Kunstverein Lingenfeld / Rathaus Lingenfeld
Georg Karbach
23.11.08 bis 07.12.08
Georg Karbach
Georg Karbach

Georg Karbach

1948
- geb. in Lahnstein
- Kindheit in Diez an der Lahn und Ludwigshafen am Rhein
- Ingenieurschule Kaiserslautern, Fachrichtung Hochbau
- Entwicklungshelfer in Sambia

seit 1961
- lebt in Speyer

seit 1975
- bei der Versicherungskammer Bayern tätig


Einführung von Dr. Volker Hönig

Wenn eine Ausstellung zum bevorstehenden 60. Geburtstag eines Malers ausgerichtet wird, wie heute im Kunstverein Lingenfeld, dann denkt man zuerst einmal an eine Retrospektive, eine Rückschau auf das Gesamtwerk. Keine Frage, das wäre ein interessanter Aspekt für eine Ausstellung, man könnte die künstlerische Entwicklung über die Jahre hinweg verfolgen, nur müssten es dann wohl zehn Räume sein, um alle Bilder zu hängen, die Georg Karbach bereits gemalt hat.

Doch davon kann heute keine Rede sein, dazu ist er viel zu aktiv, um jetzt schon Rückschau zu halten, malt er doch fast täglich oder wöchentlich neue Bilder mit schier unerschöpflicher Energie und Kreativität. Nein, Georg Karbach hat sich entschlossen unseren Blick auf ein Medium seines Schaffens zu richten, in der er ein besonderer Meister ist, die Aquarellmalerei. Unser Blick wird also heute gar nicht retrospektiv sein, sondern viel mehr auf Karbachsche Aquarelle aus jüngster Zeit gelenkt. Wie nicht anders zu erwarten, sind dies die kreativen Schöpfungen seiner regen Malerphantasie, die zur Betrachtung einladen.

Da fallen einmal die "Köpfe" auf, die er aquarelliert hat. Für das Ausstellungsplakat und die Einladung zur heutigen Ausstellung wurde das Aquarell "Die Dichter" verwendet. Dann ziehen "Schriftsteller", ein mit Dispersionsfarbe und Bleistift gestaltetes Bild, "Der Heilige" mit Ölfarbe zu Papier gebracht und ein spitznasiger "Naturwissenschaftler" sowie ein "Bischof", durch einen nicht zu übersehenden Krummstab als solcher ausgewiesen, an unserem Blick vorbei. Jedes Bild für sich betrachtet, ruft spezifische Assoziationen hervor. Da ich selbst Naturwissenschaftler bin, habe ich den von Karbach erschaffenen Kollegen natürlich besonders intensiv, vielleicht auch ein wenig misstrauisch beäugt und - ja - irgendwie hat er schon etwas von einem fanatischen Wissenschaftler an sich, dieser spitznasige, in seine naturwissenschaftlichen Papiere vergrabene Forscher, der nichts anders als "Seins" gelten lässt.

Christian Morgenstern hat das auf den Punkt gebracht, als er Palmström und dessen Kollegen von Korf bei ihren, ein wenig laienhaften, vielleicht dennoch nicht minder wertvollen Forschungen beobachtet hat. Das Gedicht heißt einfach nur

"Die Wissenschaft"
So beschließen beide denn
nach so manchem Doch und Wenn
sich mit ihren Theorien
vor die Wissenschaft zu knien,

Doch die Wissenschaft, man weiß es,
achtet nicht des Laienfleißes
hier auch schürzt sie nur den Mund,
murmelt von "Phantasmen" und
beugt sich wieder, dann auf ihre
wichtigen Spezialpapiere.
"Komm" spricht Palmström "Kamerad-
alles Feinste bleibt - privat!"

Man möchte diesem Mönch der Wissenschaft, der Palmström und von Korf so abblitzen ließ, den Morgensternschen Vierzeiler zurufen, ja um die Ohren schlagen:
"Laß die Moleküle rasen
Was sie auch zusammenknobeln!
Laß das Tüfteln, laß das Hobeln,
heilig halte die Ekstasen!"

Wenn natürlich der Meister so vertrocknet ist, dass er wirklich nur noch seinen Formelkram wahrnimmt, dann ist diese dionysische Aufforderung vergebens. Ja, man möchte meinen, dass dieser autistische Klausner keinen Blick mehr für das so offenherzige Dekolleté unserer, von Sonne und Halbmond umrahmten Kanzlerin hat, deren Sex-Appeal nicht einmal von 500.000.000.000 EUR getoppt werden kann, die sie lässig den geldgeilen Bankern und Hasardeuren an der Wallstreet-Börse aus dem auf zauberhafte Weise überquellenden Füllhorn öffentlicher Steuermittel auf den Weg streut.

