Kunstverein Germersheim / Zeughaus Germersheim
"Kunst in den Gewölben 2007 - figurativ"
09.11.07 bis 02.12.07
Rolf Barth
Rolf Barth: Aus der Werkgruppe "Kongruente Schattenspiele"

Mit Rolf Barth (Malerei), Thomas Brenner (Fotografie), Fritz Fronius (Malerei), Nikola Jaensch (Malerei), Gabriele Undine Meyer (Fotografie, Video, Installation) und Armin Rohr (Malerei)


Rolf Barth


Bei seinen Arbeiten setzt Rolf Barth vorwiegend Alltagsobjekte wie Emaillegeschirr oder Flaschen ein, die er aus dem Umfeld ihrer Funktion herauslöst und sie in Rahmen eines Kontextwechsels zur Bearbeitung seiner Bildthemen verwendet.

Nicht der Gebrauch des Bechers, der Flasche oder der Schale soll die künstlerische Wahrnehmung bestimmen, sondern das von vorurteilen entkleidete Sehen und Erkennen des einzelnen Gegenstandes, der durch zielgerichtete Reihung und Variation zur gewünschten Bildaussage führt.

Zur Herstellung der Arbeiten werden Acryl- und Kreidefarben verwandt, die auf den mit Acrylfarben vorbereiteten Malgrund lasierend aufgetragen werden.


Fritz Fronius

Ein alle Lebensbereiche umfassender Kunstbegriff spiegelt sich im Werk von Fritz Fronius. Audiovisuelle Gestaltung, Malerei, Musik, Film und Fotografie sind Medien eines künstlerischen Schaffens, das eine Mittlerfunktion zwischen dem Verwandlungspotential geistiger, ja spiritueller Haltung und den Gegebenheiten der realen Welt einnimmt. Die Arbeit von Fritz Fronius ist zugleich gesellschaftspolitisches Engagement, Kunst dessen sichtbares Zeugnis. Die neuen Arbeiten im malerischen Werk lassen sich unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten zuordnen. Die so entstehenden Serien können, nach zeitlichen Unterbrechungen, unter dem gleichen Blickwinkel fortgesetzt oder in andere Themenbereiche überführt werden. Ein alle Lebensbereiche umfassender Kunstbegriff spiegelt sich im Werk von Fritz Fronius.

Ein großer Teil der Gemälde ist von offener Figuration geprägt. Die menschliche Figur wird dabei einzeln, zumeist als weibliche Erscheinung erfaßt und in räumliche Verortungen eingebunden. Diese Anwesenheit mädchenhafter Weiblichkeit auf dem Bildträger ist in ein vielfarbig irisierendes malerisches Kontinuum verwoben, das den Bildraum erschließt. In flüchtiger Skizze festgehalten oder in zahlreiche Lagen lasierender Farbigkeit eingebettet, tritt die jugendliche Gestalt in lichthaltigern Inkarnat als Impression eines Augenblicks unvermittelt in den Blick des Betrachters. Verschatteten Interieurs und Architekturen werden in kontemplativer Ruhe versunkene Bewohnerinnen zur Seite gestellt. Die Beschäftigung mit der Erscheinung des Menschen im Bild findet im Erfassen atmosphärischer Nuancen ihren Niederschlag.

In anderen Arbeiten gehen Visionen der menschlichen Präsenz im Bild in Licht- und Kraftfelder über, die mit den Mitteln der Malerei in intensive, vielschichtige Farbigkeit übersetzt werden. Hier überwiegt das gestische Element. Bildliche Strukturen verdichten sich zu figürlichen Formulierungen und treten zugleich in das abstrakte Gefüge der Bildstruktur zurück. In weiteren Arbeiten verschränkt sich eine Vielzahl von Malschichten und Bildebenen zu irrealen Räumen, die Figurationen von Mensch und Tier in enigmatischen Kontexten beheimaten. Auratisch erfaßte Gegenstände zelebrieren ihr geheimnisvolles Erscheinen im Bildraum. Die motivischen Formulierungen treten in assoziative Zusammenhänge, sie speisen sich aus dem Bildgedächtnis des Künstlers, das Seheindruck und empfundene Wirklichkeit zueinander in Beziehung setzt.
(Maria Lucia Weigel, Kunsthistorikerin)


