Kulturzentrum Herrenhof Mußbach / Herrenhof Mußbach
Barbara Rumpf
Plastik, Zeichnung
21.06.08 bis 13.07.08
Barbara Rumpf
Barbara Rumpf

Besprechung von Gabriele Weingartner, Die Rheinpfalz vom 23.06.08

Eine Ruhe wie im Auge des Orkans

Barbara Rumpf stellt in der Kunsthalle des Herrenhofs Mußbach aus - Biblische Judith-Geschichte gegen den Strich gebürstet

Eine stille Ausstellung gibt es derzeit in der Kunsthalle des Herrenhofs Mußbach zu sehen - obwohl es bei den Plastiken und Zeichnungen von Barbara Rumpf um hochdramatische Inhalte geht. Die Stille hängt mit der Ausdrucksweise der Künstlerin zusammen: Auch im Auge des Orkans ist es ja meist ruhig.

Vielleicht rührt die Lautlosigkeit also daher, dass Barbara Rumpf all jene Konflikte, die sie in ihrer Kunst bearbeitet, schon umgesetzt hat. Was auf der Hand liegt, weil der Stoff, der sie bewegt, aus biblischen Zeiten stammt. Die Geschichte von Adam etwa, der nach der Ben-Sira-Version nicht nur Eva zur Frau hatte, sondern auch Lilith. Oder die von Judith, welche, wie man weiß, einst Nebukadnezars Feldherrn Holofernes den Kopf abschlug. Rumpf ließ sich von diesen Überlieferungen inspirieren, ja hat sogar, im Falle der Judith, den Faden weitergesponnen. Dass sie auf diese Weise natürlich neue Geschichten schuf, selbst wenn sie - wie sie im Gespräch versichert - eigentlich nicht „illustrativ" arbeiten wollte, musste sie dabei in Kauf nehmen. Sicher ist auf jeden Fall, dass ihre Judith-Erzählung gegen die Strich gebürstet ist. Sie setzt vor dem Mord ein und zeigt keineswegs - wie einige große Renaissance-Gemälde - nur das blutige Ergebnis.

Im Gegenteil: Rumpfs überlebensgroße, nur selten farblich getönten Umrisszeichnungen scheinen auf den ersten Blick völlig emotionslos. Auch ist ja gar keine Judith zu sehen, nicht ihre Gestalt, nicht ihr Gesicht, kein Prunk und keine Pracht. Eine gewisse Dramatik aber entwickelt sich doch: und zwar in den nervösen, schlanken Frauenhänden der Attentäterin, die sich in viele einzelne Bilder zerlegten Schritten auf ihren Auftritt bei Holofernes vorbereitet. Auch im Alten Testament ist ja zu lesen, dass sich Judith schön machte, also eine Art von äußerer Rüstung anlegte, um sich innerlich zu schützen. Rumpf aber berichtet fast sachlich von dieser Akribie. Und gibt ihr prompt moderne Utensilien in die Hand: Lippenstift, Zigarette, Wimperntusche, hochhackige Riemchenschuhe. Bei deren Bindung allerdings geraten die Finger - wie auf der Zeichnung zu sehen - ganz schön ins Flattern.

Hände verraten sehr viel über Menschen, sagt Barbara Rumpf. Und in der Tat ist diese mit Hilfe eines Modells gestaltete Bildergeschichte mit Namen „durch die Hand einer Frau" von eigenwilliger Schlüssigkeit, schon weil sie aus Judith weder eine Sex-Ikone noch ein ferngelenkte Nationalistin macht, sondern eine Frau, die ihren Kopf benutzt, damit sie tun kann, was ihr ihr Herz befiehlt. Dass sich in der ursprünglichen Judith-Geschichte Ereignisse aus 400 Jahren israelischer Historie zusammenballen, spricht nicht gegen die neue Lesart. Gerade die vermeintliche Kühle der Rumpf'schen Interpretation macht die ferne Figur interessant, ein bisschen interessanter womöglich als die Arbeiten, die sich mit dem Doppelwesen Eva-Lilith beschäftigen.

Die "große zweigeteilte Lilith", die wohl auch die "zweigeteilte Eva" heißen könnte, repräsentiert im Herrenhof als massiver Bronzeguss die sich im öffentlichen Raum abspielende Arbeit der Künstlerin, entstammt sie doch dem zusammen mit Gernot Rumpf gestalteten Fürther "Paradiesbrunnen". Zu mythologischen Themen besteht ohnehin eine große Affinität: ob es "Kassandra" oder "Penthesilea" ist auf zwei sehr bildhauerisch gedachten Mischtechniken oder auch - bei den Kleinplastiken - eine ganz in sich selbst versunkene, in ihre eigenen Fäden verstrickte "Ariadne".

Wie gerne die Künstlerin materialspezifisch arbeitet, lässt sich dann bei den Frauen-Gestalten und Porträtbüsten verfolgen, die aus der Kunsthalle sowohl einen Gymnastikraum als auch eine moderne Walhalla machen. Die gleich fünfmal auftretende "Frau Venus beim Sportunterricht" kommt mit einer Ausnahme (aus Epoxydharz) ganz in strahlend weißem Gips daher, während die Köpfe von Katharina, Frank und Christine ihren Charakter zu verändern scheinen: je nachdem, ob sie in Bronze, Beton oder Gips realisiert wurden.


Barbara Rumpf

1960
- geb. in Neustadt an der Weinstraße

1979
- Abitur

1979-1980
- Praktikum in der Kostümschneiderei des Nationaltheaters Mannheim

1981
- Heirat mit Gernot Rumpf, Bildhauer

1982-1998
- Studium der Bildhauerei an der Universität Mainz bei Christa Biederbick
- Diplom bei Ullrich Hellmann und Jörg Zimmermann

1996
- Förderpreis "Stiftung zur Förderung der Kunst in der Pfalz"

seit 1979
- Mitarbeit in der Bildhauerwerkstätte Gernot Rumpf

Gemeinsame Projekte im öffentlichen und kirchlichen Raum





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