Südpfälzische Kunstgilde e.V. / artgalerie am schloss
Cordula Wagner und Wolfgang Brecklinghaus
Malerei, Fotografie, Objekte
03.05.06 bis 21.05.06
Südpfälzische Kunstgilde
Cordula Wagner

Ob und wenn ja, wie gegensätzlich die beiden Künstler sind, wird eine spannende Frage sein, die sich dem Betrachter sicherlich aufdrängt. Während die digital bearbeiteten Ölbilder von Cordula Wagner Landschaften und Atmosphäre inszenieren, zeigen die Collagen des Materialkünstlers die Schonungslosigkeit des Kriegs. Apokalypse, Zerstörung, Qual, das sind die Themen der Militärschrott-Collagen.

Couragiert sind die Kompositionen von Wolfgang Brecklinghaus. Und fraglos ist dies auch die Art seiner Auseinandersetzung. Trotzdem sind die von ihm zusammengesetzten Puzzles aus verbliebenen Kriegsresten in keinster Weise provokativ, sie rekapitulieren so effektfrei wie möglich. In Relation dazu erscheinen die mehrteiligen Arbeiten von Cordula Wagner, die Malerei und Fotografie sehenswert verbinden, wie die reine Idylle - aber auch hier blättert zeitweilig der Putz von den Häusern in den festgehaltenen Gassen ab.


Cordula Wagner

Cordula Wagner ist 1964 in Neustadt/Weinstraße geboren und lebt in Maikammer. Die diplomierte Designerin hat in Mainz, Landau und Berlin studiert und ist Pädagogin für Deutsch und Kunst. Seit 1998 stellt sie regelmäßig in ganz Rheinland-Pfalz aus.

Das Thema ihrer Arbeiten ist die Verbindung von Malerei und Fotografie. Die in Öl gemalten Landschaften sind in einer spontanen, teils heftigen pastosen Weise gearbeitet. Raum und Tiefe der Landschaft und die verschiedenen Stimmungen der Jahreszeiten kommen zum Ausdruck. Dem gegenüber stehen die Fotografien von architektonischen Stadtlandschaften. Kompositorisch zusammengefügt werden Malerei und Fotografie, indem das im Querformat gemalte Bild in mehrere Hochformate geteilt wird. So können die mit Digitaltechnik auf Leinwand geplotteten Fotos dazwischen angeordnet werden. Dabei entsteht die besondere Wirkung der Bilder, zwei verschiedene Wirklichkeiten treffen gleichzeitig auf den Betrachter, Stadt und Landschaft, Architektur und Natur.


Wolfgang Brecklinghaus

Wolfgang Brecklinghaus ist 1948 in Leichlingen im Rheinland geboren und hat Architektur studiert. Er gründete die Ateliergemeinschaft "Antenne" in Gelsenkirchen, in der viele Künstler aus dem In- und Ausland vorgestellt wurden und war Mitbegründer der Kunstgruppe "Art 42". Die Ausstellung "Apokalypse" war 2001 bundesweit zu sehen, dazu kommen zahlreiche Ausstellungen ebenfalls in ganz Deutschland, viele davon in Berlin.

Mit apokalyptischen Collagen, Objekten und Assemblagen mit Original-Militärschrott aus dem Zweiten Weltkrieg hat er viel Publikum interessiert. Warum er sich als Künstler dieses Genre ausgesucht hat, kann er am besten selbst beantworten, wie er es in einem Interview getan hat: "Der Wahnsinn des Krieges hat mich schon immer berührt. Auf Spaziergängen mit meinem Vater als Zwei- oder Dreijähriger habe ich beim Anblick der so bizarr aussehenden Trümmer-Grundstücke wissen wollen, was Krieg ist. Mein Vater sagte, das verstünde ich noch nicht. Und er fügte hinzu: Ich wünsche Dir, dass Du nie einen Krieg erleben musst. Den Anstoß für meine intensive künstlerische Auseinandersetzung gab der Kosovo-Krieg. Niemand hat vermutet, dass in Europa im 20. Jahrhundert noch ein Krieg möglich wäre".


Die Rheinpfalz (Pfälzer Tageblatt) vom 08.05.06

"Patronenhülsen neben idyllischen Pfälzer Landschaften"


Es ist eine ungewöhnliche Doppelausstellung, die zur Zeit in der "artgalerie am schloss" der Südpfälzischen Kunstgilde in Bad Bergzabern zu sehen ist. Malerei- und Fotoarbeiten von Cordula Wagner stehen neben den Militärschrott-Objekten von Wolfgang Brecklinghaus. Patronenhülsen und idyllische Pfälzer Landschaften, in der aktuellen Ausstellung der Kunstgilde sind sie nicht mehr als ein paar Schritte voneinander entfernt.