Thomas Brenner

Die Serie "couvent" entstand im Sommer 2006 in einem ehemaligem Kloster, ca. 100 km südwestlich von Brüssel. Die 16 Inszenierungen beschäftigen sich mit dem Themenkomplex Religionen, Glaube und spielen mit imaginären Wünschen und Ängsten. Die Mönche stehen hierbei als anonyme Protagonisten, um die Aussage der Bilder für jeden Betrachter möglichst offen zu halten

Vita:

1961
- geboren in Wiedenbrück/Westfalen

1983
- Assistenz bei Fotodesigner K.H. Weinmann

1984
- Studium an der GHS Essen, Kommunikationsdesign

1986
- Assistenz bei Gerhard Vormwald, Paris

1995
- Diplomabschluss bei Prof. Inge Osswald und Prof. Volker Küster


- Lehrauftrag an der FH Trier für Fotographie
- freiberufliche und künstlerische Tätigkeit
- Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Stahlbildhauer K.M. Hartmann, Projekt
"Tod des Marat"
- Projekt "ligne maginot" (Beginn 1997), seit 1998 mit Installationskünstler Bernd Decker
- Organisation von eigenständigen Ausstellungsprojekten mit Künstlern verschiedener
Kunstsparten


Mitgliedschaften:

- Deutsche Fotografische Akademie (DFA)
- Arbeitsgemeinschaft Pfälzer Künstler (apk)
- Berufsverband Bildender Künstler (BBK)


Nikola Jaensch

Nikola Jaensch wurde 1973 in Würzburg geboren. Von 1995 bis 2003 studierte sie an der Akademie für Bildende Künste der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Zeichnung bei Prof. Dieter Brembs, Druckgrafik bei Prof. Peter Lörincz und Schriftbildnerei bei Prof. Alban Grimm. Nach dem ersten Staatsexamen 2003/2004 begann sie ihr künstlerisches Vertiefungsstudium und wurde 2006 von Prof. Dieter Brembs zur Meisterschülerin ernannt. Gegenwärtig lebt und arbeitet sie in Mainz und am Bodensee.

Im Jahr 2004 wurde Nikola Jaensch zur Mainzer Stadtdruckerin gewählt und präsentierte 2005 ihre Werke in einer großen Einzelausstellung im Gutenberg Museum Mainz. Im Frühjahr 2007 erschien ihr erster Katalog anläßlich ihrer Einzelausstellung "Echogramme des Augenblicks" im Essenheimer Kunstverein - Kunstforum Rheinhessen e.V.
Nikola Jaensch realisiert Ausstellungsprojekte im In- und Ausland. Daneben arbeitet sie als Dozentin für freie Handzeichnung und als Werkstattleiterin für künstlerische Druckgrafik im Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule Mainz. An der Julius-Maximilians-Universität Würzburg nimmt sie seit 2006 ebenfalls Lehraufträge wahr.

Den überwiegenden Schwerpunkt der künstlerischen Interessenlage Nikola Jaenschs bildet die Auseinandersetzung mit Materialwirkungen und medialen Texturen: Sowohl im gegenständlich-figurativen als auch im ungegenständlich-abstrakten Bereich arbeitet die Zeichnerin und Druckgrafikerin konzeptionell und projektbezogen. Insbesondere erweitert Nikola Jaensch Studien vor der Natur in Montageformen und anderen gestalterischen Kopplungen, indem die intendierten, innovativen Chiffrenbildungen mit ihrem je verschiedenen Grad der Lesbarkeit das Wesen ihrer künstlerischen Erfindungen prägen. Unter Einsatz solch komplexer Mischformen, welche das vorausgehende Disegno etwa mittels Montage, Wachs-Modulation und anderer, eher malerischer Mittel in imaginäre Räume hineinbinden, tendiert inzwischen der Geataltungsprozeß zunehmend zu haptischen Aspekten, auch reliefartiger und räumlicher Repräsentanz. Diese projektbezogene Arbeit, die den Gedanken der Erfindungszeichnung bewahrt, hat sich somit über die Idee serieller Montage in die Disziplinen einer installativen Zeichnung sowie Filmprojektion ausgeweitet.