Lässt man allein schon diese Bilder Revue passieren: Die Dichter, Der Schriftstelle, Der Heilige, unseren Naturwissenschaftler, die offenherzige Kanzlerin, so meint man, einen Blick auf das Karussell des Lebens zu werfen, das sich an uns vorbeidreht und gleichsam wie ein Kaleidoskop immer neue Bilder an die Wand wirft. Und so ist es auch bei Georg Karbach: Das Karussell dreht sich weiter und die Sonne geht auf!

Betrachtet man diese Sonne etwas genauer, so ist es der Ausschnitt einer Frauenbrust, Urquell allen irdischen menschlichen Lebens. Er zaubert wirklich witzige und erotische Bilder, der Schelm Georg Karbach.

Dann wieder ganz etwas Anderes: eine Blumenwiese, dann ein Ostermontagsaquarell aus Urspringen einem kleinen Ort bei Würzburg, aus dem seine Frau Angelika herstammt, schließlich ein Aquarell aus der Toskana. Georg Karbach, ein genießerischer Weinkenner, schätzt natürlich die Rotweine dieses italienischen, gesegneten Landstriches ganz besonders und so dürfen wir z. B. an Altstadtfesten immer auch von diesen Tropfen in seiner künstlerisch ausgestalteten Scheune kosten.

Warum ich die Scheune erwähne, fragen Sie? Ja, das ist die Wunderkammer, in der Georg Karbach schafft und werkt und auf deren Tenne, oben unterm Scheunendach, sich Bild an Bild reiht.

Georg Karbach malt seit 1977, also seit mehr als 30 Jahren. Seine Kreativität, ich sagte es bereits, ist ungebrochen und gleicht einem sprudelnden Quell. Er sagte mir im Gespräch: "Ich könnte jederzeit eine Ausstellung mit immer neuen Bildern machen." Das nehmen wir ihm ab, dieses Bekenntnis.

Im Jahre 2000 erschien ein erster, schöner und farbig gestalteter Katalog mit dem einfachen Titel "Aquarelle". Darin sind etwa zwei Dutzend farbige Bilder zu sehen. Den gleichen Umfang hat auch die heutige Ausstellung und man könnte sich durchaus vorstellen, damit einen weiteren Katalog zu füllen, einfach aus dem Grunde, diese Bilderwelt in einem Dokument festzuhalten.

Selbstverständlich kann das jeder heute privat mit einzelnen dieser Bilder tun, in dem man sie erwirbt und, da sie ein durchaus handliches Format besitzen, zu Hause an die Wand hängt. Zur Hängung ein Ratschlag, wieder von Christian Morgenstern, sehr passend überschrieben mit:

"Bilder"
Bilder, die man aufhängt umgekehrt,
mit dem Kopf nach unten, Fuß nach oben,
ändern oft verwunderlich den Wert,
weil im Reich der Phantasie erhoben.

Palmström, dem schon frühe solches kund,
füllt entsprechend eines Zimmers Wände,
und als Maler großer Gegenstände
macht er dort begeistert Fund auf Fund.

Georg Baselitz und "Die Dichter" von Georg Karbach, kurz Georg & Georg, lassen grüßen!

Ja, Georg Karbach wird demnächst 60. Nun doch noch ein Rückblick? Das vielleicht nicht, doch ein paar Bemerkungen dürfen es schon sein. Georg Karbach hat in Speyer durch seine Mitgliedschaft im Künstlerbund, aber auch durch die Galerie Kulturraum einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht und ist, nicht zuletzt auch durch sein stets engagiertes Mitwirken im Vorstand des Kunstvereins Lingenfeld aus den diversen Szenen - jawohl, Plural - nicht mehr wegzudenken.

Den Ritterschlag hat er in Speyer erhalten, als er den Auftrag für das Brezelfestbild 2001 erhielt, auf dem von einem pastellfarbenen Himmel Brezeln auf eine, vor dem Dom versammelte Menschenschar hernieder prasseln, Symbol für die Leichtigkeit Speyerer Seins an Brezelfesttagen.

In eine solche Leichtigkeit und Luftigkeit passen natürlich auch die heute hier im Kunstverein Lingenfeld ausgestellten Aquarelle, denn die Technik des Aquarellierens erfordert ja geradezu diese Eigenschaften. So muss man also nicht im November - der übrigens im altdeutschen als Nebelmond bezeichnet wird - in Sack und Asche gehen, sondern darf sich an den lockeren, leichten, luftigen phantasievollen Bildern von Georg Karbach erfreuen.

Diese Freude beim Betrachten der heutigen Ausstellung wünsche ich Ihnen allen.



[zurück]
Georg Karbach
Georg Karbach