Kulturbüro der Ortsgemeinde Herxheim / Kunstschule Villa Wieser
Hannelore Langhans: "Tierisch Literarisch"
Plastik, Malerei
15.10.06 bis 05.11.06
Hannelore Langhans
Hannelore Langhans: "Gebrannte Bücher"

Hannelore Langhans, Künstlerin aus Karlsruhe, arbeitet regelmäßig in den Ateliers der Majolika und nimmt an den Gemeinschaftsausstellungen der Majolika Galerie teil. Mit verblüffender literarischer Kenntnis und überraschenden künstlerischen Lösungen gelingt es Hannelore Langhans mit ihren Buchskulpturen, Plastiken und Bildern den Geist des schriftstellerischen Werkes überzeugend in die dritte Dimension zu transportieren. 1944 in Mannheim geboren, lebt die Künstlerin seit 1957 in Karlsruhe, wo sie schon 1976 intensive künstlerische Arbeit betrieb und erste Einzelausstellungen inszenierte. Seit 1990 arbeitet sie als Freie Künstlerin und begann 2002 ihre Arbeit in der Majolika Karlsruhe.


Antje Solèau über Hannelore Langhans (in Kunsthandwerk und Design 3/2005)

Das Material Ton haben schon die Babylonier und Assyrer als Grundlage für die Übermittlung von Nachrichten und Wissen genutzt. Sie ritzten auf noch feuchte Tontafeln, die anschließend gebrannt und damit dauerhaft gemacht wurden, was sie weiter vermitteln wollten. Der Karlsruherin Hannelore Langhans gelingt es mit verblüffender literarischer Kenntnis und überraschenden künstlerischen Lösungen in ihren Buchplastiken den Geist eines schriftstellerischen Werkes überzeugend in die dritte Dimension zu transportieren.
Das OEuvre von Hannelore Langhans ist eine Hommage an Bücher und die, die sie geschrieben haben: Kurt Tucholsky, Friedrich von Schiller, Franz Kafka, Nabokov oder Sue Scullard. In einer mehrteiligen Installation hat sie im letzten Herbst in einer Ausstellung der Majolika Karlsruhe dem arabischspanischen Dichter Ali Ibn Al Adaluzi Hazim (993-1064) gehuldigt. "Verbrennt nur die Bücher. Die Gedanken sind feuerfest", hat er gesagt, als die Spanier sein ganzes umfassendes Werk den Flammen übereigneten. Feuerfest hat sein Werk überdauert, wie die Visionen von Hannelore Langhans aus hauchdünnen, geschichteten Tonseiten, die weitestgehend ohne Farbe auskommen, jedoch facettenreich und vielschichtig den gedanklichen Stoff mit dem erdigen verbinden.


Einführung von Dr. Matthias Brück

Sie werden es vielleicht nicht wissen: "Bibliotheken sind gefährliche Brutstätten des Geistes!"
So jedenfalls hat es Klaus Staeck einmal sarkastisch formuliert. Das mag nun für die Welt der Bücher von Hannelore Langhans nur bedingt zutreffen, auch wenn Sie vielschichtig, im besten Sinne "subversiv", Literatur geradezu zum sprechen bringt…
Denn in ihrer "Welt der Bücher" entfaltet jedes Buch seine eigene Welt, seinen eigenen Erlebnis- und Erfahrungsraum und nicht jede Plastik lässt sich vergleichsweise so schnell entschlüsseln und genießen wie "Fest der Lüste".

Doch allein diese viel- und feingestaltete Keramik ist ein Faszinosum an heiter-erotischer Figürlichkeit, an überbordender Bewegung mit dem Touch des Verbotenen. Die verzückten Leiber quellen geradewegs mit ungezügelter Wollust aus den aufgeschlagenen Seiten: schlichtweg meisterlich…

Und diese bestechende Handwerklichkeit – zusammen mit den unterschiedlichsten Stimmungen und literarischen Anspielungen, macht diese Ausstellung zu einer eigenen, persönlichen Bibliothek von Hannelore Langhans: Gerade, wenn Sie sich den Briefen an der Wand zuwenden, die dokumentieren, dass der Ton dem Papier in keinster Weise qualitativ unterlegen ist, wenn er von Künstlerhand geformt und beschrieben wird…

In einem Band scheint es um evolutionäre Entwicklungen zu gehen, ein anderer könnte eine Hommage an "Brehms Tierleben" sein, wenn sich Ei, Schlange und anderes Getier quirlig und unbeschwert ein Stelldichein geben.

Diese Künstlerin versteht es mit dem "Tierischen" wie "Literarischen" umzugehen. Doch daraus wird keine naturgetreue Abbildung, kein braves Nacherzählen! Im Gegenteil: stets verlockt das jeweilige Exponat den Betrachter zu Einschalten seiner eigenen Phantasie.

Gewiß, wenn eine Mensch-Käfer-Metamorphose an einem Folianten emporkrabbelt, ist die Assoziation zu Kafkas "Verwandlung" nahe liegend, doch allein schon die Idee, das Werk und den Mutierten plastisch so zu verschränken, zeigt das enorme Phantasie-Potential dieser Künstlerin…

Natürlich verweist nicht jede Plastik auf ein literarisches Vorbild, auch wenn man durchaus vermuten darf, dass die an einem Buch nagende Ratte mit der "Rättin" von Günther Grass etwas gemeinsam haben könnte… Vielleicht erkunden Sie ja später noch andere mögliche Bezogenheiten und Vorbilder? Und vielleicht führt Sie dieser Weg ja ins Märchenhafte, dann wenn Sie einem wehrhaften Drachen begegnen, der eine Jungfrau beschützt oder sie als Nachspeise reserviert hat – was kaum auszudenken wäre… Da ist der Frosch, der sich an den Busen eines liebenswürdigen Mädchens schmiegt, schon ungefährlicher – auch wenn aus ihm vielleicht irgendwann ein "Froschkönig" werden sollte…

Und wenn Sie vor dem Tisch mit den vier leeren und dem einen, an ein Künstlerbuch erinnerndes Exemplar, stehen, dann könnte das eine Aufforderung sein, selbst mit dem Schreiben zu beginnen. Seien Sie also mutig, gehen Sie aus sich heraus, sonst gleichen Sie den Wegduckern und "Schläfern", die draußen aus dem Hinterteil des bunten Pferdes gedrückt werden. Sie passen dann in keine Schublade – und das ist gut so… Aber treiben Sie es nicht zu weit: sonst ergeht es Ihnen wie dem "Buchtrinker" – auch Lesen kann süchtig machen!

Sobald sich Hannelore Langhans der Farbe, dem Malen zuwendet, beginnen die Exponate zu klingen. Vehemente, fast fetzige Kompositionen scheinen Landschaften in bewegte Musikstücke zu verwandeln – und doch gewährt die jeweilige Partitur eine offene Unabgeschossenheit – führt den Betrachter letztlich ins Reich des Unsagbaren…

Dann wiederum beherrscht eine unerwartete Stille die Bilder. Legt sich wie ein zarter Schleier über jede vage Gegenständlichkeit, verbirgt mögliche Orientierungspunkte. Da erstrecken sich weite Flächen, scheinen regelrecht zu verwehen… suggerieren Transparenz. Was bleibt, sind letztlich Ahnungen. Kaum zu begreifen, wie eine Künstlerin auf so unterschiedliche Weise - jeweils mit Plastik und Malerei - zu so ästhetisch faszinierenden Gestaltungen und inhaltlicher Tiefe gelangen kann!



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