Gabriele Undine Meyer

Die Bielefelder Künstlerin Gabriele Undine Meyer zeigt im Kunstverein Germersheim Fotoarbeiten aus den Jahren 2002 und 2005, sowie eine aktuelle Videoarbeit. Seit 1998 beschäftigt sie sich mit dem Thema kollektive Erinnerung, arbeitet mit gefundenen Porträtfotografien vorwiegend aus der ersten Hälfte der 20. Jahrhunderts, die sie in aufwändigem Verfahren auf verschiedene Untergründe reproduziert, jedoch hauptsächlich auf Pergaminseidenpapier, das als "Spinnwebpapier" in alten Fotoalben die Seiten trennt.

In der Serie "Abbilder" (2002), großformatige SW-Fotografien auf Dibond, die in einem der Gewölbe gezeigt werden, geht sie noch einen Schritt weiter. "Wir sehen die Fotografie eines Bildes nach der Fotografie eines Originalbildes. Die Distanz zum Ursprung wird immer größer, was … auf unsere eigene historische Situation verweist." (Angela Lampe aus "Visuelle Synekdochen", in Gabriele Undine Meyer: "RECALL - Arbeiten zum Thema Erinnerung", Kerber Verlag Bielefeld 2002).

Auch der Installation "Blue Beatifics" im gegenüberliegenden Gewölbe liegen alte Porträtfotografien zugrunde, die die Künstlerin zunächst mittels lichtempfindlicher Fotoemulsion auf Pergamin vergrößert hat und dann per Mimakiprintverfahren in starker Vergrößerung auf hauchzarten Voile drucken ließ. Frei im Raum hängend strahlen die die Mädchengesichter eine ernste und zeitlose Schönheit aus. Ihr Ausdruck wirkt sublim, erhaben über die alltäglich-menschlichen Anstrengungen und Geschäfte. Die Künstlerin bezeichnet die Portraits als "Beatifics" - als Glückselige. Sie sind dem menschlichen Unglück entzogen und wie aus einer anderen Welt, bleiben jedoch präsent, wie Chronisten, die das menschliche Treiben beobachten und Zeugnis ablegen.

In der Ausstellung in Germershein konfrontiert die Künstlerin sie ertmals mit einer aktuellen Videoarbeit. In "Transition" (2007) sind Schattenwesen zu sehen, die in starker Entschleunigung eine mittig geteilte Fläche, (und damit auch die Bildfläche) überqueren. Sind die "Blue Beatifics" von einem zarten transparenten Blau, so vermitteln diese unscharfen schwarzblauen Figuren einen düsteren Eindruck, der durch den Sound - ein dumpf-dunkles Dröhnen - unterstützt wird.


Armin Rohr

"Supermann und andere Helden"

In seinen neuen Arbeiten zeigt Armin Rohr ein verwirrendes Kaleidoskop von Motiven und Figuren: Schwerter schwingende Ritter und Superman - Figuren aus Märchen- und Comicwelt - paaren sich mit Teddybären, Dinosauriern und Playmobilfiguren aus dem Kinderzimmer. Motive aus Zeitungen, eigene Fotos und Kinderportraits ergeben detailreiche Bilder, die viele Fragen offen lassen. Den Hintergrund der Gemälde bildet meist ein für Rohr typischer Farbraum aus ungebrochen leuchtender - manchmal greller Farbigkeit. Angedeutete Sprechblasen bleiben meistens leer, erklärende Hinweise damit aus. Die brachialen Posen der Spielzeugfiguren stehen in einem verstörenden Kontrast zu Kinderporträts und der Farbigkeit der Bilder. Es mischen sich jetzt verschiedene Realitäten und expressive Farbigkeit zu teilweise surrealen oder auch dadaistisch anmutenden Bildwelten. Rohr zeigt uns hier ein irritierendes Bild der Welt. Erst auf den zweiten Blick beschleicht uns Betrachter, trotz scheinbarer Fröhlichkeit, ein merkwürdiges Gefühl, eine dunkle Ahnung. Diese Welt scheint eine bedrohliche, bedrohte Welt zu sein.

