Stadt Landau in der Pfalz / Stadtbibliothek Landau
Veronika Olma: "menschpflanzetierplusdinge"
Malerei
04.04.08 bis 26.04.08
Veronika Olma
Veronika Olma: "menschpflanzetier" (2007)

"menschpflanzetierplusdinge" lautet der Titel zur Ausstellung von Veronika Olma. Sie arbeitet in ihren Bildern mit dem Aspekt der Gegensätzlichkeit. In dem Versuch, die Gegensatzpaare so konträr wie möglich zu wählen, kombiniert sie Abstraktes mit Realitätsnahem, Zeichnerisches mit Malerischem, Strukturelles mit Fotorealistischem, Schrundiges mit Glattem usw. Besonders spannend wird es, wenn die Künstlerin vor einheitlichem Bildgrund Dinge zeigt, die nicht aus der gleichen Zeit und schon gar nicht aus dem gleichen Raum sein können. Veranstalter sind die "Freunde der Stadtbibliothek Landau e.V."


Einführung von Dr. Matthias Brück

Wenn der Hirsch springt, der Prinz durch einen Geisterwald reitet oder ein Radfahrer durch den Mikrokosmos radelt, dann ist die Welt nicht aus den Fugen geraten, sondern auf der Suche nach sich selbst. Wenn Organisches, Zeugen von Flora und Fauna wie Indizien des Menschlichen sich scheinbar beziehungslos im Raum bewegen, dann hat Veronika Olma sich die ewige Frage gestellt, "was unsere Welt im Innersten zusammenhält"...
Eigentlich eine existentielle Frage ohne Haltbarkeitsdatum, die sich allerdings immer weniger Menschen zu stellen scheinen, da es neben dem wachsenden Desinteresse, immer mehr Placebos in Form von faulen Kompromissen, falschen Synthesen oder bewusst in Kauf genommen Täuschungen gibt, die anstandslos akzeptiert werden.

Und schon steckt man in dem alten Dilemma, ob man Kant zustimmt (das Bewusstsein bestimmt das Sein) oder ob man lieber Marx folgen möchte, der das Sein für unser Bewusstsein verantwortlich machen wollte... Hoffentlich habe ich Sie nun hinreichend verwirrt! Denn wer sich mit den Exponaten dieser Künstlerin ernsthaft auseinandersetzt, der trifft eben nicht auf Vorgefertigtes, auf sichere Antworten, vielmehr auf einen offenen Horizont des Fragens, auf ein unbequemes Sowohl-als-auch. Fast eine Zumutung in heutigen Tagen!

Fast spielerisch werden tatsächliche oder vermeintliche Gegensätze auf die Leinwand gebracht, haben längst den Charakter der Addition verloren - und dennoch mögen sie auf irgendeine Weise zusammenhängen. Diese Überlegungen führen bei Veronika Olma eben zu einer Suche nach Beziehungen, Verknüpfungen, die sich bisweilen auch auf einem "ironischen Hintergrund" ereignen können. Denn vielleicht verstärken ja die Bundeswehr-Tarnstoffe listig das Verborgene kaum Wahrnehmbare, dem diese Künstlerin stets auf der Spur bleiben will?

Eine grobe, fast gestisch anmutende Malerei korrespondiert mit feinen Pinselzeichnungen - lässt sie als mögliche Gegensätze erscheinen, abstrakte Elemente treffen auf realistische Darstellungen - und doch mögen beide Disziplinen einem übergeordneten Umgreifenden verpflichtet sein. Dabei kommt es gewiss auch zu überraschenden, evolutionären Begegnungen - wie zwischen Hirsch und Hirschkäfer, die sich nur jemand einfallen lässt, dessen Fantasie in der Tat keine Grenzen kennt, der sich radikal und charmant zugleich mit der Wirklichkeit auseinandersetzt.

Häufig erscheinen die jeweiligen Szenen auf bewegten, fast sphärisch zu nennenden Hintergründen, so, als wären die möglichen Beziehungen zwischen Mensch und Mensch, zwischen Mensch und Tier, zwischen Mensch und Ding regelrecht in der Schwebe.

Was bedeutet nun ein Eingriff in dieses Geflecht der bewussten oder unbewussten Beziehungen? Welchen Gesetzen folgt eine Entwicklung, die wir zu kennen glauben, aber möglicherweise auch nur glauben, weil Religion und Wissenschaft - je nach Geschmack - sie uns serviert haben? Gibt es überhaupt verlässliche Konstanten in unserer Realität oder sind sie einem ständigen Werden und Vergehen unterworfen wie es manche Bilder dieser Künstlerin anzudeuten scheinen? Denn immer wenn Figuren oder Objekte aus dem amorphen Hintergrund auftauchen, mögen sie zugleich wieder im Verschwinden begriffen sein. Ein Universum voller Single-Existenzen oder ein Gefüge geheimnisvoller Ordnungen, in die jeder eingebunden ist - ob es ihm gefällt oder nicht?

