde Eindrücke in Tierkörperbeseitigungsanstalten gesammelt. Alice Musiols uniforme Häusersiedlung aus Toastbroten ist eine industrielle Ernährungswüste ohne jeden Nährwert. Die Nahrungsmittel-Grundsortimente von Discountern werden in Florian Slotawas Vergleich ununterscheidbar.

Konsum
Der Welt der Waren steht der Käufer mit seinem Konsumverhalten und Einkaufsritualen gegenüber. Der Video-Klassiker von Christian Jankowski zeigt, wie elementar und archaisch Einkaufen ist - als Jagd mit Pfeil und Bogen im Supermarkt. Hysterie im Schnäppchenmarkt ist das Thema von Gardar Eide Einarsson. Heinrich Gartentor betätigt sich vor idyllischer Heidi-Kulisse als Konsum-Terrorist und mischt ALDI-Artikel zu Explosivkörpern. Markus Vater lässt Kunden mit dem Leben bezahlen, Pietro Sanguineti beschwört in seinen Schriftzügen Versprechen und Bedrohungen der schönen neuen Warenwelt. Die fast religiöse Dimension der Warenverehrung thematisieren Iskender Yediler in seinem Al-diLidlPlus-Kreuz und Stephanie Senge in ihren "Konsum-Thangkas".

Kunst
Discountware ist eigentlich genau das Gegenteil der auf elitäre Verknappung zielenden Kunst. Kunst als Massenware, Massenware als Kunst erscheint als Widerspruch. Eine Reihe von Künstlern nähert sich dieser Festlegung in subversiver Manier. Katinka Pilscheur kreiert monochrome Malerei aus dem ALDI-Nagellack-Sortiment, Hötsch Höhle malt Bilder im Dutzendpack zum Billigtarif, Baumann/Bien bieten einen Kunstautomaten an, aus dem man sich Kunstwerke wie Zigaretten ziehen kann, Stephanie Senge veredelt ALDI-Produkte in einer Performance zu Kunstwerken, Jani Leinonen entdeckt den (künstlerisch-poetischen) Mehrwert der Waren in der Kombination ihrer Markennamen. Auch ALDI selbst hat die Grenzen von Kunst und Massenware mit mehreren ALDI-Kunsteditionen gesprengt, die in einer Auflage von je 10.000 vertrieben wurden. Schließlich wurden selbst Einkaufstüten als Kunstmedium entdeckt. 1982 zeigte Elke Koska im Düsseldorfer Kunstverein eine legendäre "Plastiktüten-Show", die im Rahmen der Ausstellung präsentiert wird.

Gesellschaft
Gesellschaftliche und gesellschaftskritische Aspekte des Discountsystems thematisieren unter anderem Arbeiten von Joseph Beuys und von Felix Droese, Lili Fischer zeigt ihr "Hungertuch". Thomas Henke entwirft ein reziprokes Video-Portrait von einem Discounter-Vorstandsvorsitzenden und einer Filialleiterin. Stephanie Senge organisiert eine Konsum-Demonstration, deren Spruchbänder als Bilder im Museum präsentiert werden. Das Künstlerduo M M ruft in einem Fiat Seicento zum ALDI-Streik auf, Alexander Kosolapov und Jani Leinonen vermischten in ihren Lenin-Portraits Kommunismus und Kapitalismus.

Künstler-Liste
Peter Anton, Winfried Baumann/Anna Bien, Günther Beier, Joseph Beuys, Tatjana Doll, Felix Droese, Gardar Eide Einarsson, Robert Filiou, Lili Fischer, Sebastian Freytag, Günther Fruhtrunk, Heinrich Gartentor, Torben Giehler, Joachim Grommek, Thomas Henke, Hötsch Höhle, Christian Jankowski, Gabriele Langendorf, Jani Leinonen, Alexander Kosolapov, M M, Guido Münch, Alice Musiol, Birgit Nadrau, Katinka Pilscheur, Thomas Rentmeister, Pietro Sanguineti, Stefanie Schneider, Angelika Schröder, Stephanie Senge, Francisco Sierra, Daniel Spoerri, Florian Slotawa, Piero Steinle, Markus Vater, Konstantin Voit, Ina Weber, Iskender Yediler.

Katalog
Zur Ausstellung erscheint ein besonderer Katalog - vier Broschüren verpackt in einem Wellpappe-Karton - im Walther König Verlag Köln mit Texten von Reinhard Spieler, Judith Elisabeth Weiss, Karen Duve, Wolfgang Ullrich, Bernhard Dücker, Miriam Oesterreich und Mona Mahall. Textauszüge von Klassikern wie Karl Marx, Max Weber, Sigmund Freud, Guy Debord, Erich Fromm und anderen geben Einblick in die theoretische Auseinandersetzung mit der Thematik, die Firmenphilosophien von ALDI, Lidl und anderen ergänzen den Band.


