Nach über einem Jahr Umbaumaßnahmen öffnet das Museum Herxheim nun erneut seine Pforten und präsentiert sich mit einer völlig neuen Konzeption und modernem Design. Wer die "alte" Ausstellung zu der frühesten Ackerbauernkultur der Jungsteinzeit bereits gesehen hatte, dürfte überrascht sein - die beiden Stockwerke, in denen Leben und Sterben der Menschen in der steinzeitlichen Bandkeramiker-Siedlung von Herxheim thematisiert werden, sind kaum wieder zu erkennen.
Darüber hinaus ist im Zuge der Umbaumaßnahmen die Ausstellungsfläche erheblich erweitert worden. Musste der Besucher früher um die Museumsscheune herumgehen und in den Keller hinabsteigen, so beginnt der Rundgang nun im ehemaligen Stallgebäude, wo man in einem großzügig gestalteten Eingangsbereich bereits erste Informationen an der "Besserwissersäule" erhalten und sich im neuen Museumsshop mit Kopien jungsteinzeitlicher Keramik, Postkarten, etc. eindecken kann. Im neuen Sonderausstellungsbereich im ersten Stock des Stallgebäudes beginnt dann der eigentliche Rundgang.
Zur Museumsneueröffnung wird hier eine Ausstellung zu den Bestattungssitten der spät-jungsteinzeitlichen Glockenbecher-Kultur gezeigt. Vier Skelettgräber, original nachgestellte Hockerbestattungen mit reicher Beigabenausstattung, geben einen guten Eindruck von den Grabsitten dieser spätjungsteinzeitlichen Kultur, deren rätselhaftes Auftauchen in ganz Europa auf Info-Bannern erläutert wird. Die spezifischen Beigaben, der glockenförmige, meist fein verzierte Becher sowie wiederkehrende Ensembles aus Kupferdolchen, Armschutzplatten oder Keramikschalen als Beigefäße, sind in einer repräsentativen Auswahl in mehreren Vitrinen zu sehen.
Über eine Verbindungsbrücke erreicht der Besucher dann das eigentliche Museum, wo er in chronologischer Abfolge immer tiefer in die Vorgeschichte hinabsteigen kann. Das Obergeschoss ist der kulturgeschichtlichen Ausstellung gewidmet, die Leben und Arbeit der Herxheimer in vergangenen Jahrhunderten zeigt. Über die neue Wendeltreppe gelangt man dann in die Bandkeramik-Ausstellung. In ansprechendes indirektes Licht getaucht empfängt den Besucher reiches Fundgut aus der jungsteinzeitlichen Siedlung von Herxheim, welches die vielfältigen Facetten des Lebens der frühen Ackerbauern beleuchtet. Die Technik der Keramikherstellung, erläutert durch die einzelnen Arbeitsschritte beim Aufbau eines Gefäßes, ist ebenso Thema wie der Ahnenkult der frühen Bauern, der anhand mehrerer Tonidolfragmente aus den Ausgrabungen im Gewerbegebiet West von Herxheim belegt ist. Ganz neu präsentiert sich das Ambiente der Ausstellung - modernes Design untermalt harmonisch die prähistorischen Funde.
Wieder über die Wendeltreppe taucht der Besucher dann ein in die Dämmerung des Scheunenkellers, der mit seiner gedämpften Beleuchtung auf die Welt der Toten einstimmt, die in der Steinzeitanlage von Herxheim von einzigartigen Ritualen geprägt war. Hier beherrscht die Siedlung mit Grubenanlage der frühen Ackerbauern das Szenario. Der Besucher ist aufgefordert, sich durch die Entwicklung der merkwürdigen Umfriedung des Dorfes aus langen, immer wieder ausgehobenen und verfüllten Gruben buchstäblich "hindurchzublättern". Und erfahren, wo die verschiedenen prunkvollen Gefäße aus den merkwürdigen Konzentrationen zerschlagener Menschen und zerschlagener Keramik stilistisch zuhause sind, kann er ebenfalls mit eigenem Einsatz: Eine Vitrine mit aufklappbaren Deckeln verrät, woher die zahlreichen verzierten Keramikgefäße stammen. Einfach umdrehen - die Originale zu den Zeichnungen und Karten in der Klappvitrine stehen direkt hinter ihm in der Vitrine.