Sie sehen, wenn Veronika Olma Ihnen ihre "Universumsmodelle" vorstellt - seien sie naturwissenschaftlich oder philosophisch akzentuiert - dann handelt es sich stets um dogmenfreie Entwürfe, die sich nicht umsonst an der zeitlosen sokratischenProvokation orientieren: "Mein lieber Freund, was ist das eigentlich, von dem Du sagst, dass es das ist?"

Nun, so genau weiß ich das ja auch nicht. Deshalb nehmen Sie sich einfach zu Hause genügend Zeit zum Nachdenken - vor Ihrem eigenen Exponat!


Besprechung von Gabriele Weingartner, Die Rheinpfalz vom 05.04.08

Soll es doch regnen!

Ins Grübeln versetzt Veronika Olma die Betrachter ihrer Arbeiten in der Landauer Stadtbibliothek, allenfalls der Titel ihrer Ausstellung "menschpflanzetierplusdinge" weist andeutungsweise den Weg in eine Denk- und Kunstrichtung, die sich vor allem von der Zusammenschau der Welt und deren Beziehungeflechten fasziniert zeigt. Denn was hat der fast fotorealistisch gemalte Hirsch auf dem einen Bildteil mit der Holz simulierenden Malerei auf dem anderen Bildteil zu tun? (Soll er etwa sein Geweih daran reiben?) Der hochgerüstete Ritter mit dem von ihm abgetrennten schwarz-weißen Gewaber an seiner linken Seite? Was die Kuh mit der gegenüberliegenden Grünfläche, die auch eine Wiese sein könnte?

Mehr jedenfalls als man denkt auf den ersten Blick, und genau dies ist auch der "Trick" bei Veronika Olmas zumeist zweiteiligen Arbeiten: Sie zeigen Dinge, Tiere oder Menschen immer in ihren verschiedenen Facetten, trennen zum Beispiel das Glas von dem Tisch, auf dem es steht, drehen auch das Glas um und demonstrieren, wie die Flüsssigkeit daraus läuft. Oder sie lassen - in roten Umrissen - eine Hand sichtbar werden, die eine khakifarbene Landschaft malt, deren lichtdurchwirkte, grün-braune Reflexe wie ein wogender Wald anmutet, aber auch ein militärisches Aufmarschgebiet sein könnte.

Olmas Malerei ist assoziativ und witzig zugleich: sie nimmt dem Publikum einerseits Denkvorgänge ab - indem sie einen Hirsch und einen Hirschhornkäfer bildlich-zweiteilig zusammenzwingt. Und winkt andererseits mit schöner Indirektheit: eine gestickte Kaffeedecke steht gleichfalls einem Hirsch gegenüber, was dann aber - sofern man bereit ist, um die Ecke zu denken - gleichfalls so einiges nahelegt: Bürgerlichkeit, Gemütlichkeit, Kitsch, vielleicht ja sogar wirklich den röhrenden Hirsch über dem Sofa, wie man ihn früher - schön fertig gerahmt - auch im Kaufhaus erstehen konnte.

Haushaltsgegenstände scheinen die Malerin gleichfalls bewogen haben, sie auf ihre vermeintliche Harmlosigkeit "abzuklopfen" und werden dann regelrecht vehement abgehakt mit roter Farbe: eine Zitronenpresse, ein Flaschenöffner, schwarz-schillernde Tulpen.

Manchmal findet auch eine deutlichere Verbindung zwischen den beiden Teilen eines Bildes statt: wenn Fische - vielleicht sind es ja wandernde Lachse - von einem Teil in den anderen schwimmen und sich dabei verwandeln. Aber schon das Liebespaar unterm Regenschirm ist kaum mehr dazu zu bewegen, die Seite zu wechseln, und so lässt Olma den niedergehenden Schauer (auf der rechten Seite) ohne weitere menschliche Durchdringungsversuche. Soll es doch regnen!

Rätselhaft bleiben zwei Großformate, auf denen man erst nach ein paar Sekunden die beiden Radfahrer erfasst, die dort ihre Kreise ziehen: der eine direkt von oben, der andere schräg von der Seite erfasst. Vielleicht umradeln sie ja nur die Riesenblüten, die gleichfalls auf den Bildern zu erkennen sind, deren Stängel sind dick wie Bäume. Womöglich haben sich die Radler ja auch nur in ihren Träumen verirrt und finden nicht mehr heraus. Sicher ist jedenfalls, dass auch hier die von Veronika Olma so geliebte Ungleichzeitigkeit praktiziert wird. Nichts bleibt in den richtigen Dimensionen, die Pflanzen sind groß - wie bei "Alice im Wunderland" - und die Menschen mitsamt ihren Fortbewegungsmitteln schrumpfen. Aber was heißt eigentlich richtige Dimension? Olma zeigt in ihrer Malerei, dass man mit deren Relativität rechnen muss. Nichts ist so, wie es scheint. Aber alles kann irgendwie dargestellt werden.


