Kompromisslose Sicht auf desolate Welt

Ist die Welt wirklich so martialisch, wie sie sich uns in den Bildern Armin Rohrs präsentiert? Ein Blick ins abendliche Fernsehprogramm belehrt uns keines Besseren. Und doch lohnt es, sich auf die derzeit in der artgalerie am schloss in Bad Bergzabern ausgestellten Arbeiten des saarländischen Künstlers einzulassen. Auch wenn man ungetröstet vondannen zieht.

Eigentlich traut man ja seinen Augen nicht, beziehungsweise will ihnen nicht trauen: dass da buchstäblich auf jeder Mischtechnik die Gewalt obsiegt, dass da permanent Männer mit Maschinengewehren und Pistolen durchs bildnerische Gelände robben, dass selbst Spielzeug-Kuscheltiere wie Bären und Hasen und jede Menge Playmobil-Figuren bis an die Zähne bewaffnet sind und auf uns, die Betrachter - zu zielen scheinen. Nicht nur auf uns sogar, sondern auch auf die Jungen und Mädchen, die sich auf die Leinwände verirrt haben, dort im Schneidersitz hocken in melancholischer Pose oder verlegen ihr kurzes Röckchen um die Finger wickeln.

Bunt und poppig geht es zu in Armin Rohrs vermeintlich comicartiger Welt, wo die Inhalte der Sprechblasen konsequent übermalt wurden. Ein bisschen Lichtenstein-Verschnitt-artig sogar, nur dass die bekannte Rastermethode sich hier aufzulösen beginnt und Rohrs medienkritische Absicht mitnichten ironisch oder gar zynisch daherkommt.

Dass aber die Gewalt allgegenwärtig ist und es hier nicht um malerische Spielereien geht oder gar Reminiszenzen an die Popart, das zeigen vor allem die Schablonen kriegerischen Inhalts, die von einem Bild ins andere wandern. Die Cowboys in ihrem wiegenden Gang, die ein bisschen an Bush erinnern, die Dinosaurier, die überhaupt nicht gemütlich aussehen, die abgeschossenen Playmos, mit denen sich die krude Wirklichkeit so gut simulieren lässt. Sozusagen ohne Titel ziehen die Arbeiten ihre wirklichen Titel auf der Preisliste in Klammern hinter sich her und nennen sich etwa "Unschuld und Wehmut" oder "Run chicken run". Das heißt, wollen nicht plakativ Stellung nehmen und tun es letztlich doch, auch mit Mitteln, die in ihrer souverän agierenden Collagemanier aus der Werbung zu kommen scheinen.

Erst in einer Reihe von Selbstbildnissen gibt Armin Rohr dann den Blick auf seine inneren Impulse frei.

"Versuche über die Verzweiflung" heißt die Serie, die den Künstler mit vielerlei Attributen versehen zeigt. Mit Punkten im Gesicht, mit Haarnetz, mit Lockenwicklern auf dem Kopf, Geschlechter übergreifend. Nur seine Mimik bleibt immer gleich und die Brille erkennbar und somit auch die klare, kompromisslose Sicht auf die desolate Beschaffenheit der Welt. Zu Hause erwarten den Betrachter, wie gesagt, die Blockbuster mit ihren Explosionen und die Nachrichtensendungen mit den minutiös abgefilmten Resultaten der täglichen Selbstmordattentate. Dass Rohrs Arbeiten insofern ästhetische Zumutungen bleiben müssen und keine malerisch kunstvollen Offenbarungen, unterliegt keinem Zweifel. Um Bilder, die man sich zur Erbauung übers Sofa hängt, handelt es sich allerdings nicht.
Die Zeiten sind eh vorbei.

Besprechung von Gabriele Weingartner, Die Rheinpfalz vom 04.06.07

Gabriele Weingartner (geb. 02.12 1948 in Edenkoben) ist eine deutsche Journalistin und Autorin, die vorzugsweise Erzählungen, Romane und Essays schreibt. Sie lebt im pfälzischen St. Martin.