Landkreis Südliche Weinstraße / Kreisverwaltung Südliche Weinstraße
"Kleinplastiken"
Arbeiten von Uta Arnhardt, Britta Bode, Elke Knab, Tamara Schiltsky und Dorothea Wenz
09.11.03 bis 05.12.03
Britta Bode
Britta Bode

Einführung von Dr. Matthias Brück

Sie erinnern sich vielleicht an die tragische Geschichte eines Rettungsbootes voll von Schiffbrüchigen, die nach tagelanger Entbehrung elend verdursteten.
Sie glaubten, fatalerweise, nur von Salzwasser umgeben zu sein und bemerkten nicht, dass sie längst in einer landnahen Süßwasserströmung dümpelten. So ähnlich - nur nicht ganz so tödlich - erleidet es der Betrachter gegenüber dem zeitgenössischen Kunstgeschehen. Vor lauter Lamentieren über angebliche Beliebigkeit, über Life-Style-Produktionen und einem nicht unproblematischen Rufen nach sogenannten "traditionellen Kunst-Werten", übersieht er die Qualiät und Ernsthaftigkeit der meisten Kunstschaffenden!

Diese intolerante, antipluralistische Haltung - aus selbstverschuldeter Unmündigkeit - bedeutet nicht nur einen Affront den jeweiligen Künstlerinnen und Künstlern gegenüber. Sie zeugt letztlich auch von jener Bequemlichkeit des Wahrnehmens und Denkens, die einem immer wieder den Genuß der Anschauung wie des intellektuellen Spiels verdirbt. Und gerade diese Möglichkeiten unterschiedlichster Intentionen und Transformationen offeriert Ihnen die heutige Ausstellung "Kleinplastik" - hier im Kreishaus.

Sie können hier also den scheinbar ewig gültigen Spruch von Anton Tschechow widerlegen, nach dem die Leute am meisten das an der Kunst lieben würden, nämlich das Banale und längst Bekannte - das, woran sie gewöhnt sind.
Verzeihen Sie, falls ich damit die berühmten Eulen nach Athen getragen haben sollte ...
Aber heute gilt ja in vielen Bereichen die zynische Feststellung des amerikanischen Philosophen William James: "Viele Menschen denken, sie dächten bereits, wenn sie lediglich ihre Vorurteile neu ordnen."

Uta Arnhardt

Mit Uta Arnhardt begeben Sie sich in der Reich der Luftwesen, des Federleicht-Magischen. Aus Palmblättern, Fundstücken ihres jahrelangen Aufenthaltes in Zentral-Amerika und Afrika fügt sie "Zwischenwesen", die ihre sorgsam herausgelösten Fasern wie Tentakel auszustrecken scheinen.
Im Zufällig-Vorhandenen eine Form finden, es assoziativ zu einer bestechenden Phantasie-Figürlichkeit komponieren, die nicht aus dem Nachahmen lebt, vielmehr das eigentlich Unvorstellbare sensibel Wirklichkeit werden läßt. Bizarre Zauberwesen, die man mit einer analysierenden Begrifflichkeit nur zerstören könnte.

Britta Bode

Dagegen bestechen die Schmuck-Objekte, besser die Kleinst-Plastiken von Britta Bode, durch ihre streng-kalkulierte, unangepaßte Ästhetik. Auf kleinstem Raum vereinen sie einen gewissermaßen "sanften Konstruktivismus" mit jener Faszination einer mehrperspektivischen Wirkung, die sich oft erst nach wechselnden Blickwinkeln - dem Betrachter in all' ihren Möglichkeiten erschliesst.
Eine seltene Synthese aus geometrischer Schlichtheit und expandierender Ausstrahlung, bei der das Wertvoll-Sein fast bescheiden in den Hintergrund tritt.

Elke Knab

Zwischen existentiellem Suchen und einem unendlichen Umkreisen der möglichen Gegensätze "Hülle und Kern" bewegen sich die Exponate von Elke Knab. Transparenz und filigrane Leichtigkeit materialisiert durch vielfältige Werkstoffe - wie Kunststoff, Netz, Drahtgeflecht, Papier - kennzeichnen das Arbeiten dieser Künstlerin. Dabei werden die kompositionellen Pole "Hülle und Kern" - analog wie konträr zum Volksmund ("Harte Schale, weicher Kern") in philosophischer Tiefe interpretiert. Formal: anspruchsvollste ästhetische Gefüge - inhaltlich eine Vielschichtigkeit, die symbolisch dem Unergründlichen der menschlichen Psyche entspricht, wie die Künstlerin zu Recht betont.

Dorothea Wenz

Sie kommen ganz woanders her - die Figuren von Dorothee Wenz. Sie stammen aus einer Art von Zwischenwelt. Sind Resultate eines noch nicht abgeschlossenen Dialoges von Gefäß und Figur. Diese beiden Komponenten scheinen sich auf wundersame Weise zu fröhlich-ungezwungenen Körperwelten vereinigt zu haben. Dominiert werden diese Erscheinungen durch eine gewisse "aufquellende Betonung" von Bauch und Hals - erweisen sich auffallend und beruhigend "diät-feindlich". Nur kleine farblich pointiert-gesetzte Accessoires verweisen auf eine mögliche Identifizierung der Gestalten: "König", "Matrose", "Spross & Dame" reizen mit ihrem kecken Selbstbewusstsein nicht allein zum Schmunzeln. Dokumentieren sie doch ebenso, mit welcher heiteren Gelassenheit diese Künstlerin durch ein sparsames Hinzufügen von Attributen die Grundformen ihrer Plastiken zum Quell unerschöpflicher Phantasien in einer erfundenen Welt werden lässt.

Tamara Schiltsky

Leider leider können Sie die Plastik "Spielklötze" von Tamara Schiltsky in dieser Ausstellung nicht bewundern. Ein kleines Kind hat wohl den Titel intuitiv als Angebot missverstanden und sich auf seine Weise mit Kunst auseinandergesetzt. Abgesehen davon präsentiert Ihnen diese Künstlerin Produkte aus dem Alltag in bestimmten kompositionellen Ordnungen, die Sie vor die Wahl stellen: entweder bleiben Sie an einem abgebrannten Streichholz mit relativem Unverständnis "hängen" oder Sie lösen sich von jeglicher praxisbezogenen Seherfahrung: gewinnen das verkohlte Stück Holz als ästhetische Chiffre, eingebettet in schützendem Wachs.
Ähnliches gilt für das Exponat "Zum Wohl-Sein". Hier handelt es sich nicht um die Materialisierung des wohlbekannten Trinkspruches, vielmehr um die Komposition von 56 "Magen-Darm-Teebeutel", die in ihrer Reihung mit unterschiedlichen Hersteller-Etiketten auch nur ihre Wirkung entfalten können, wenn man von ihrer eigentlichen Bestimung absieht.

Wenn Sie sich nun an den Anfang erinnern, werden Sie beruhigt feststellen, Sie befinden sich in reinem Süßwasser. Außerdem ist bei einer Vernissage im Kreishaus noch niemand verdurstet ...



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Dorothea Wenz
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Tamara Schiltsky
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Uta Arnhardt
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