Begleitprogramm

26.11.11 | 14.00 Uhr
Konsumperformance
Mit Stephanie Senge: Bringen Sie ein ALDI-Produkt mit - die Künstlerin verwandelt es in ein Kunstwerk (gratis!)

26.11.11 | 16.30 Uhr
Podiumsgespräch 1: "Billig und/oder gut? Ernährung im Zeichen von Discount"
Mit Sarah Wiener, Köchin für nachhaltigen Genuss, Stefan Kreutzberger, Journalist und Buchautor ("Die Essensvernichter - warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet"), Prof. Thomas Rentmeister, Künstler und Prof. Dr. Alois Wierlacher (Kulinaristik-Forum Rhein-Neckar e.V.)

27.11.11 | 04.12.11 | 18.12.11 | 15.101.12 | jeweils 15.30 Uhr
"Hötsch Höhle malt!"
Der Künstler malt für Sie im Akkord: je Bild 20 EUR!

29.11.11 | 16.00 Uhr
Teacher's Night: "Discount-Ästhetik, Konsum und Ernährung"
Führung für Lehrkräfte. Eintritt frei, Anmeldung und Infos unter: www.wilhelmhack.museum/kunstvermittlung

15.12.11 | 19.01.12 | jeweils 18.00 bis 21.00 Uhr
Art after work - Müll? Kunst!
Gestalten Sie Ihre eigene Gold-Edition! mit Iris Wunderlich, Kosten 20 EUR, Anmeldung: hackmuseum@ludwigshafen.de, Tel: 0 621 / 50 43 045

29.12.11 | 02.02.12 | jeweils 18.30 Uhr
"Discount meets Haute Cuisine - Billig oder edel?"
Kosten Sie mit verbundenen Augen! Eine Kooperation mit dem Restaurant
Salamander zum Schnäppchenpreis von 15 EUR, Anmeldung:
hackmuseum@ludwigshafen.de, Tel: 0 621 / 50 43 045

05.01.12 | 18.30 Uhr
Ein Abend für Singels: "Kunst im Alleingang oder Family-Pack im Discountmarkt?"
Führung und Get-Together nach Büroschluss mit Miriam Oesterreich, M.A. und Theresia Kiefer M.A., Eintritt: 7,50 EUR (inklusive ein Glas Sekt), Anmeldung: hackmuseum@ludwigshafen.de, Tel: 0 621 / 50 43 045

08.01.12 | 11.00 bis 18.00 Uhr
Familiensonntag
Konzert, Theater, Offenes Atelier, Kinderführung. Eine für Alle und Alles: Familienkarte nur 15 EUR, Anmeldung: hackmuseum@ludwigshafen.de, Tel: 0 621 / 50 43 045

12.01.12 | 19.00 Uhr
Podiumsgespräch 2: "Wie sieht billig aus? Ästhetische Fragen an das Discount-Prinzip"
mit Prof. Wolfgang Ullrich, Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie (Staatliche HfG Karlsruhe), Prof. Christian Janecke, Professor für Kunstgeschichte (HfG Offenbach) und Prof. Mona Mahall, Professorin für Medien- und Kommunikationsdesign (Universität Stuttgart und Illinois Institute of Technology Chicago)

16.02.12 | 15.00 Uhr 
Kunstgenuss am Nachmittag: Gesprächskreis für Kunstinteressierte
Das Wilhelm-Hack-Museum zum Gesprächskreis "Kunstgenuss am Nachmittag" mit der Kunsthistorikerin Dr. Ulrike Hauser-Suida ein. Im Fokus des Kunstdialogs stehen vor allem Installationen, die speziell für die Ausstellung "I love ALDI" entstanden sind wie Alice Musiols "Toastbrothäuser-Siedlung" oder der "Fleischberg" von Thomas Rentmeister. Der Gesprächskreis klingt in entspannter Atmosphäre bei Kaffee und Kuchen aus. Die Teilnahmekosten betragen 10 EUR inklusive Eintritt, Kaffee und Kuchen. Anmeldungen werden unter Tel: 0 621 / 50 43 045 entgegengenommen.

16.02.12  | 19.00 Uhr
Podiumsgespräch 3: "Essen als Kommunikation"
Gespräch mit den Vorständen des Kulinaristik-Forums Rhein-Neckar e.V.
Die Kulinaristik ist ein Fächer und Branchen übergreifendes Netzwerk der wechselseitigen Aufklärung von Wissenschaft und Praxis. Der Name, abgeleitet vom lateinischen Wort culina, die Küche, spiegelt die kulturelle Bedeutung der Ernährung, des Essens, der Gastlichkeit und des Redens im Zusammenleben der Menschen wieder. Organisiert ist das Netzwerk als gemeinnütziger Verein unter dem Namen Kulinaristik-Forum. Es ist in der Metropolregion Rhein-Neckar verankert und deutschlandweit aufgestellt. Als Kostenbeitrag wird der Eintritt in die Ausstellung fällig.

Öffentliche Führungen finden regelmäßig, jeden Sonntag, 15.00 Uhr statt.



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