Kunstverein Lingenfeld / Rathaus Lingenfeld
Sieglinde Enders: "Kontraste"
Grafik, Malerei
16.09.07 bis 30.09.07
Sieglinde Enders
Sieglinde Enders - Motiv Ausstellungsplakat

Einführung von Dr. Matthias Brück
(von Herrn Enders im Auftrag vorgetragen)

Wer heute noch malt - und nicht mit einer omnipotenten Technik arbeitet - der könnte dafür einen besonderen Grund haben. Vielleicht spürt er einen Drängen, ein zwingendes Gefühl, dass da etwas "heraus" muss. Nicht gefiltert, nicht digital aufbereitet oder verfremdet - vielmehr authentisch-leidenschaftlich. Ein "mit der Seele" malen, wie es Sieglinde Enders einmal für sich formuliert hat. Fast ein existentieller Vorgang, der die Verwendung von Pinsel und Farbe natürlich nicht ausschließt.

Wenn Sie nun den Ausstellungstitel "Kontraste" bedenken, dann werden Sie im Werk dieser Künstlerin zwei umfangreiche Komplexe feststellen. Akt und Landschaft. Sie bedeuten keine Gegensätze, vielmehr umfassen sie - wie Mensch und Natur - zwei Aspekte unseres Daseins, durch die jeder das eine das andere verstärkt, verdeutlicht, aber keinesfalls ausschließen soll.

Wenn Sieglinde Enders den Körper, zumeist den weiblichen, in seiner Nacktheit interpretierend vorstellt, dann begreift sie ihn nicht als verfügbares Objekt, schon gar nicht als Lust-Objekt. Dabei huldigt sie nicht dem zeitgenössischen Trend zwischen Spargelfigur und Magersucht, sondern wählt sich natürliche Körper - vital, bisweilen mit leicht barocken Formen. Häufig reduziert sie den jeweiligen Körper, lässt ihn bisweilen geradezu im vielfach pulsierenden Malgrund verschwinden oder suggeriert das Gegenteil: ein schemenhaftes, fast geheimnisvolles Auftauchen aus dem amorphen Farbgrund. Also keine Degradierung des Körpers im Sinne eines Klonens stereotyper Jugendlichkeit, kein Präsentieren mit Voyeurismus-Garantie, vielmehr eine Darstellung in Form eines offenen, unverkrampften Dialoges, der Körperlichkeit eben nicht als das schlechthin Andere begreift.

Doch in letzter Zeit scheint die Begegnung mit dem jeweiligen Modell, seine bildnerische Transformation erotischer, direkter, ja sogar provokativer dokumentiert zu werden. Verstärkt entbergen sich Sinnlichkeit, vitale und lustbetonte Direktheit - ergänzen das Phänomen "Körper" um eine wichtige Komponente, die zuvor eher nun indirekt zu spüren war. Nur selten tendiert der dabei zu individualisierten Form. Und dennoch hat der Betrachter nie das Gefühl, auf eine Typisierung, auf ein künstliches, ästhetisches Modell zu treffen.

Da wird einmal strichig, farbstichig ein ständiges In-Bewegung-Sein bis hin zur Ekstase in Szene gesetzt, dann eine besinnliche Ruhe - ein In-sich-gekehrt-sein. Dabei zeigt sich immer wieder der kongeniale Umgang mit der Farbe, die nicht nur durch ihre eigene Qualität interpretativ wirksam wird, sondern ebenso im Auftragen, im regelrechten Moderieren eine beinahe haptische Strukturierung erfährt. Und was so oft nur in Ausschnitten diesen Körpern "entlockt" wird, kann sich zu regelrechten Erfahrungs- und Charakterdeutungen entwickeln. Dadurch wird der Körper, der dadurch interpretierte Mensch mehr als nur reine Erscheinung, mehr als nur ein Funktionieren als mobiles System: Er entfaltet seine Einzigartigkeit zwischen existentiellem Ernst und gelöster Heiterkeit.

Bekanntlich ist es die Natur, die Landschaft, in der sich der Mensch bewegt. Und um diesen Lebensraum zu schildern, verlässt Sieglinde Enders ihren expressiv-bewegten Duktus. Der Strich ihrer Aquarelle begleitet uns mit an die schönsten Orte - dorthin, wo das Leben noch in friedliche, ruhigen Bahnen zu verlaufen scheint.

Straßencafés, verwinkelte Gässchen, pittoreske Gegenden - vor allem in der Toskana - mögen etwas ausstrahlen, was dem so genannten modernen Menschen immer mehr zu fehlen droht: ein Zuhause, Geborgenheit, ein Sich-stress-freies-Bewegen …

All diese Arbeiten sind unmittelbar vor Ort entstanden, atmen das Flair der Spontaneität und kleiden das jeweilige Motiv in eine adäquate, warmtonige Farb-Harmonie, die oft nur leicht durch feine Linien ihre Strukturierung enthält. Oder ist das alles nur ein Urlaubstraum, der nur allzu schnell zu Ende geht? Ein Indiz dafür könnte das packend gestaltete Leid des "Gekreuzigten" sein oder die Silhouette einer einsamen Frau vor der Anonymität der Großstadt.

"Kontraste" - eine Ausstellung, die viel zu denken geben kann!

Nehmen Sie deshalb meine kleine Interpretation bitte nur als Einführungs-Apéritif. Denn das eigentlich Erleben und Ausschöpfen dieser Bilder erfahren Sie am Besten zu Hause vor einem Exponat Ihrer Wahl!

Sieglinde Enders

1941
- geb. in Neu Werbaß

1974
- Beginn der Malerei

ab 1978
- Ausbildung in Theorie und Praxis bei dem Maler und Grafiker Heinz Brzoska
  (1,5 Jahre). Ergänzende Ausbildung bei bekannten Künstlern der Pfalz wie
  beispielsweise Christel Abresch, Karl Hufnagel, Herbert Lorenz, Daniel-Moriz Lehr,
  Günther Meck und Theo Ofer.

seit 1981
- Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen im In- und Ausland wie beispielsweise
  Bonn, Mainz, München und Regensburg sowie in Toulouse, Bordeaux und
  Marseille (Frankreich), Hallein (Österreich) und Bled (Slowenien)

1993 bis 1995
- Universität Landau (Portrait bei Prof. Werner Scheel, Radierung bei Günther
   Berlejung)

1998 und 1999
- Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg, Malerei und
  Zeichnung bei den Professoren Shan Zuo Zhou und Da Huang Zhou
  (Zhou Brothers, Chicago und Peking)

2001
- Kunstschule Villa Wieser Herxheim, Bildhauerei bei Jürgen Zimmermann.

seit 1991
- Leitung der von Sieglinde Enders initiierten Aktmalgruppe der Südpfälzischen
  Kunstgilde, die von 1999 bis 2006 mit dem Institut für Kunstwissenschaft und
  Bildende Kunst der Universität Landau kooperierte

seit 1994
- Stellvertretende Gildemeisterin der Südpfälzischen Kunstgilde e.V. Bad
  Bergzabern

seit 2006
- Gildemeisterin der Südpfälzischen Kunstgilde e.V. Bad Bergzabern

2006
- 3. Platz bei der "Ersten Internationalen Deutschen Meisterschaft im Fach Malerei"


Mitgliedschaften:

- Berufsverband Bildender Künstler Rheinland-Pfalz im Bundesverband e.V. (BBK)
- Südpfälzische Kunstgilde Bad Bergzabern e.V. (Gildemeisterin)
- Kunstverein Villa Streccius e.V. Landau in der Pfalz
- Zehnthaus Jockgrim e.V.




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