Bezirksverband Pfalz / Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk)
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"Vera Mercer. Stillleben"
Fotografie
28.11.15 bis 03.04.16
Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern
Vera Mercer: "The Bass", Paris 2014, 8 x 10 negative film, 150 x 220 cm, printed on Hahnemühle Watercolor Paper, © Künstlerin

Vernissage am 27.11.15 um 19.00 Uhr
Begrüßung: Theo Wieder, Bezirkstagsvorsitzender 
Einführung: Dr. Britta E. Buhlmann, Direktorin des mpk 
Musik: Sachiko Furuhata-Kersting, Pianistin 

Das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk) zeigt rund 50 großformatige Stillleben von Vera Mercer aus den Jahren 2006 bis 2015. Die Fotoarbeiten werden konfrontiert mit jeweils einem Gemälde von Peter van Boucle (zw. 1600 u. 1610 bis 1673), Ermocrate Bucci (1842-1885), Daniel Seghers (1590-1661), Petrus Staverenus (tätig 1634-1654) und Antoine Vollon (1833-1900). Es entsteht so eine aufschlussreiche Begegnung der Jahrhunderte.

Aus der Küche stammen zahlreiche "Protagonisten" für ihre Aufnahmen. Vera Mercer, geboren 1936 in Berlin, als junge Frau verheiratet mit dem Schweizer Künstler Daniel Spoerri, dem Begründer der "Eat Art", lebt und arbeitet in Paris und Omaha. Dort im US-Bundesstaat Nebraska unterhält sie mit ihrem heutigen Ehemann, neben einem Wohnatelier, drei Restaurants.

Vera Mercer inszeniert ihre Stillleben. Sie schafft, wie ihre klassischen Vorläufer in der Malerei, Bilder, in denen Objekte der Natur, tote Tiere, Gemüse, Obst und Blumen mit solchen der alltäglichen Dingwelt, Kerzen, Schalen, Gläsern oder Silberzeug in verführerischer Schönheit zusammengestellt und wiedergegeben werden. Als Bühne dienen der Fotografin ein Kaminsims in ihrem Pariser Atelier und ein alter Holztisch im heimischen Omaha.

Die in die Ausstellung eingeflochtenen Niederländischen Stillleben erschließen mit verschlüsselten Botschaften eine Metaebene. Sie unterfüttern Freuden und Genüsse des Lebens mit Hinweisen auf die Vergänglichkeit aller Dinge. Vera Mercer hingegen gestaltet in erster Linie offene Bildaussagen. Ihre Vorstellungen von einem festlichen "Gastmahl mit aufwändigem Tafelschmuck" (Matthias Harder) verkehren sich in der Wahrnehmung jedoch auch in ein schockhaftes Moment, sobald man erfasst, dass es sich bei zahlreichen Bildelementen um abgetrennte Körperteile von Tieren handelt. Die utilitaristische Brutalität ihres Todes wird hier unvermittelt greifbar. Andere Tiere wirken als seien sie lediglich in einen Dornröschenschlaf gefallen. So weckt ein kleiner Vogel mit zauberhaft blau glänzendem Gefieder den Wunsch des Betrachters, ihn vorsichtig zu berühren. Auch einladend rote Erdbeeren, pralle Trauben und Zitronen, die nach Frische zu duften scheinen, zeugen wie ihnen beigefügte rotgolden schimmernde Fischleiber von starker sinnlicher Präsenz. Sie bilden so eine Art inhaltliches „Gegenprogramm“, eine surrealistisch anmutende Feier ästhetischer Opulenz.

Auch wenn Vera Mercer mit ihren Arbeiten Metaebenen nicht bedienen möchte, steht sie mit ihren Werken in einer Tradition der "Nature Morte", einem Synonym für Stillleben. Ein gehäuteter Tierkopf mit heraushängender Zunge greift in seiner Nacktheit die Formen, Dellen und Flecken einer neben ihm liegenden Quitte auf, ein gerupftes Huhn findet sich zwischen Pfingstrosen und Ziegenkäse, abgehackte Schweinsfüße zwischen üppigen Blumenarrangements. Tod und Lebendigkeit werden von Mercer in ein starkes Spannungsverhältnis gesetzt. Mit vergleichbarer Intensität arbeitet sie auch andere inhaltliche und formale Gegensätze heraus: von Licht und Schatten, die sie mit Tageslicht und zahlreichen Kerzen in ihren Arrangements hervorruft, von Realismus und Illusion, indem sie ihre frischen Tableaus mit früheren Fotografien hinterlegt, von Tradition und Moderne, indem sie althergebrachte Motive mit zeitgenössischen Techniken bearbeitet und von Schönheit und Schrecken, weil neben aller Sinneslust eben doch abgehackte Tierköpfe und -füße kalte Hinweise auf deren illusionslose Verwertung geben.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass Vera Mercers Fotografien trotz ihrer traditionellen Sujets als aktueller Spiegel unser Zeit gelesen werden dürfen, mit all ihren aufregenden Kontrasten und Ambivalenzen, mit ihren brillanten und diffusen Seiten.




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Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern
Vera Mercer: "The Bass", Paris 2014, 8 x 10 negative film, 150 x 220 cm, printed on Hahnemühle Watercolor Paper, © Künstlerin