Landkreis Südliche Weinstraße / Kreisverwaltung Südliche Weinstraße
Karl August Wolff und Philip Emde
Malerei, Grafik
06.11.05 bis 09.12.05
Karl August Wolff
Karl August Wolff: "Im Pfälzer Wald" (1990)

Einführung von Ulrich Dietz zu Karl August Wolff

Ich finde es großartig, dass der Landkreis Südliche Weinstraße auch in Zeiten leerer öffentlicher Kassen mit dieser Ausstellung ein weiteres Beispiel seiner konsequenten Kunstförderung gibt, wobei die Unterstützung gerade für einen gegenständlichen Maler wie Karl August Wolff und einen jungen Maler wie Philip Emde von besonderem Wert ist. Sie alle wissen, dass - zeitgeistbedingt - die traditionelle Malerei sowohl in der Kunstkritik als auch in der Ausstellungspraxis öffentlicher Stellen eher stiefmütterlich behandelt wird. Ihr zahlreiches Erscheinen am heutigen Vormittag zeigt Ihr Interesse am Werk von Karl August Wolff und Philip Emde und ist für das Selbstverständnis und die Motivation der Künstler nicht minder wertvoll.

Obwohl ich weder Kunsthistoriker noch Kunstkritiker, sondern lediglich unprofessioneller Kunstsammler bin, habe ich die Einladung, zur Eröffnung dieser Ausstellung einführende Worte zu sprechen, gerne und wie es in der Juristensprache heißt, "ohne schuldhaftes Zögern" angenommen. Zum einen sind die Bilder von Karl August Wolff, wovon Sie sich durch einen Blick in die Runde leicht überzeugen können, aus sich heraus verständlich und bedürfen keiner kunstprofessionellen Entschlüsselung und Deutung.

Zum anderen ist es für einen Staatsanwalt, der bis zu seiner Pensionierung annähernd 40 Jahre lang gewohnt war, bei öffentlichen Auftritten überwiegend negative Feststellungen und Wertungen über Mitmenschen treffen zu müssen, ein willkommener Anlass, zu beweisen, dass die Gedankenwelt eines Strafverfolgers nicht nur aus Verbotsparagraphen und Negativem besteht.
Bei einer Gelegenheit wie heute aus Überzeugung nur Positives sagen zu können, tut gut.
Zu loben ist ein Maler, der mein Leben seit meiner ersten Begegnung seit seiner Kunst vor nunmehr 18 Jahren in einem ungewöhnlichen Maß bereichert hat und dies, dessen bin ich sicher, noch lange tun wird.

Ein Maler, dessen Kunst heilsam ist, weil sie das Leben bejaht und nicht, wie manche zeitgenössischen Werke, insbesondere der sogenannten Aktionskünstler, den Betrachter nur provoziert, verunsichert und oft auch verletzt. Eine Kunst, die in ihrem Gegenstand und in ihrer Darstellung die Liebe des Künstlers zu seiner Heimat, ihrer Landschaft und ihren Menschen ausdrückt und dies mit einer Beharrlichkeit, die angesichts der handwerklich leicht erfüllbaren Forderungen des Zeitgeistes und der damit verbundenen finanziellen Verlockungen besonders beeindruckt.

Karl August Wolff selbst hat sich zum Verständnis seiner Kunst anlässlich einer früheren Ausstellung wie folgt geäußert: "Gebrauchsanweisungen für meine Bilder sind überflüssig und ich sehe mich nicht als Vermittler von Botschaften, sondern lediglich als Maler, den die Farbe und das Motiv interessiert. Ich male, was ich sehe, und meine Bilder erklären sich selbst." Oder, wie es ein Kritiker einmal ausgedrückt hat: "Karl Wolff geht es nicht darum, einen Mythos zu erschaffen oder das Unsichtbare zu enthüllen."

Das Sichtbare der Malerei von Karl August Wolff lässt sich treffend beschreiben mit dem Motto vieler seiner Ausstellungen: "Landschaft und Licht". Vor allem die Landschaften der Pfalz sind es, die den Maler zu allen Jahreszeiten inspirieren und die er zu einem Schwerpunkt seiner Kunst gemacht hat. Die Waldlandschaften des Pfälzer Waldes und des Wasgau ebenso wie die Weinlandschaften entlang der Weinstraße und die Wiesen und Felder, Auwälder, Bachläufe und Altrheingewässer der Oberrheinebene.

