Stadt Speyer / Städtische Galerie Kulturhof Flachsgasse
Alo Altripp: "Zum 100. Geburtstag"
Malerei
06.07.06 bis 06.08.06
Alo Altripp
Alo Altripp

Alo Altripp, geboren als Friedrich Schlüssel in Altrip, gelangte über die neue Sachlichkeit zur informellen Malerei. Prägend für ihn war seine Verbundenheit mit dem in Wiesbaden lebenden russischen Maler Alexej Jawlensky bis zu dessen Tod 1941.

Von Jawlensky konnte Altripp in seinen Gemälden und Zeichnungen zu einem durch meditatives Versenken gewonnenen, reinen Ausdruck der Geistigkeit gelangen. Kunst war für ihn, wie er 1962 bekannt hat, "immer Spiegelung einer geistigen, überirdischen Wahrheit".

Neben den von dem Künstler zu Lebzeiten bevorzugten Kleinformaten werden erstmals seine großformatigen Ölgemälde zu sehen sein.


Besprechung von Gabriele Weingartner (Die Rheinpfalz vom 07.07.06)

Alo Altripp aus Altrip

Eine Ausstellung in Speyer erinnert an den pfälzischen Künstler

Alo Altripp, dessen Werke derzeit aus Anlass seines 100. Geburtstages im Speyerer Kulturhof Flachsgasse zu sehen sind, gehört zu den bedeutendsten Künstlern der gegenstandlosen Malerei. Wenige jedoch wissen, dass er eigentlich Friedrich Schlüssel hieß und als Pseudonym den Namen seines Geburtstortes verwendete. Als solcher wurde er international bekannt, das zweite P im Namen, wozu ihn seine Heimatgemeinde - der Distanz wegen - vergatterte, markiert wohl für immer den feinen, kleinen Unterschied.

Die von Clemens Jöckle kuratierte Schau macht deutlich, welche Etappen Altripp in seiner Entwicklung durchschritt und zu welchen theoretisch unterfütterten Schritten er sich selbst entschloss, um der Klassischen Moderne anzugehören. Begonnen hat der Maler nämlich - nach einem Studium an der Kunstgewerbeschule in Mainz und an der Akademie für Kunst und Gewerbe in Dresden - mit Bildern im Stil der Neuen Sachlichkeit.

Weil sich die Besitzer dieser Bilder zierten und sie nicht ausleihen wollten, kann in Speyer leider nur die Arbeit "Staffelei im Lampenlicht" davon Zeugnis ablegen, dies aber ungemein eindrucksvoll. Die Versenkung in die Schriften des Anthroposophen Rudolf Steiner 1929/30 verleidete Alo Altripp allerdings bald die glatte realistische Perfektion, so souverän er sie auch beherrschte und magisch aufleuchten lassen konnte. Fortan malte er lyrisch abstrakt und setzte seine selbst formulierte Maxime "Kunst ist Geistform" auch technisch immer raffinierter um.

Prägend war dabei der freundschaftliche Kontakt zu dem russischen Maler Alexej von Jawlensky, der wie Altripp in Wiesbaden lebte. Man befruchtete einander, tauschte Verfahrensweisen aus, arbeitete mit den so genannten Malerkämmen, mit Abklatschverfahren, Kordeldruck, den Wundern der Monotypie. Freilich konnte Altripp die Gegenständlichkeit nur "überwinden", weil er deren Grenzen vorher so unnachgiebig abgeschritten hatte. Und wenigstens teilweise musste er auch wieder dorthin zurück, als er - während des Zweiten Weltkriegs eingezogen - bei der Firma Opel in Rüsselsheim akribische Zeichnungen für die Ersatzteil-Beschaffungslisten anfertigen musste.

Dennoch: Vor allem in der Grafik, wozu auch die kleinformatigen, in Speyer in einem Saal versammelten Aquarelle seiner späten Jahre zu zählen sind, gelangte er nachgerade zu lichtdurchfluteten, "vom Geist der Gotik" inspirierte Höhen. Anders als in den in Speyer zum ersten Mal ausgestellten Großformaten in Öl, deren erdenschwere Dunkelheit fast erdrückend wirkt und keinen Platz für malerische Dynamik zulässt, sprengen diese Blätter die Gesetze von Raum und Zeit, wird die Polarität von Geist und Materie scheinbar aufgehoben, das meditative Verfahren des zugelassenen Zufalls immer wieder sichtbar gemacht.

Überraschend erscheint dabei die künstlerische Hellsichtigkeit, mit der Alo Altripp in eine faszinierende Nähe zu zeitgenössischen Kollegen gelangte: zu Lyonel Feininger etwa oder Willem de Kooning, die er persönlich kannte. Paul Klees Spruch "Kunst verhält sich zur Schöpfung gleichnisartig" - Altripp hat den spröde verträumten Maler zwischen 1936 bis 1939 mehrmals in der Schweiz besucht - lässt sich jedenfalls auch auf sein Werk anwenden.




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