Einführung von Dr. Matthias Brück

Wenn der Hirsch springt, der Prinz durch einen Geisterwald reitet oder ein Radfahrer durch den Mikrokosmos radelt, dann ist die Welt nicht aus den Fugen geraten, sondern auf der Suche nach sich selbst. Wenn Organisches, Zeugen von Flora und Fauna wie Indizien des Menschlichen sich scheinbar beziehungslos im Raum bewegen, dann hat Veronika Olma sich die ewige Frage gestellt, "was unsere Welt im Innersten zusammenhält"...
Eigentlich eine existentielle Frage ohne Haltbarkeitsdatum, die sich allerdings immer weniger Menschen zu stellen scheinen, da es neben dem wachsenden Desinteresse, immer mehr Placebos in Form von faulen Kompromissen, falschen Synthesen oder bewusst in Kauf genommen Täuschungen gibt, die anstandslos akzeptiert werden.

Und schon steckt man in dem alten Dilemma, ob man Kant zustimmt (das Bewusstsein bestimmt das Sein) oder ob man lieber Marx folgen möchte, der das Sein für unser Bewusstsein verantwortlich machen wollte... Hoffentlich habe ich Sie nun hinreichend verwirrt! Denn wer sich mit den Exponaten dieser Künstlerin ernsthaft auseinandersetzt, der trifft eben nicht auf Vorgefertigtes, auf sichere Antworten, vielmehr auf einen offenen Horizont des Fragens, auf ein unbequemes Sowohl-als-auch. Fast eine Zumutung in heutigen Tagen!

Fast spielerisch werden tatsächliche oder vermeintliche Gegensätze auf die Leinwand gebracht, haben längst den Charakter der Addition verloren - und dennoch mögen sie auf irgendeine Weise zusammenhängen. Diese Überlegungen führen bei Veronika Olma eben zu einer Suche nach Beziehungen, Verknüpfungen, die sich bisweilen auch auf einem "ironischen Hintergrund" ereignen können. Denn vielleicht verstärken ja die Bundeswehr-Tarnstoffe listig das Verborgene kaum Wahrnehmbare, dem diese Künstlerin stets auf der Spur bleiben will?

Eine grobe, fast gestisch anmutende Malerei korrespondiert mit feinen Pinselzeichnungen - lässt sie als mögliche Gegensätze erscheinen, abstrakte Elemente treffen auf realistische Darstellungen - und doch mögen beide Disziplinen einem übergeordneten Umgreifenden verpflichtet sein. Dabei kommt es gewiss auch zu überraschenden, evolutionären Begegnungen - wie zwischen Hirsch und Hirschkäfer, die sich nur jemand einfallen lässt, dessen Fantasie in der Tat keine Grenzen kennt, der sich radikal und charmant zugleich mit der Wirklichkeit auseinandersetzt.

Häufig erscheinen die jeweiligen Szenen auf bewegten, fast sphärisch zu nennenden Hintergründen, so, als wären die möglichen Beziehungen zwischen Mensch und Mensch, zwischen Mensch und Tier, zwischen Mensch und Ding regelrecht in der Schwebe.

Was bedeutet nun ein Eingriff in dieses Geflecht der bewussten oder unbewussten Beziehungen? Welchen Gesetzen folgt eine Entwicklung, die wir zu kennen glauben, aber möglicherweise auch nur glauben, weil Religion und Wissenschaft - je nach Geschmack - sie uns serviert haben? Gibt es überhaupt verlässliche Konstanten in unserer Realität oder sind sie einem ständigen Werden und Vergehen unterworfen wie es manche Bilder dieser Künstlerin anzudeuten scheinen? Denn immer wenn Figuren oder Objekte aus dem amorphen Hintergrund auftauchen, mögen sie zugleich wieder im Verschwinden begriffen sein. Ein Universum voller Single-Existenzen oder ein Gefüge geheimnisvoller Ordnungen, in die jeder eingebunden ist - ob es ihm gefällt oder nicht?

Sie sehen, wenn Veronika Olma Ihnen ihre "Universumsmodelle" vorstellt - seien sie naturwissenschaftlich oder philosophisch akzentuiert - dann handelt es sich stets um dogmenfreie Entwürfe, die sich nicht umsonst an der zeitlosen sokratischenProvokation orientieren: "Mein lieber Freund, was ist das eigentlich, von dem Du sagst, dass es das ist?"

Nun, so genau weiß ich das ja auch nicht. Deshalb nehmen Sie sich einfach zu Hause genügend Zeit zum Nachdenken - vor Ihrem eigenen Exponat!



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