Das gestalterische Prinzip des Künstlers ist die Collage. Er löst die Motive aus den ursprünglichen Zusammenhängen und bringt sie auf der Leinwand in einen neuen, malerischen Kontext. Viele seiner Figuren sind uns bekannt oder kommen uns bekannt vor: Allerdings erhalten sie in den Bildern eine andere Konnotation, eine andere Bedeutung. Armin Rohr zeigt sich als sensibler, kritischer Beobachter; seine Strategie zielt auf eine Verunsicherung des Betrachters.

Was bleibt, ist Malerei. Oder, um es mit seinen Worten zu sagen: "Bilder - nichts als Bilder." Trotzdem trifft er mit diesen Bildern sehr genau die von Unsicherheit und Zweifel geprägte Stimmung in unserer global vernetzten Welt. Es ist der skeptische Blick eines - noch nicht ganz verzweifelten Zeitgenossen - auf die inneren Befindlichkeiten unserer Gesellschaft.
(Adrian Rosendorffer)


Vita:

- geb. in Hemsbach über Weinheim
- lebt und arbeitet in Saarbrücken

1983-1988
- Designstudium Saarbrücken

1989-1991
- Freier Maler und Zeichner in Ludwigsburg und Stuttgart

1991-1994
- Freier Maler in Saarbrücken

1994-1998
- Studium der Freien Malerei an der HBK Saar bei Prof. Bodo Baumgarten
- Ernennung zum Meisterschüler

1997
- Förderstipendium der Landeshauptstadt Saarbrücken
- Saar-Lor-Lux-Kunstpreis der Stadt Ottweiler

2002
- Arbeitsstipendium des Saarl. Kultusministeriums an der Cité Internationale des
Arts in Paris

2002
- Kulturpreis für Kunst des Stadtverbandes Saarbrücken

seit 2003
- Lehrauftrag an der HBK Saar, Saarbrücken

Einführung von Dr. Matthias Brück

Mit Begriffen und Definitionen ist es so eine Sache. Sie dienen zur Abgrenzung, schaffen Ordnung und Einteilungen - mit anderen Worten, sie scheinen die Welt besser verständlich zu machen, wenn man sie Baustein für Baustein zu einem System zusammensetzt. Doch ebenso können sie Gewissheiten, vermeintliche Sicherheiten vorgaukeln, dogmatisches Denken provozieren und letztlich Freiheiten beschränken! Den sechs Künstlerinnen und Künstlern der heutigen Ausstellung scheint beim Terminus "figurativ" allerdings eine dritte Möglichkeit gelungen zu sein.

Sie haben sich - mit einer Ausnahme - auf unterschiedlichste Weise auf den Menschen konzentriert, ihn als Figur, Person, als Individuum, aber auch als Statisten oder reines Kompositions-Element begriffen. Somit wird der Ausstellungstitel "figurativ" - unabhängig von künstlerisch-technischer Darstellungsweise - zu einem erstaunlichen Initialzünder, zu einem Interpretationsansatz für Mensch, Menschenbild, Welt und Weltbild.

