Reinhard Ader geht davon aus, dass die so genannte Wirklichkeit einem ständigen Erfahrungsprozess unterliegt. Wahrnehmung und Realität haben immer nur eine zeitlich und Standpunkt bezogene Gültigkeit, die fortwährend revidiert, überarbeitet und neu gedacht werden muss.

Das Bewusst-Sein über das, was wir zu kennen glauben, wird in ungewohnter Perspektive und Räumlichkeit dargestellt und gleichzeitig hinterfragt.

Aders Bilder suchen die Antwort in einem Brückenschlag zwischen expressiver, magisch-realistischer und konzeptueller Malerei, indem sie eine realistische Wiedergabe behaupten und zugleich zurücknehmen, dabei hinterfragen sie gewohnheitsmäßig eingespielte Formen der Repräsentation.

Das Bild wird zu einer Kulissenwelt, der Betrachter wird zurückgeworfen auf die Anschauung und die Bewegungen, mit denen sein Blick das Bild konstituiert. Erst der Blick belebt die Innenräume, erst er schreibt das Drama, das in diesen Kulissen spielt. Realität, Wahrnehmung, Emotion und Vorstellung werden zu Komponenten der Zwiesprache zwischen Bild und Betrachter.

Anstelle von Bildinterpretationen soll der Betrachter über die Titel und die oft scheinbar a-logischen Zusammenhänge angestoßen werden, seinen eigenen Wahrnehmungen und Gedanken zu folgen.
Die Aphorismen entstehen meist im Zusammenhang mit dem Entstehen der Gemälde.

["Fremdenzimmer"], 2011, Acryl und Graphit auf Leinwand, 110 x 80 cm

Das Zimmer des Fremden
Fremd im Zimmer
Zwischen Lichtschluchten
Und Dunkelheitsgebirgen
Das ferne Grollen eines Düsenjets
Das nahe Träumen des Hundes

Bett
Waschbecken
Dielenboden
Fenster

Die Schatten abgenommener Bilder

Das Quietschen
Das Tropfen
Das Knarren

Blindheit ohne Ende.

Die Hände klatschen Wasser ins Gesicht.
Vor dem blinden Fenster: Mauern und Türme.

Die Turmuhr schlägt am helllichten Tag
Das Donnern des Himmels löst sich im Geschwader auf.
Kühl, der Luftzug, der das Fremdsein verscheucht.

Wenigstens für Augenblicke.
Die Struktur der Dielen
So prägnant im leeren Zimmer.

Fotos von Fotos von Bildern von Bildern
Besichtigung durch leere Fensterscheiben: Welche Eindrücke!

Stumm oder schreiend
Wehmütig
Vergessen

Und alles dreht sich rasend
Will nicht mehr festgehalten werden
losgelassen
frei sein
fremd sein!