Bezirksverband Pfalz / Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk)
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Franz Erhard Walther
Aquarelle
28.07.12 bis 26.08.12
Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern
Franz Erhard Walther: "Ohne Titel", 1970, Aquarell, Kaffee, Bleistift, mpk, Grafische Sammlung. Foto Gunther Balzer, Kaiserslautern. © VG Bild-Kunst, Bonn 2012

Vernissage am 27.07.12 um 19.00 Uhr

Das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk) bietet in seinem Grafischen Kabinett einen konzentrierten Einblick in das grafische Schaffen von Franz Erhard Walther. Als einer der bedeutendsten deutschen Künstler der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts ist Walther in der Grafischen Sammlung des Museums mit insgesamt 26 grandiosen Aquarellen sowie einer signifikanten sechsteiligen Siebdruckarbeit vertreten. Darüber hinaus besitzt das Haus mit der Wandformation "Erinnerung" von 1980 ein Beispiel für das plastische Werk des Künstlers. Franz Erhard Walther gilt neben Joseph Beuys als Begründer des sogenannten Erweiterten Kunstbegriffs. Besonders seine graphischen Arbeiten erlauben einen direkten Zugang zur Ideenwelt des Künstlers, die mit dieser Ausstellung im Grafischen Kabinett aufgefächert wird.

Franz Erhard Walthers Aquarelle sind äußerst komplexe grafische Werke, die oft ungewöhnliche Techniken kombinieren: Kaffee oder Tee laviert, Schreibmaschinenschrift, Beize, Wasserfarbe, Deckfarben sowie verschiedenste Zeichenmittel sind virtuos montiert und entfalten Wechselwirkungen. Da der Anteil der Wasserfarben meist überwiegt, wird hier der Terminus technicus Aquarell benutzt. Der Künstler selbst nennt seine grafischen Blätter durchgängig Diagramme oder Werkzeichnungen und betont damit vorrangig die inhaltlichen Aspekte und Zusammenhänge der Arbeiten, die fast ausschließlich in Verbindung zu Walthers sogenannten Werksätzen stehen.

In den Jahren von 1963 bis 1969 entsteht Walthers berühmter "1. Werksatz", bestehend aus 58 einfachen Objekten in verschiedenen Materialien, meist textilen Stoffen, zugeschnitten und vernäht. Diese Objekte stellen an sich kein Kunstwerk dar, sondern sind zur Benutzung durch den Betrachter/Rezipienten gedacht. Erst durch die Benutzung und das Umgehen mit ihnen evozieren die Objekte künstlerischen Gehalt, das Werk wird erst im Handlungsprozess erzeugt. In seiner Arbeit als Plastiker hat Walther damit das Kunstwerk an sich abgeschafft und die Idee der geistigen Entwicklung des Werks den Aktivitäten und Emotionen der Rezipienten anheimgestellt. Daraus ergibt sich Walthers revolutionäre Vorstellung einer immateriellen Kunst, deren Ausdruck die Handlung als Werkform ist.

In den zu den Werksätzen entstandenen Aquarellen, Diagrammen, Werkzeichnungen versucht der Künstler, solche Werkentstehungen zu materialisieren und zu greifen. Es sind darüber hinaus Hinweise auf mögliche Erfahrungen der Rezipienten, aber auch Winke zur Benutzung. Dieser eigentlich engen inhaltlichen Verpflichtung entziehen sich allerdings viele der schönen Blätter Walthers, sie entfalten über die Gebundenheit hinaus eine ganz eigene ästhetische Autonomie, sie emanzipieren sich als Meisterwerke der Aquarellkunst.

Mit den "Drei Siebdrucken" ist auch ein bedeutendes frühes druckgrafisches Werk Walthers wesentlicher Teil der Ausstellung. Der sechsteiligen Arbeit liegt die Konzeption zugrunde, die Blattzahl auf die Zahl der Farbschichten der Siebdrucke zu beziehen. Diese ironische Kommentierung von Auflagenhöhen und seriellen Prozessen ist eines der wenigen informellen Frühwerke des Künstlers, aufzufassen auch als persönliche Absage an die Kunst der 1950er Jahre. Damit manifestiert sich um 1960 in Walthers Werk bereits der konsequente und radikale Anspruch auf die Verneinung tradierter Bildformen, wozu nun auch das Informel zählen sollte.

Franz Erhard Walther wurde 1939 in Fulda geboren. Er studierte 1957 bis 1959 zunächst an der Werkkunstschule in Offenbach und nahm 1959 ein Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt am Main auf. Dort wurde er 1961 nach einer Kontroverse mit dem Klassenprofessor zwangsexmatrikuliert. Er konnte sein Studium 1962 bis 1964 bei Karl Otto Götz an der Kunstakademie Düsseldorf fortsetzen. Die Jahre in Düsseldorf bis 1967 brachten Walthers Formulierung des anderen Werkbegriffs. 1967 bis 1971 lebte er in New York und stellte dort erstmals 1969 im Museum of Modern Art seinen "1. Werksatz" aus. 1971 wurde er als Professor an die Hochschule für Bildende Künste in Hamburg berufen und war dort bis zu seiner Emeritierung 2006 tätig.




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Franz Erhard Walther: "Ohne Titel", 1970, Aquarell, Kaffee, Bleistift, mpk, Grafische Sammlung. Foto Gunther Balzer, Kaiserslautern. © VG Bild-Kunst, Bonn 2012
Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern
Franz Erhard Walther: "Eight hours", 1968-70, Aquarell, Deckweiß, Bleistift, mpk, Grafische Sammlung. Foto Gunther Balzer. © VG Bild-Kunst, Bonn 2012