Bei Rolf Barth allerdings wird man nur sehr indirekt an den Menschen erinnert. Erinnern seine Töpfe, Kannen oder Schalen wohl an Großmutters Küchenarsenal, doch seine eigentliche Intention liegt wohl kaum in einer Rehabilitation des Unscheinbaren, längst Vergessenen und Ausrangierten. Er versteht es immer wieder aufs Neue, mit klarster, fast fotografischer Präzision das Serielle seiner Präsentation zu einer eigenen ästhetischen Harmonie zu fügen, die das Prädikat "Magie des Realen" sicherlich verdient hat. Doch dann wird dieses Gefüge scheinbar durchbrochen. Eine Emaille-Kanne, ein Teller, eine Schüssel tanzen aus der Reihe. Ihre Farbe oder der monochrome Hintergrund wechselt. Der vertraute Rhythmus scheint gestört, wenn beispielsweise einzelne Felder gegenstandsfrei bleiben, wenn nur Fragmente von Behältnissen quasi im Werden begriffen sind.

"Transformationen" nennt Rolf Barth diesen Prozess, der gewissermaßen die Stadien und Entwicklungen vor dem eigentlichen Bild charakterisiert. Funktion wird Ästhetik! Da wundert es nicht, wenn sich plötzlich Quadrate, Rechtecke und Kreise vor die jeweiligen Gegenstände schieben, als wollten sie eine neue harmonische Ordnung begründen.

Am anderen Ende des Ganges treffen Sie auf das genaue Gegenteil des eben Skizzierten. Fritz Fronius vermeidet geradezu alles Klare und Bestimmte. Seine Figuren verschmelzen beinahe in verwehter, sich überlagernder sanfter Farblichkeit mit dem sie umgebenden Raum. Sie bleiben weitgehend ohne individuelle Signifikanz, könnten als Bestandteil einer kontemplativen Ruhe fungieren, würden da nicht bisweilen unscheinbare Gegenstände sichtbar, wie das Gepäck im Exponat "Raum - Figur - Gedanke". Als würde es nicht zu der jugendlichen Person gehören, die wohl an einem Bahnsteig auf den nächsten Zug wartet, ergibt sich durch dieses Detail plötzlich ein ganz anderes Bild, eine andere Stimmung. Die Frau in dem fast lichtverklärten Hintergrund mag wohl die Mutter sein, von der es Abschied zu nehmen gilt. Da hat jetzt ein atmosphärischer Wechsel stattgefunden, der Erinnerung, gegenwärtige Situation und eine ungewisse Zukunft zu einem Augenblick verdichtet. Und während pastellene Grazien wie losgelöst von aller Erdenschwere anmutig dahin schreiten, verdichten sich anderenorts schwere Farbturbulenzen zu einem unbegrenzten kosmischen Wirbel. Figuratives hat eben viele Erscheinungsformen …

Gabriele Undine Meyer zeigt Fotoarbeiten aus den Jahren 2002 und 2005, sowie eine aktuelle Videoarbeit. Seit 1998 beschäftigt sie sich mit dem Thema kollektive Erinnerung, arbeitet mit gefundenen Porträtfotografien vorwiegend aus der ersten Hälfte der 20. Jahrhunderts, die sie in aufwändigem Verfahren auf verschiedene Untergründe reproduziert, jedoch hauptsächlich auf Pergaminseidenpapier, das als "Spinnwebpapier" in alten Fotoalben die Seiten trennt. Ihre "Abbilder" scheinen in der Tat hinter diesen netzartigen Trenn-Papieren aufzutauchen, so allerdings, als wollten sie sich nur zaghaft vom Betrachter wieder entdecken lassen. Oder ereignet sich das Gegenteil? Möchten sie verdeckt bleiben, sich der möglichen Erinnerung entziehen?
Es sind Portraits - elegisch, leicht verklärt die Frauen, entschlossen die Männer, wie es sich für diese Zeiten gehört. Verstärken die großformatigen Portrait-Fahnen nun das Vage, das Unbestimmte des Vergangenen oder signalisieren sie das Sich Auflösen einer beinahe morbiden Ästhetik?