Landschaften, deren malerische Gestaltung stets die Vertrautheit des Malers mit ihren von ihnen erfahrenen vielfältigen Schönheiten erkennen lässt. Hierbei orientiert er sich nicht an den "großen" Augenblicken in der Landschaft, sondern an dem, was er auf seinen täglichen Streifzügen durch die Natur erlebt und was ihm als malenswert erscheint. Seine Landschaften werden durch die Natur selbst gestaltet und vermitteln so dem Betrachter das Erlebnis des Vertrautseins und Wiedererkennens.

Für die Kunst von Karl August Wolff gleichermaßen kennzeichnend ist sein virtuoser Umgang mit dem Licht: Sonnenlicht in Baumkronen, auf Ästen, Stämmen und Unterholz, Lichtspiegelungen auf Wasserflächen, bewegte Wolkenbilder. Kein Bild, das nicht von einem fein abgestimmten Wechselspiel zwischen Licht und Schatten und Hell und Dunkel dominiert wird. Es ist dieser gekonnte Umgang mit dem Licht, einhergehend mit einem besonderen Gespür für tages- und jahreszeitliche Stimmungen, der dem Maler immer wieder Bilder von einer beeindruckenden atmosphärischen Dichte und Unmittelbarkeit ermöglicht. Besonders die Winterlandschaften suchen ihresgleichen.

Zum Schluss soll nicht unerwähnt bleiben, dass Karl August Wolff nicht nur ein beeindruckender Landschaftsmaler ist, sondern auch als ebenso guter Portrait- und Tiermaler überzeugt. Wir Freunde und Nutznießer Ihrer Kunst freuen uns, Sie nach langen Jahren des malerischen Wirkens in Dänemark wieder in der Pfalz zu wissen. Was wäre die Pfalz, vor allem aber die Südpfalz ohne ihre Maler.

Über der Wertschätzung Ihrer Kunst soll aber nicht vergessen werden die Rolle, die Ihre Frau auch in Ihrem Malerleben spielt. Zum einem, dass sie bereit war, zugunsten des Heimwehs ihres Mannes nach der Pfalz ihre dänische Heimat zu verlassen. Zum andern unterstützt sie das Werk ihres Mannes mit so viel Anteilnahme, dass sie, ich weiß, schon manches durchaus gelungene Bild vor dem voreiligen Übermalen gerettet hat.


Einführung von Clemens Jöckle zu Philip Emde

Der Grenzgänger zwischen Großstadt und Kunstprovinz Philipp Emde, Jahrgang 1976, sieht in seinen Radierungen einen Dialog, wie er selbst sagt, "eine Zwiesprache zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Linie und Fläche, Säure und Kupfer, Presse und Papier." Jedes Blatt gerät unter seinen Händen zur coincidentia oppositorum, zur Vereinigung des Gegensätzlichen.

Hamburg, die Stadt seiner Studien, wird in seinen Radierungen ganz im Stile expressionistischer Großstadtlyrik zum anonymen, den Einzelnen aufsaugenden Moloch. Dies zeigt ein panoramaartig geweiteter Blick auf das Szenenviertel "rote Flora". Peitschenlampen skandieren den Rhythmus der Bildtiefe. In schwerem Schwarz ist dem Straßenband ein fragmentiertes sich in die Tiefe erstreckendes, das Querformat in seine Hälften teilendes Kreuz aufgelegt. Auf der linken Bildhälfte erheben sich blockhafte Architekturen mit sensibler Zeichnung ihrer Fensteröffnungen, während rechts im Bild diese Häuser wie von einer unbekannten Faust gleichsam zusammengepresst und als kubistische Ineinanderschachtelung verdichtet wurden. Gesichter der Menschen tauchen dann auf, wenn sie sich aus dem Bild gleichsam herausschieben, ein Protokoll vereinsamter Müdigkeit. Die Szene liest sich wie ein literarischer Kommentar zu Jakob van Hoddis, dem Berliner Lyriker, dessen Spuren sich 1942 in Auschwitz verlieren:

