Katharina Ritschi
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Zu den Zeichnungen:

Zerlegt man ein elektrisches Gerät, findet man darin eine eigene Welt. Was für den Laien wie ein chaotisches Gewirr von Plastik- und Metallteilen wirkt, ist für den Experten ein logisch aufgebautes System, das der Funktionalität dient. Durch das Zusammenspiel in einem komplexen Gefüge sind die einzelnen Elemente keine leblosen Metallteile mehr, sondern Funktionsträger in einer komplexen Apparatur.
Die elektrischen Teile werden zeichnerisch erkundet, dabei entstehen kuriose Gebilde, utopische Landschaften und organische Formen. Sie stellen das Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit in Frage. Damit wird letztendlich auch ihr wechselseitiger Diskurs thematisiert: Was ist real und was fiktiv? Kann das Konstrukt so funktionieren?
Die menschlichen Organe haben eine den elektrischen Geräten ganz ähnliche Funktion: die Umwandlung von Informationen in elektrische Impulse. Ihr vielschichtiger Aufbau und ihre prägnantes anatomisches Profil liegen der äußeren Form der Zeichnung zugrunde. Durch die Montage der elektrischen Elemente in einer organischen Form wirkt das Gebilde fremd und gleichzeitig vertraut. Die transformierten Gefüge besitzen durch die äußere Form menschliche Eigenschaften und muten doch maschinell an. Die Transformation von Organ zu Gerät und umgekehrt äußert sich in der Frage, ob das Organ oder das Gerät dargestellt wird: Bestimmt die äußere Form oder der Inhalt das Thema des Bildes?


Zu den Siebdrucken:

Die Siebdrucke entstanden zunächst im Rahmen des semesterübergreifenden Projektes "Drucksachen", bei dem Druckgrafiken zur Erweiterung der eigenen künstlerischen Arbeit erstellt wurden. Ziel war die Zusammenstellung einer Druckgrafikedition, die zum Rundgang der HBKsaar 2012 erschienen ist.
Die Motive entstehen durch das Bündeln mehrerer Zeichnungen, die sich in einer Grafik überlagern. Die zuvor genau abgezeichneten Platinenteile kann man durch die Überschneidungen nicht mehr identifizieren. Sie verschwinden in der Masse der Linien. So wird ihre Position und damit auch die Funktion obsolet.
Bei der Frage nach der Funktionalität spielt die technische Zeichnung eine zentrale Rolle. Während die ursprüngliche Definition der technischen Zeichnung sich auf die funktionelle Bauanleitung für eine Maschine bezieht, wird hier die Zeichnung durch ihren fiktiven Aufbau jeglicher technischer Funktion enthoben. Indem sich Elemente des technischen Bauplans und die Zeichnung einzelner elektrischer Bauteile überlappen, verschmelzen sie zu einem untrennbaren Ganzen. Die Zeichnung orientiert sich an realistischen Vorgaben, weist durch die Überlagerung aber einen hohen Abstraktionsgrad auf.
Die Farbgebung leistet dem Sachverhalt Vorschub: Die drei verschiedenen Farben leiten sich vom Farbcode eines elektrischen Widerstandes ab. In einem weiteren Schritt verschwindet die Zeichnung zunehmend im Papier. Die ursprüngliche Intention der exakten Bauanleitung wird ad absurdum geführt.