Es ist die Faszination des Geheimnisvollen, des Unausgesprochenen, aber auch des Melancholisch-Wehmütigen, das diese Arbeiten auszeichnet, während in der Videoarbeit "Transition" das einzelne Individuum schleichend zu einem entpersonalisierten Schattenwesen zu mutieren scheint. Eine düstere Zukunftsvision, die nicht aus der Luft gegriffen zu sein scheint.

Es sind wohl teilchiffrierte Geschichten, die Ihnen Nikola Jaensch dreißigfach in kleinstem Format auf einer Wand präsentiert. Sie mögen weder Anfang noch Ende haben und doch könnten sie untereinander in einem verborgenen Zusammenhang stehen. Fragmente des eigenen Lebens oder variationsreiche Erfindungen einer Künstlerin, die auf etwas Unbestimmtes verweisen - vielleicht nur das Suchen, ein ständiges Unterwegssein dokumentieren. Doch gerade dadurch entsteht auch eine neue eigene Welt, die nur noch partiell mit der so genannten Realität in Verbindung steht. Lebensräume, in denen man sich friedlich, gefahrlos und mit voller Zuversicht bewegen darf, wenn man die einzelnen Kinder beobachtet, die in schlafwandlerischer Sicherheit auf wackeligen Stühlen balancieren… Und das harmonische Gefüge, vielleicht auch Ort möglicher Sehnsüchte, lässt sich nicht einmal durch überraschende Hintergründe aus Zeitungen und Schnittmusterbögen stören. In diesen Seelen-Räumen scheint - fern aller falscher Idylle - kein Widerspruch, keine Entfremdung Einlass zu finden…Oder?

Auf den ersten Blick mag die Welt von Armin Rohr eine bunte, überbunte Spielwiese zu sein. Collagen über Collagen schichten sich da "publikumswirksam" übereinander, nebeneinander. Gemäß den unterschiedlichen Altersstufen erscheinen Versatzstücke global kommerzialisierter Archetypen - vom Teddy-Bär bis zum Supermann. Bewusst undifferenziert tummeln sich Krieger der verschiedensten Herkunft - Spielzeuge, wie sie auf keinem Gabentisch fehlen durften. Heldenfiguren wie Soldat, Cowboy, Indianer oder Kreuzritter, die suggerieren könnten, dass das Gute immer gewinnt, erzeugen eine Gesellschaft von Schablonen, eine Reihung des Immer-Gleichen, bei dem die eigene Existenz werbetechnisch perfekt von einem Konglomerat aus Entfremdung und Comic- Trivialität enteignet worden ist… Armin Rohr gestattet in seinen Exponaten keine Kompromisse, warum auch. Hat er doch ein Leben, eine Gesellschaftsform antizipiert, der wir uns Stück für Stück anzunähern scheinen! Es sei denn, das Gute siegt doch ...

Nun denn, wenn die Welt so übel erscheint, so dekadent und hoffnungslos, bleibt nur noch eine Möglichkeit offen: ab ins Kloster! Doch Vorsicht ist geboten: nicht alles ist fromm, nur weil es eine Kutte trägt ...
Dafür sorgt schon Thomas Brenner in seiner neuen Serie "Convent", mit der er seinen schon legendären inszenierten Foto-Installationen ein Prachtstück an Mehrdeutigkeit und Hinterlist hinzufügt. Einige der Brüder haben sich wohl in stiller Einfalt und in Verkennung der Heiligen Schrift in Ochs, Esel und Schaf verwandelt. Oder verweist diese Mutation auf einen mittelalterlichen Geisteszustand, der Seelenrettung immer noch mit inquisitorischen Praktiken zu erreichen gedenkt? Letztlich entscheidet stets der Glaube, wenn vertrocknete Schollen mit fragwürdigem Dünger fruchtbar gemacht werden sollen, wenn sich je zwei Mönche zwischen intrigantem Getuschel und homoerotischer Nähe begegnen oder ehrwürdige Pergamente sich auf wundersame Weise vermehren.

Wir sind doch alle nur Menschen .. Nichts ist so wie es scheint und schließlich waren Täuschungen schon immer spannender als wahre Bekenntnisse. So sei es ...



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