Besonders spannend ist das Interieur der großen Wandvitrine. Ausgehend von den neuesten Forschungsergebnissen, wird dem Wissbegierigen dort die spektakuläre Manipulation der Toten von Herxheim Schritt für Schritt erläutert und mit menschlichen Knochen aus der Grubenanlage und den darauf befindlichen Behandlungsspuren wie Schnitte, Schabespuren oder Zeugnisse der gewaltsamen Zerschlagung dokumentiert. Die bandkeramische Siedlung bei Nacht, nur beleuchtet von einem Vollmond am wolkendurchzogenen Himmel, liefert den passenden Hintergrund für die geheimnisvolle Behandlung, welche in Herxheim eine enorme Menge verstorbener früher Ackerbauern erfahren haben. Der Besucher wird sich der mystisch-rituellen Atmosphäre dieses einzigartigen Beleges für außergewöhnliche Riten am Ende der ersten Ackerbauernkultur kaum entziehen können und sicher selbst als Fazit seines Besuches feststellen: Das Museum Herxheim ist einmal mehr etwas ganz Besonderes!
Programm der Museumswoche zur Wiedereröffnung
Donnerstag | 25.06.09 | 18.00 Uhr
Wiedereröffnung des Museums
Mit Sonderausstellung "Prunkbecher für die Toten" - Gräber der Glockenbecherkultur aus der Pfalz und Rheinhessen (Stallgebäude).
Freitag | 26.06.09 | 19.30 Uhr
"Ein Abend im Gewölbekeller" - "keeper of your light"
Musik von und mit Pete Allmann
Eintritt: 8 EUR. Karten an der Infotheke im Rathaus.
Samstag | 27.06.09 | 19.30 Uhr
"Ein Abend im Gewölbekeller" - "Bacchus und Co"
Römische Weinprobe: Eine Reise zur Weinkultur der Römer mit allen Sinnen unter Leitung von Dr. Ullrich Brand-Schwarz. Kostenbeitrag: 15 EUR. Karten an der Infotheke im Rathaus.
Sonntag | 28.06.09 | 11.00 bis 18.00 Uhr
Museumsfest
Mitmachaktionen für Jung und Alt: Steinzeitbackofen, Steinzeiteintopf, Knochenbearbeitung, Webvorführung, Flachsbearbeitung und Führungen durch die Ausstellung.
Montag | 29.06.09 | 19.30 Uhr
Seltsame Totenbehandlung oder Opferrituale?
Vortrag von Dr. Andrea Zeeb-Lanz, Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz Speyer. Weitere neue Erkenntnisse zur jungsteinzeitlichen Siedlung mit Grubenanlage von Herxheim Pavillon bei der Seniorenwohnanlage. Eintritt frei.
Dienstag | 30.06.09 | 19.00 Uhr
Donnerstag | 02.07.09 | 19.00 Uhr
Freitag | 03.07.09 | 19.00 Uhr
Öffentliche Abendführungen
Mit Dr. Ullrich Brand-Schwarz
04.07.09 und 05.07.09 | 11.00 bis 18.00 Uhr
Museum bei freiem Eintritt geöffnet
Museum Herxheim
Untere Hauptstraße 153
76863 Herxheim
Tel: 0 72 76 / 50 24 777
website: www.museum-Herxheim.de
Öffnungszeiten des Museums:
Do. und Fr. von 14.00 bis 19.00 Uhr
Sa. und So. von 11.00 bis 18.00 Uhr