Das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern bietet von Mitte Februar bis Anfang Mai die seltene Gelegenheit, tiefen Einblick in das grafische Schaffen von Richard Serra zu gewinnen, der zu den bedeutendsten Bildhauern der Gegenwart gehört. 40 großformatige Papierarbeiten zeigen unter dem Titel "Paperworks", dass der heute 71-jährige US-Amerikaner ebenfalls ein kongenialer Grafiker ist. Das Museum des Bezirksverbands Pfalz stellt ihn - nach Carmen Herrera und François Morellet - als ein weiteres "Schwergewicht" der Konkreten Kunst vor.
"Schwergewicht" ist hier durchaus auch wörtlich zu verstehen. Anders als traditionelle Grafiken vermuten lassen, handelt es sich nicht um leichte Blätter, vielmehr kann ein Blatt ungerahmt bis zu 12 Kilogramm auf die Waage bringen. Allein die Gewichtsangabe macht deutlich, was Serra meint, wenn er seine Papierarbeiten als "zweidimensionale Skulpturen" bezeichnet. Die Ausstellung in der Pfalzgalerie macht deutlich, dass Serras grafische Arbeiten seinen weltweit gefeierten Skulpturen gleichrangig zur Seite stehen. Die Grafiken aus den Jahren 1972 bis 2009 führen eindrücklich vor Augen, wie der Künstler seinen Umgang mit Papier, Farbe und Drucktechnik kontinuierlich weiterentwickelt, bis auch die Fläche in den Raum hinein wirksam wird.
Analog zu seinem skulpturalen Werk lotet er mit den Zeichnungen und Grafiken Bezüge von Form und Fläche, Masse und Gewicht auf grundlegende Weise aus. Dazu bedient er sich einfacher Formen, zumeist Rechtecke, Quadrate oder Kreise, die er in sattem Schwarz auf das Papier setzt. Serra ringt dem Material und den Möglichkeiten der jeweiligen Technik bis an den Rand des Machbaren alles ab. Reliefhafte Oberflächen, die Schwarz nicht als Farbe, sondern als Substanz wiedergeben, weisen ungewöhnlicherweise auch seine Druckwerke auf.
Speziell modifizierte Techniken für Siebdruck und Radierung machen jedes seiner Auflagenblätter zum Unikat. Das Schwarz zeigt sich auf ihnen mit unvergleichlicher Dichte und Intensität, seine tiefen schrundigen Farbschichten absorbieren das Licht, Dichte und Volumen werden erfühlbar. Tatsächliche Schwerkraft erhalten die Arbeiten durch einen material- und kraftaufwendigen Herstellungsprozess. Serras Paperworks verändern die Seherfahrung der Betrachter und wirken unmittelbar, emotional und körperlich. Für die Zeit der Ausstellung verstärken sie zwei Sammlungsbereiche der Pfalzgalerie: jenen der abstrakten und den der amerikanischen Kunst.
Richard Serra, 1939 in San Francisco geboren, studierte zunächst englische Literatur. 1961 bis 1964 absolvierte er dann ein Studium der Bildenden Kunst an der renommierten Yale University in New Haven, womit seine beispiellose Karriere als Bilderhauer begann. Bereits 1969 richtete ihm kein Geringerer als der einflussreiche Kunsthändler Leo Castelli eine erste Einzelausstellung aus. Serras Werke finden sich in zahlreichen bedeutenden Museen der Welt. Höhepunkt seiner umfangreichen Ausstellungstätigkeit ist eine Retrospektive seiner Skulpturen 2007 im New Yorker Museum of Modern Art.