"Schamloser Tag entdeckt dir die Konturen.
Die Häuser stehn befleckt mit Staub und Ruß.
Es flirrt um Eilende und Wagenhaufen.
Furchtsame Weiber, Männer, blasse Huren.
Ich starre lange in die schnelle Pracht
Ein dumpfes Ahnen drunten im Gedränge -
Ich weiß, wie sie des blöden Tages Strenge
Gewaltig preisen: dass er herrschen macht."

Emde kombiniert in dieser Radierung Strichätzung mit Aquatinta, deren Ätzgrund mit dem Pinsel aufgetragen wird. Dadurch entsteht das spannungsvolle Gegeneinander konturbetonter Zeichnung, die zellular Flächen umschließt und einzelne Bildgegenstände umreißt, seien es Autos oder eben Menschen auf dem Bürgersteig, freilich keine somnambulen Flaneurs, sondern Menschen des Alltags, die vereinzelt und doch dicht, manchmal zu Zeilen hintereinander gestaffelt, auf engem Raum vorwärts drängen.

Für Emde sind die leeren Bildmitten charakteristisch, sodass sich in den Großstadtbildern eine zentrifugale Bewegung ausbreitet. Das Gewicht dieser Querformate neigt sich in dynamischer Linienführung, in dem erwähnten Blatt "rote Flora" unterstützen dies auch die Straßenlampen, zur rechten Seite hin.

Das Beschreiben und Beobachten mündet in eine Großstadtkritik und demonstriert die Entfremdung des Künstlers, der freilich, wie es Bertolt Brecht in seinen "Bukower Elegien" ausgedrückt hat, nicht gerne sich aufhält, wo er herkommt und nicht gerne weilt, wo er sein Ziel hat. So bewahren auch die Ansichten von Neustadt, etwa die sogenannte "Zwockel-Brücke" mit den Bahnschienen in ihrer Tiefe, das Fremdgewordensein an der Heimat. Dennoch sticht die Unbehaustheit der Großstadt von der Vertrautheit des Künstlers mit der Provinz, in der er aufgewachsen ist, ab.

Man kennt die gewellten Sinuslinien der Haardtberge, die Offenheit der Landschaft, die selbst in podestierendem Künstlerblick gleichsam aus der Froschperspektive aufwächst und sich nicht in der Breite des Panoramaformates der Großstadt verliert. Und dennoch inspiriert die Großstadt den Künstler und nicht unbedingt die Provinz, wie zwei Zeichnungen in dieser Ausstellung deutlich machen. Die "Blaue Fußgängerbrücke" in Hamburg bindet spontan mit dem Graphitstift 8b aufs Blatt beinahe gestische Bewegungen in fest gefügte Konturlinien ein. Verlorenheit führt in diesem Bild zu gedrängtem Chaos und lässt den Verkehrsstrom als unausweichlichen Irrgarten erscheinen.

Dem Künstler bleibt der Rückzug in einen Jazz-Keller, dessen Rhythmen sich beinahe wie von selbst auf den skizzierenden Zeichenstift und später dann bei der grafischen Umsetzung auf den Grabstichel der Kaltnadelradierung übertragen. Hier werden die Körperhaltungen vom konzentrierten Schlagzeuger, des über sein Instrument gebeugten Kontrabassisten oder des energischen Trompeters, engagiert beobachtend und im Mitswingen erfasst. Man spürt den Illustrator, der die ungeliebte Stadt in ihren Gegensätzen als Lokaltermin auslotet. Will man diesen hochsensiblen Beitrag zur illustrierenden Grafik resümieren, dann vielleicht mit zwei Zeilen des Kafka-Freundes Max Brod:

"Oft dachte ich: Straßen sind hingelegte Bilder.
Steine sind gut. Wir Menschen sind wilder."


Links:
Emde Philip (Rubrik KÜNSTLER)
Philip Emde
Philip Emde: "Rasch" (2004)



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Philip Emde
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