Aber gerade diese Konfrontation ist einer der Gründe, die für die für die insgesamt 52 Arbeiten sprechen - sie zeigen Krieg und Frieden neben- und miteinander, sie dokumentieren aber gerade durch den gemeinsamen Ausstellungsort die Zerbrechlichkeit von Letzterem. Und natürlich sind die Grenzen nicht so hart zu ziehen, natürlich gibt es auch Brüche in der gemalten oder fotografierten Schönheit bei Cordula Wagner. Dennoch, alleine schon durch ihre Materialität sind die bearbeiteten Originalrelikte aus dem ersten und zweiten Weltkrieg sehr beeindruckend. Ihre Authentizität wirkt einerseits fast schon provokativ, weil sie keine Kompromisse macht, nichts ist imitiert, nachgebaut und simuliert.

Die auf Leinwand gezogenen Soldatenrucksäcke sind echt. Und deshalb sind die meisten der Arbeiten des Gelsenkirchener Malers und Objektmachers, auch nicht limitiert in der bloßen Darstellung, seine Objekte erzählen ihre eigene Geschichte. Auf Leinwand gezogene Zeitzeugen. Einer von ihnen ist der Vater von Wolfgang Brecklinghaus. "Vater" heißt sie schlicht und sie ist auch eine seiner intensivsten Arbeiten. Um das gezeichnete Porträt dienen mit Tinte und von verschiedenen Vorgesetzten und Ärzten geschriebene Vermerke über Lazarettaufenthalte, Beförderungen, Angaben von Angehörigen und den Besitz von verschiedenen Kriegswaffen als Passpartout. Wie eine Biographie des Kriegs schlängeln sich die Eintragungen um diesen ernst blickenden Mann und verschmelzen mit seiner eigenen.

Seit längerer Zeit beschäftigt sich Wolfgang Brecklinghaus mit dem Thema Krieg und Vernichtung, aktueller Auslöser für die derzeit ausgestellten Arbeiten war der Kosovo-Krieg. Seine Objekte sind gleichzeitig ein Appell für Verständigung und vor allem das Nicht-Vergessen. Seine Miniatur Gaskammer ("Geschundene Menschenkinder"), die Zeitungsausschnitte mit Siegesparolen und Massen-Hitlergrüßen, die bearbeiteten Schallplatten mit Reichsrundfunkemblem: man kann sich ihrer Faszination kaum entziehen.

Vielleicht können Arbeiten wie die von Cordula Wagner in Relation dazu nur harmlos wirken, aber diese Harmlosigkeit avanciert zumindest in dieser Ausstellung zum Stilmittel. Automatisch sucht der Betrachter im Kontext zu der "Apokalypse"-Serie von Wolfgang Brecklinghaus nach hintergründigen Deutungen. In der "Brandwand" sieht man so automatisch nicht nur ein herausgegriffenes Baudetail, sondern man sucht die dazugehörige Geschichte, ebenso bei den mehrteiligen, mal gemalten, mal fotografierten Arbeiten wie "Forst im Basaltsteinbruch", "Fassade", "Domstadt" und "Berlin". Was verbergen die verwinkelten Hinterhöfe in der Hauptstadt, wer lebt hinter den zugemachten Fenstern und den gemauerten Wänden?

Die in Maikammer lebende Designerin sowie Kunst- und Deutschlehrerin wählt die Details, die sie zeigt, subtil aus. Nicht nur die direkte Gegenüberstellung von verschiedenen Arbeitstechniken - Malerei und Fotografie - sondern auch die manchmal mit dem Pinsel fortgesetzten Motive, manchmal aber auch sehr differierenden, wirkt geradezu als Aufforderung, die Teile neu, anders oder ebenso wie die Künstlerin zusammen zu setzten.

Ein Memory-Spiel mit Landschaften in Öl und digitalen Fotos, aber bei Cordula Wagner gelten andere Spielregeln. Teilweise wie längs zerschnitten wirken ihre Arbeiten, dann wieder scheint diese Trennung zwingend notwendig - also doch keine passende zweite Karte. Und überhaupt, ob passend oder nicht, auch in Hinblick auf die Auswahl der beiden Künstler lohnt es wirklich, sich ein eigenes Bild zu machen.





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